Zwischen Boden- und Neusiedlersee: Wohnen am Wasser boomt

„Liv an der alten Donau“ bietet zahlungskräftigem Klientel einen grandiosen Ausblick über den Donau-Altarm und die Wiener Skyline
Immobilien in Ufernähe sind gefragt wie nie. Welche Regionen boomen und wo freie Plätze noch zu finden sind.

Auf dem eigenen Steg frühstücken, mittags abkühlen, am Abend der Sonne beim Versinken zuschauen: Wohnen am Wasser ist für viele Menschen der absolute Traum. Das kühle Nass zieht magisch an, es weckt Sehnsüchte und verspricht Erholung. „Durch den Blick auf das Wasser weitet und erweitert sich der Horizont. Weite ist ein Faktor, der stresslindernd wirkt, uns inspiriert und kreativer macht. Er erzeugt ein gewisses Fernweh und lenkt den Blick in die Zukunft“, sagt Wohn- und Architekturpsychologe Herbert Reichl.

Erholsame Wirkung
Die aktuelle Krise befeuert den Wunsch nach einer Immobilie in Ufernähe. Reichl: „Covid 19 ist verbunden mit Einschränkungen, mit Hausarrest, mit Enge schlechthin. Das Wohnen am Wasser kann dieses bedrückende Gefühl aufheben.“

Zwischen Boden- und Neusiedlersee: Wohnen am Wasser boomt

Am Wörthersee ist fast alles verkauft. Luxus-Wohnungen mit  direktem Seezugang gibt es etwa noch in den Schloss Velden Residenzen.

Mit ihren wunderbar türkisblauen Farbtönen zählen der Attersee und der Wörthersee zu den heimischen Highlights. „Es gibt eine wahnsinnige Nachfrage nach Ferienhäusern und -wohnungen direkt am See. Doch auch, wenn die Gäste bereit wären, bis zu 5000 Euro pro Tag zu zahlen, können wir diese Wünsche nicht erfüllen. Es gibt am Wörthersee keinen Mietmarkt“, sagt Thomas Hopfgartner, Geschäftsführer des Maklerbüros Living De Luxe. „Beim Käufermarkt verhält es sich ähnlich. Die Nachfrage potenzieller Eigentümer ist wegen der Corona-Krise spürbar gestiegen. Wir haben in den vergangenen Wochen fast alle Objekte am See verkauft.“

Große Nachfrage nach Bauland
Ähnliches beobachtet Walter Mairinger, Immobilienmakler im Salzkammergut: „Die Nachfrage ist ausgezeichnet, vor allem nach Grundstücken. Die Preise haben rasant zugelegt, Bauland wird um bis zu 400 Euro pro Quadratmeter verkauft.“ Auch er sieht die Corona-Krise als Treiber: „Es ist die Summe aus den Reisebeschränkungen einerseits und der Unsicherheit des Geldmarktes andererseits.“ Das führe dazu, dass viele ihr Geld dort anlegen, wo es sicher ist – an einem Grundstück am See. Mieten würden auch am Attersee eine untergeordnete Rolle spielen: „Wenn der Zins 40.000 bis 50.000 Euro pro Jahr beträgt, rechnet sich das nicht.“

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Penthäuser mit Blick auf die Berge und den Bodensee: Projekt „Halden“ soll bis Sommer 2022 auf dem Pfänderhang in Lochau realisiert werden

Seit Jahren stehen das Salzkammergut und Kärnten auf der Beliebtheitsskala ganz weit oben. Warum, weiß Strategieberater Stefan Höffinger: „Diese Regionen glänzen nicht nur als Immobilien-, sondern auch als Wirtschaftsstandorte. Infrastruktur und Erreichbarkeit sind gut. Außerdem gibt es in der Nähe größere Ballungsräume mit genügend Arbeitsplätzen. Der Traum, Wohnen und Arbeiten zu vereinen, lässt sich hier sehr gut verwirklichen.“

Enorme Wertsteigerung bei Seegrundstücken
Bereits zum dritten Mal untersuchte Höffinger zehn See-Regionen auf ihre wirtschaftlichen Potenziale. Seegrundstücke, stellte er dabei fest, erlebten seit 2005 eine gewaltige Wertsteigerung. Nun pendeln sie sich auf hohem Niveau ein: Am Attersee liegen sie derzeit zwischen 2500 und 4000 Euro pro Quadratmeter, am Wörthersee zwischen 2000 und 5000 Euro. Ausreißer nach oben gibt es freilich: Im High-End-Bereich geht’s ab 8000 Euro los.

Auch der Bodensee zählt zu den gefragten Regionen, „weil er als integrierter Lebensraum sehr gut mit den Nachbarregionen, etwa mit der Käsestraße im Bregenzerwald, vernetzt ist und mit den Bregenzer Festspielen über ein gutes kulturelles Angebot verfügt“, sagt er. Wohnen und Arbeiten lässt sich aber auch am Mondsee hervorragend verbinden: „Er hat in dem Zusammenhang am meisten zugelegt.“

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„Wolfgang am See“ im Zentrum von St. Wolfgang:19 Wohnungen mit Steg und Seezugang sollen Ende 2021 fertiggestellt sein

 

Seegrundstücke sind selten. Sie kommen nur alle heilige Zeiten auf den Markt und neues Bauland wird kaum geschaffen. In einem etwas größerem Radius zum See stehen die Chancen aber besser, Wohnraum am Wasser zu ergattern. Mit innovativen Immobilienprojekten gelingt es zunehmend, Grundstücke in zweiter und dritter Reihe zu vermarkten.

