Wohnungskauf für viele nicht mehr finanzierbar

Wohnungskauf  für viele nicht  mehr finanzierbar
Höhere Zinsen und neue Anforderungen an die Bonität von Kreditnehmern zerstören für viele den Traum vom Eigentum.

Eine Wohnung oder gar ein Haus sein Eigen nennen, um in der Pension keine Miete zahlen zu müssen und den Kindern etwas vererben zu können. Diesen Traum habe sich in den vergangenen Jahren viele Käufer erfüllt. Die sehr niedrigen Zinsen haben dafür gesorgt, dass die Finanzierung kein Problem war. Private Eigennutzer ergriffen diese Chancen ebenso wie Investoren. Das hat die Nachfrage und die Kaufpreise steigen lassen, konkret seit dem Jahr 2010. Zweistellige Zuwächse waren dabei keine Ausnahme.

Trendwende am Wohnungsmarkt

Doch nun zeichnet sich erstmals eine Trendwende ab. Zwar sind die Kaufpreise im ersten Halbjahr 2022 weiter gestiegen, um fast zehn Prozent zwischen Jänner und Juni (im Vergleich zum Vorjahr). Doch die höheren Zinsen und die strengere Kreditvergabe hinterlassen ihre Spuren, seit August kühlt der Markt ab. Die Frage, die sich nun Wohnungssuchende stellen: Macht der Boom lediglich Pause, oder geht er zu Ende? Klar ist: Die gestiegenen Baukosten sorgen dafür, dass neu errichtete Wohnungen nach wie vor ihren Preis haben. Auf der anderen Seite geht jedoch die Nachfrage nach Eigentumswohnungen generell zurück. „Das Angebot am Eigentumswohnungsmarkt ist seit Juli 2022 spürbar gestiegen, die Nachfrage nach Eigentumswohnungen ist von einem sehr hohen Niveau ausgehend in den vergangenen zwei Monaten um ein Viertel zurückgegangen“, beziffert Remax-Österreich-Chef Bernhard Reikersdorfer.

Wirtschaftliche Situation der Kaufinteressenten verschlechtert sich

Die Gründe liegen auf der Hand: Die wirtschaftliche Situation der Kaufinteressenten verschlechtert sich, die Lebenshaltungskosten sind gestiegen, die hohen Energiekosten schlagen bei den Nebenkosten durch und belasten die Wohnbudgets. Potenzielle Käufer scheitern an den neuen, strengeren Bonitätsprüfungen der Finanzinstitute. Gleichzeitig steigen die Kreditzinsen, sie sind heute doppelt bis dreifach so hoch wie im Jänner. Das bedeutet eine höhere Kostenbelastung für alle mit einem Neukredit oder einem bestehenden Kredit, der variabel verzinst ist. Hans Jörg Ulreich, Bauträgersprecher in der Wirtschaftskammer, fasst zusammen, was das bedeutet: „Die geänderten Kreditrichtlinien in Kombination mit einer kräftigen Zinserhöhung führen dazu, dass bis zu 50 Prozent der Kunden keine Kredite mehr bekommen.“

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Leistbarkeit der Haushalte nimmt ab

Auch Jasmin Soravia, geschäftsführende Gesellschafterin bei Kollitsch & Soravia Immobilien, beobachtet, dass die Leistbarkeit der Haushalte abnimmt. „Manche Käufer sagen, dass sie nun doch keine Finanzierung mehr bekommen.“ Das zeigt auch die Statistik: Seit August – mit 1. August sind die neuen, strengeren Kreditrichtlinien in Kraft getreten – geht die Vergabe neuer Kredite deutlich zurück, meldet die Oesterreichische Nationalbank. Wer sich die große Investition eines Immobilienkaufs zur Eigennutzung momentan nicht leisten kann, wartet ab oder weicht aus: in Richtung günstigerer Gebrauchtimmobilien – vor allem im Einfamilienhausbereich – oder ins Mietsegment, geht aus dem EHL Wohnungsmarktbericht hervor.

Preiszuwächse flachen sich ab

Diese Entwicklung wird sich mittelfristig preislich niederschlagen, ist für Experten absehbar. „Es ist damit zu rechnen, dass sich die Preiskurve in den nächsten Monaten deutlich abschwächen wird und in einzelnen Regionen mit Preisrückgängen zu rechnen ist“, erwartet Remax-Geschäftsführer Reikersdorfer. Wie so oft ist auch jetzt Lage (fast) alles. In guten und sehr guten Lagen werden die Kaufpreise weiter leicht zulegen oder auf hohem Niveau stagnieren. „Etwas schwächer ist die Preistendenz in Randlagen mit weniger guter Infrastruktur“, steht im aktuellen EHL-Marktbericht. Künftig werden vor allem kostengünstige Objekte gefragt sein. Laut Engel & Völkers sei eine Abflachung der Preiszuwächse zu erwarten, was zu einer Rückkehr zu einem ausgeglichenen Immobilienmarkt mit gesunden Verhältnissen führen wird.

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