In Österreich sind 1,3 Millionen Menschen armutsgefährdet

In Österreich sind 1,3 Millionen Menschen armutsgefährdet
Neuer Sozialbericht: 15 von 100 Österreichern müssen mit rund 12.715 Euro im Jahr auskommen. Was kann die Politik an diesem Zustand ändern?

Wer in Österreich ist arm? Und wie kann man Armut mildern bzw. abwenden?

Diese großen Fragen sind Teil des so genannten Sozialberichts. Am Dienstag wurde die wichtigste Publikation des Sozialministeriums von Ressortchef Johannes Rauch präsentiert. Und die Frage, wie steht es um die Armutsbekämpfung im Land, die ist einigermaßen durchwachsen zu beantworten. “Wir haben die gesundheitlichen und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie gut bewältigt", sagt Rauch.

In Österreich sind 1,3 Millionen Menschen armutsgefährdet

Die politischen Hilfsmaßnahmen hätten die hohe Inflation für das untere Einkommensdrittel kompensiert. Und das wiederum habe dazu geführt, dass die Zahl der armutsgefährdeten Menschen zumindest nicht dramatisch angewachsen ist, sondern "weitgehend stabil geblieben ist" (Rauch).

Das hehre politische Ziel, die Armut weitgehend auszurotten, bleibt vorerst freilich unverändert. Oder, wie Rauch sagt: "Nun müssen wir den nächsten Schritt machen.”

Ehe auf das "Wie" eingegangen werden kann, gilt grundsätzlich zu beantworten: Wer ist eigentlich arm bzw. armutsgefährdet? Wo verläuft die Grenze?

Gesundheitsminister Johannes Rauch gestigkuliert mit den Händen

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) setzt im Umgang mit Corona und den gesundheitlichen Folgen auf Forschung und Weiterentwicklung der Behandlungsmöglichkeiten. 

Median-Einkommen

Die Statistik Austria betrachtet hierfür insbesondere das sogenannte Median-Einkommen: Wer im Jahr weniger als 60 Prozent des mittleren Jahreseinkommens bekommt, hat ein "niedriges" Einkommen, das als armutsgefährdet gilt. In konkreten Zahlen sind das 16.706 Euro im Jahr. Und in Österreich gibt es rund 1,314 Millionen Menschen, die mit weniger als diesem Betrag auskommen müssen. 15 von 100 in Österreich lebenden Menschen müssen im Schnitt mit 12.715 Euro im Jahr das Auslangen finden. Zum Vergleich: Wer sich zum Mittelstand zählen darf, hat rund 28.757 Euro pro Jahr zur Verfügung. 

Soweit der Befund.

Was aber kann die Politik an diesem Zustand ändern? Wie gelingt es, diese mehr als 1,3 Millionen Menschen aus der prekären Lebenssituation zu bringen?

Sozialminister Johannes Rauch forciert weiterhin die Idee der so genannten Kindergrundsicherung. Bis zum Sommer sollen die vorhandenen Ideen und Modelle gesammelt und geprüft werden. Die bestehenden Beihilfen, Steuerersparnisse und Zuschüsse seien kompliziert und wenig treffsicher. Soll heißen: Es ist nach wie vor nicht geregelt und sicher, dass jedes Kind in Österreich zumindest einmal am Tag eine warme Mahlzeit bekommt. 

Neue Mindestsicherung

Ein Weg, um das und andere Missstände zu beseitigen, ist für den Sozialminister eine neue Mindestsicherung. Die seit 2019 bestehende Sozialhilfe schaffe es offensichtlich nicht, dass Menschen genug zu essen und geheizte Wohnungen haben.

Insgesamt plädiert Rauch für ein 5-Punkte-Programm, auf dem abgesehen von der Grundsicherung für Kinder und der neuen Mindestsicherung auch noch Maßnahmen für leistbares Wohnen, Menschen mit Behinderung und für eine bessere Gesundheitsversorgung vorgesehen sind. 

Angesichts des bevorstehenden Wahlkampfes und der Nationalratswahl wird die türkis-grüne Bundesregierung davon vermutlich nur wenig umsetzen.

Ein Punkt ist Rauch aber wesentlich, nämlich: Bei der Armutsbekämpfung geht es nicht bloß um Altruismus, sondern um die grundsätzliche Frage des Zusammenhalts. "Investitionen in den Sozialstaat bringen einen Return on Investment. Das sind Investitionen in die Zukunft von Menschen, in den sozialen Frieden und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft.” Nur ein sozialer Staat bleibe demokratisch.

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