Probleme bei ärmeren Haushalten trotz sinkender Inflation
Die Teuerung hat sich in Österreich weiter verlangsamt, meldet die Statistik Austria. Mit 3,4 Prozent lag die Inflationsrate (Verbraucherpreisindex, VPI) im Mai etwa im prognostizierten Ausmaß (3,3 Prozent) und nur geringfügig unter dem Niveau vom April (3,5 Prozent).
Der für den internationalen Vergleich ermittelte harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) lag mit 3,3 Prozent weiterhin über dem Schnitt der Eurozone. Dieser lag laut dem europäischen Statistikamt Eurostat mit 2,6 Prozent etwas höher als im April (2,4 Prozent).
"Vor allem beim Wohnen hat der Preisauftrieb deutlich nachgelassen", sagte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. "Auch bei Lebensmitteln stiegen die Preise im Mai unterdurchschnittlich, in der Gastronomie hingegen mehr als doppelt so kräftig wie die allgemeine Inflation." So stiegen die Preise in Hotels und Restaurants im Jahresvergleich um 7,5 Prozent.
Deutlich rückläufig war die Inflation mit 2,6 Prozent hingegen bei Wohnung, Wasser und Energie. denn während die Mieten um 7 Prozent stiegen, wurde Haushaltsenergie deutlich billiger, bei Erdgas beträgt der Rückgang sogar 17 Prozent, bei der Fernwärme 16 Prozent. Wohlgemerkt kam es in diesen Bereichen in den vergangenen Jahren zu starken Preissteigerungen.
Dass die "gefühlte Inflation" höher ist, mag unter anderem daran liegen, dass diese Preise also nach wie vor relativ hoch sind. Auch sind der statistisch erfasste tägliche Einkauf ("Mikrowarenkorb", plus 4,3 Prozent) und der wöchentliche Einkauf ("Miniwarenkorb", plus 4,8 Prozent) überdurchschnittlich stark im Preis gestiegen. Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke wurden durchschnittlich um 2,8 Prozent teurer, Gemüse kostete aber um 4,1 Prozent und Fleisch um 3,5 Prozent mehr als im Mai 2023.
Arbeiterkammer fordert Maßnahmen
Insbesondere Haushalten mit niedrigen Einkommen bereite die Inflation aber weiterhin große Probleme, sagte Gabriele Zgubic, Leiterin der Abteilung Konsumentenpolitik, Arbeiterkammer Wien im Zuge einer Pressekonferenz am Dienstag. So seien etwa die günstigsten Lebensmittel überdurchschnittlich stark im Preis gestiegen, der Mietpreisdeckel der Regierung habe sich als "de facto wirkungslos" erwiesen. Die AK fordert zusätzliche Maßnahmen von der Regierung, etwa einen Mietpreisdeckel von zwei Prozent und bei Energie einen vergünstigten Sozialtarif für einkommensschwache Haushalte.
Eine Studie der Universität für Bodenkultur (BOKU) sollte ein besseres Verständnis dafür ermöglichen, wie ärmere Haushalte mit der multiplen Krise der vergangenen Jahre (Corona, Ukraine-Krieg, Teuerung) umgehen.
„Die Teuerung belastet die Menschen emotional und finanziell am meisten“, sagte Zgubic. Laut Studienautor Oliver Meixner vom BOKU-Institut für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften gaben mehrere Gesprächspartner an, dass sie nicht wüssten, wie sie anstehende Kosten wie Miete oder Wocheneinkäufe bezahlen sollten. Die Haushalte würden als erstes vermeidbare Kosten streichen und etwa nicht auf Urlaub fahren oder Reparaturen aufschieben.
Studienautor OIiver Meixner hat im vergangenen Jahr ausführliche Interviews mit 37 Wiener Haushalten geführt und diese mit qualitativen Methoden (beschreibt die Erhebung nicht-standardisierter Daten, im Gegensatz zu quantitativen Erhebungen, in denen Häufigkeiten vorab definierter Ausprägungen gezählt werden, Anm.) ausgewertet. Die Studie stellt keinen Anspruch auf Represäntativität für die gesamte Gesellschaft, sondern sollte Einblicke in den Umgang von Haushalten mit mittleren und niedrigen Einkommen mit ihrer finanziellen Situation geben.
Allerdings ändere sich durch den Geldmangel auch das Einkaufs- und Ernährungsverhalten. So würden die Haushalte etwa vermehrt im Diskonter einkaufen und mehr selbst kochen, manche sähen sich aber aufgrund der reduzierten Haushaltsbudgets auch gezwungen, sich ungesünder zu ernähren.
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