In ist, wer drin ist: Ist der Clubhouse-Hype schon vorbei?
Oprah Winfrey ist schon drin, Elon Musk sowieso. Auch Joko Winterscheidt und Harald Mahrer sind dabei. Die Rede ist nicht etwa von Richard Lugners Opernball-Loge der Träume, sondern von Clubhouse - jener Social-Media-App, die seit ihrer Veröffentlichung im März 2020 stetig wachsende Begeisterung erfährt.
Der Hype ist inzwischen dermaßen groß, dass Twitter die App vergangene Woche angeblich für satte vier Milliarden US-Dollar kaufen wollte. Bei lediglich zwei Millionen Clubhouse-Nutzern eine ordentliche Summe, doch die knapp 2.000 Dollar pro Nase lassen sich durch das einzigartige Konzept der Plattform erklären. Dabei ist es genau dieses Konzept, dass immer wieder öffentlich kritisiert wird.
Was ist Clubhouse?
Clubhouse will, wie man dem Namen entnehmen kann, ein exklusiver Klub sein: Ein Raum für Menschen, die etwas zu sagen haben, denen zugehört wird. Grundsätzlich ist Clubhouse eine klassische Social-Media-App mit Fokus auf Audio, bei der die Nutzer in virtuellen Gesprächsräumen miteinander diskutieren können. Jeder und jede kann einen solchen Raum eröffnen und wird in diesem dann zum Moderator oder zur Moderatorin. Alle anderen Nutzer können sich dann jederzeit dazuschalten und zuhören - allerdings nur selber sprechen, wenn ihnen vom Moderator das Wort erteilt wird.
Das Konzept mögen bis jetzt einige spannend gefunden haben, andere weniger. Doch jetzt kommt der Clou, die Mechanik, die Clubhouse zum Hype verholfen und zur Trend-App des vergangenen Jahres gemacht hat: Man kann sich nicht einfach einen Account erstellen - man muss von jemandem, der schon auf Clubhouse ist, direkt eingeladen werden.
Wer neu ist, hat zunächst nur zwei Einladungen zur Verfügung, doch je weiter die eigene Followerzahl wächst, desto mehr Freunde und Bekannte kann man mit ins Klubhaus holen.
Klub der Privilegierten
Natürlich erzeugt diese scheinbare Exklusivität einen Sog: Man will mit dabei sein, man will diese Welt erleben, in der sich manche Freunde und Bekannte immer wieder aufhalten. Vor allem während der weltweiten Ausgangsbeschränkungen profitiert Clubhouse enorm von dem Phänomen, das im Englischen “fear of missing out” (kurz: FOMO) genannt wird: Der Angst, etwas zu verpassen.
Alpha Exploration, der Konzern hinter der App, ist natürlich gut beraten, diese Angst zu befeuern. So ist Clubhouse nach mehr als einem Jahr nach wie vor nur auf Apple-Geräten verfügbar. Dass allerdings fast 87 Prozent aller Smartphone-Besitzer weltweit Android-Geräte nutzen, hat Alpha Exploration immerhin dazu veranlasst, eine Google-Version der App "noch in diesem Jahr" nachliefern zu wollen.
Genau das ist das Problem von Clubhouse: Es bildet nicht etwa die breite Bevölkerung ab, sondern vor allem die Erfolgreichen, die Vernetzten. Und das bedeutet leider nach wie vor: Wenig Jugend, wenig Migrationshintergrund, viele Männer.
In einer Zeit, in der also vehement gefordert wird, TV-Diskussionen im Hauptabendprogramm doch bitte diverser zu besetzen, legt Clubhouse den gesellschaftlichen Rückwärtsgang ein. Vor allem im deutschsprachigen Raum waren dort vor allem jene Menschen zu finden, die auch auf Twitter erfolgreich unterwegs sind. Das dürfte einer der Gründe sein, warum die Nutzerzahlen hierzulande inzwischen stagnieren, während sie in den USA stetig weiter wachsen.
Gravierende Datenschutz-Mängel
Doch Kritiker bemängeln nicht nur die künstliche Exklusivität und fehlende Diversität der App, auch der Umgang mit den Millionen von Nutzerdaten mutet ewiggestrig an. So verstößt Clubhouse nach Ansicht etlicher Experten gegen die EU-weite Datenschutz-Grundverordung (DSGVO). Das liegt unter anderem daran, dass die App Gespräche vorübergehend aufzeichnet, ohne die Nutzer darüber zu informieren, und über das Handy-Telefonbuch Daten über Menschen sammelt, die noch gar nicht auf der Plattform registriert sind. Die deutsche Verbraucherzentrale mahnte Clubhouse Ende Jänner sogar ab, weil es ohne gültiges Impressum betrieben wird.
Die Großen wollen mitspielen
Trotz der vielen Schwachpunkte zeigt die Beliebtheit von Clubhouse, dass das Konzept der virtuellen Vortrags- und Gesprächsräume genial ist. Egal ob es ein Livekonzert der Lieblingsband, eine politische Diskussionsrunde, ein Vortrag oder einfach nur eine gemeinsam verbrachte, virtuelle Mittagspause ist - all das macht Clubhouse in Zeiten von Corona möglich.
Kein Wunder, dass die großen Fische im Social-Media-Teich ebenfalls auf den Geschmack gekommen sind: Während Facebook noch an einem eigenen Clubhouse-Klon arbeitet, hat Twitter nach den gescheiterten Übernahme-Verhandlungen inzwischen eine neue Funktion namens “Spaces” veröffentlicht, die im Grunde dieselben Funktionen bietet wie das Original. Nur dass die Twitter-Räume künftig allen offenstehen. Ganz ohne Einladung.
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