Neue Angebote in zweiter Reihe
Beispiele findet man im Salzkammergut, etwa am Traunsee, wo vor Kurzem ein Wohnprojekt in Traunkirchen fertiggestellt wurde – vor filmreifer Kulisse: Jede Einheit verfügt über Blick auf den Traunstein und einen eigenen Badeplatz. Eine Maisonette-Wohnung mit rund 115 Quadratmetern Nutzfläche kostet hier knapp 700.000 Euro. Oder im Zentrum von St. Wolfgang, wo in Hanglage, hoch über dem See, 19 Wohnungen in unmittelbarer Wassernähe mit Steg entstehen. „50 Prozent der Wohnungen waren zu Baubeginn verkauft“, sagt Mairinger. „Man erzielt auch in zweiter und dritter Reihe gute Preise.“ Allerdings: „Man muss den See sehen, sonst ist es nicht attraktiv.“

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Direkt am Attersee sind acht neue Luxuswohnungen geplant:  „Architeq“ in Unterburgau soll im Sommer 2022 fertig sein.

 

Für die Vermarktung sind noch weitere Faktoren entscheidend: „Sicherheit, Zugang zu einem guten Gesundheitssystem und Wertstabilität der Immobilie spielen eine große Rolle. Weil das hierzulande gewährleistet ist, ist Österreich derzeit das attraktivste Land für Käufer“, so Hopfgartner. Auch das Thema Mobilität ist wichtig: „Ruhig, sonnig, schnell auf der Autobahn – das wäre die Eier legende Wollmilchsau“, fasst Mairinger pointiert zusammen.

Öffentlicher Seezugang wesentlich
Wichtig für die Aufenthaltsqualität ist freilich auch ein barrierefreier Seezugang. Leider wird der nicht überall mit der Öffentlichkeit geteilt. Wie die Plattform Addendum recherchierte, ist am Wörthersee nur einer von zehn Metern der Uferlänge öffentlich zugänglich, der Rest, 82 Prozent, sind hinter Zäunen, Sträuchern und Mauern verborgen und in Privatbesitz. Neun Prozent sind wiederum verwachsen, also ebenfalls nicht nutzbar. Ein Volksbegehren will nun verhindern, dass auch noch die letzten freien Flächen verbaut werden. Die Einreichfrist hat diese Woche geendet, jetzt ist die Politik am Zug.
Ähnlich sieht es am Attersee aus: Mit 76 Prozent Privatbesitzanteil ist es auch hier schwierig, freien Seezugang zu finden.
 

Vorbildlicher geht man im Westen vor: Gegenbeispiel zum Wörthersee ist der Achensee, wo sich nur einer von zehn Metern in Privathand befindet. Auch am Bodensee wurde schon immer auf einen demokratischen Seezugang geachtet. Rund 3,7 km beträgt die öffentliche Uferstrecke. Eine Bebauung ist verboten, Gebäude dürfen erst mit einem Abstand von 500 Meter errichtet werden.

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Projekt „Am Hafen“ am  Neusiedlersee im Burgenland: Die See-Häuser liegen an einem privaten Pier, der in den See hinaus ragt

 

Kilometerlangen freien Zugang findet man auch in Wien, wo Bauträger stark auf den Trend zum Wohnen am Wasser reagieren. Aktuell werden Luxus-Anlagen wie „The Shore“ oder „Havienne“ bzw. die beiden Wohntürme „TrIIIple“ und „Marina Tower“ gebaut. Soeben fertig wurde „Liv an der Alten Donau“, ein Eigentumsprojekt mit 113 Wohnungen direkt an der Uferpromenade mit Ausblick auf die Skyline.

Auch die Region um den Neusiedlersee ist stark gefragt. „Am Hafen“ ist eines der jüngsten Projekte rund um den Schilfgürtel: Entlang eines Piers sollen 22 Eigentumshäuser verwirklicht werden.

 

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„Havienne“ am Stadtrand von Wien (Kuchelau): Die Wohnungen befinden sich in einem denkmalgeschützten Kasernenbau aus den 30er-Jahren

Die Corona-Krise hat alles verändert – von der Arbeitswelt bis zum Urlaubsverhalten. Lebens- und Erholungsmodelle werden infrage gestellt. Home Office kann man jetzt auch am Ferienort machen, Zweitwohnsitze könnten so zeitweise zum Hauptwohnsitz werden. Das wiederum beflügelt die lokale Wirtschaft. Neue Zielgruppen werden angesprochen, Nachfrage und Wettbewerb steigen. Damit alle was vom Wasser haben braucht es daher zweierlei: mehr leistbaren Wohnraum und freien Zugang zum See.

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