In erster Linie soll die App eine Plattform für Networking und sozialen Austausch sein: In virtuellen Chaträumen wird diskutiert, moderiert oder einfach zugehört. Fünftausend Teilnehmer waren dabei, als Thomas Gottschalk am vergangenen Dienstag zuerst vierzig Minuten mit der Technik kämpfte und anschließend mit zwei Bloggern über Politik und Lockdown-Alltag sinnierte. Auch andere große Namen wie Oprah Winfrey oder Paris Hilton sind bereits Club(house)-Mitglieder.
Als eine „Mischung aus Mitmachradio und Podcast“ beschreibt Karim-Patrick Bannour, Leiter der Social-Media-Agentur viermalvier in Salzburg, die neue Plauder-App aus dem Silicon Valley: Wer dabei ist, kann Stars und Influencern ganz nahe sein.
Der große Unterschied zu populären digitalen Tummelplätzen wie Instagram oder Tiktok: Bei Clubhouse gibt es keine Likes, keine Fotos, keine Kommentare, der Austausch funktioniert rein über die gesprochene Sprache, was viele als logische Folge des Podcast-Hypes interpretieren. Dass die Gespräche live sind und nicht aufgezeichnet werden, löst bei den Nutzern ein rar gewordenes Gefühl aus: FOMO, die Angst, etwas zu verpassen. „Deshalb sind sich wiederholende Formate beliebt, damit man sich Termine legen kann“, erklärt der Social-Media-Experte.
Der Hype liegt zum Teil am Lockdown, der Plaudereien und Diskussionen aus dem analogen Alltag gefegt hat. Und er basiert auf einem alten psychologischen Phänomen und Marketingtrick: Denn wie in einem angesagten Club in Prä-Pandemie-Zeiten bekommt auch zur Audio-App nicht jeder Zutritt. Es braucht eine Einladung von einem anderen Mitglied, dafür ist die Nutzung kostenlos.
„Diese Verknappung führt natürlich zum gesteigerten Interesse und Hype: Jeder möchte wissen, was das ist und es sofort ausprobieren. Ich denke aber, dass die Betreiber diese Restriktionen bald aufheben werden“, sagt Bannour. Mittlerweile gibt es sogar Wartelisten und eBay-Kleinanzeigen, in denen Einladungslinks für 30 Euro zum Verkauf angeboten werden.
Auf anderen sozialen Medien wird die neue Plattform kontrovers diskutiert: Dass Clubhouse derzeit nur auf dem iPhone-Betriebssystem funktioniert, Gehörlose ausschließt und die Inhalte in den Räumen nicht auf diskriminierende „Hatespeech“ kontrolliert, stößt vielen sauer auf. Die österreichische Bloggerin DariaDaria kündigte daher bereits an, dass sie die App boykottieren werde.
Auch die mangelnde Diversität wird beklagt, vor allem zu Beginn debattierten im virtuellen Vereinslokal hauptsächlich Männer aus der Start-up-, Medien- und Politszene. „Warum Clubhouse? Wenn ich zwei Wichtigtuern beim Businessgesabbel zuhören will, kann ich doch auch ICE fahren“, twitterte der deutsche Comedy-Autor Micky Beisenherz.
Thomas Gottschalk, mit seinen 70 Jahren alles andere als ein Digital Native, ließ nach seinem Chaos-Debüt indes wissen, dass er Clubhouse noch nicht abgeschrieben habe. Als sein Mikrofon endlich an war, hing das Publikum gebannt an den Lippen des Entertainers – fast wie in guten alten Radiozeiten.
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