Immobilienaktien: "Da werden alle Tricks ausgespielt"
Der ehemalige Investmentbanker und Fondsmanager von Petrus Advisers erklärt, dass bei umstrittenen Übernahmen die Business-Pläne nach unten manipuliert würden, um die Anleger zu billig abzuspeisen.
Er rät den Aktionären, jetzt das Angebot für CA-Immo auch nicht anzunehmen. Seine Prognose für den Kapitalmarkt nach der Krise ist sehr optimistisch.
KURIER: Sie haben sich immer wieder öffentlich mit Vorständen von Großunternehmen angelegt. Lästiger Investor – ist das Ihr Geschäftsmodell?
Klaus Umek: Wir sehen uns als aktiver, unternehmerischer Investor und arbeiten den Großteil unserer Zeit hinter den Kulissen, am liebsten mit dem Management gemeinsam. Wir sind Miteigentümer von Unternehmen und kämpfen bei Übernahmen um den fairen Preis. Manager sind Beauftragte, die das Unternehmen zu Wert führen müssen. Viele Unternehmen werden allerdings nicht für die Aktionäre gemanagt, da gibt es als i-Tüpfelchen oder Kirsche auf dem Kuchen Unehrlichkeit und in manchen Fällen sogar Bereicherung.
Was waren denn Ihre schwierigsten Fälle?
Beispielsweise conwert, die deutlich unter Wert an die deutsche Vonovia verkauft wurde. War schade für den Börseplatz Wien. Der Abfindungspreis, zu dem die Aktionäre ausgeschlossen wurden, entspricht im Durchschnitt einem Kaufpreis für eine 70 Quadratmeter Wohnung in Wien oder Berlin von 92.000 Euro. Das ist nicht nur eine Verkürzung, das ist beinahe schon betrügerisch. In Wien kriegen Sie keine Wohnung unter 4000 bis 5000 Euro den Quadratmeter. Vonovia hat alle Tricks ausgespielt, um die Aktionäre billig abzuspeisen und zu übervorteilen. Sie haben den Business-Plan nach unten manipuliert und den Aktionären erklärt, da sei nichts mehr zu machen.
Wie sehen Sie die Buwog?
Dieselbe Geschichte, wir kämpfen ebenfalls um den fairen Kaufpreis. Auch hier wurde nach unten manipuliert. Man erklärte, es gebe in Wien und Deutschland keine großen Wohn-Projekte mehr zu kaufen und kurz nach dem das Ausschlussverfahren unterschrieb die Buwog den Marina-Tower, das größte Wohn-Immobilienprojekt in Österreich. Buwog wurde 2018 bei der Übernahme mit 3,2 Milliarden Euro bewertet, heute wäre das Unternehmen locker um die 10 Milliarden Euro wert.
Kann man sagen, die österreichischen Anleger wurden mit Immo-Aktien über er den Tisch gezogen?
Den Anlegern wurde mit österreichischen Immobilien-Aktien Stabilität und Ertrag weit über den Anleihen versprochen. Statt einer Wohnung, die dann ein halbes Jahr leer steht, kaufte man einen Anteil an einem Immo-Konzern. Nach der Finanzkrise ist ja alles ins Wackeln gekommen. Weite Kreise der bürgerlichen Gesellschaft hatten irgendwann einmal conwert- und Buwog-Aktien im Depot. Sie sind heute alle Geschädigte. Den deutschen Erwerbern war es offensichtlich nicht genug, einen guten Deal zu machen, sie konnten den Hals nicht voll bekommen. Das hat das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt erschüttert.
Viele Anleger befürchten bei Übernahme-Angeboten, später noch weniger zu bekommen, wenn sie nicht gleich annehmen.
Genau, und das wird von gewieften, aber nicht ethisch agierenden Menschen ausgenutzt. Diese sehen ja den höheren Wert, sonst würden sie nicht versuchen, den Anlegern ihre Aktien abzukaufen. Erinnern Sie sich, als die Deutsche Wohnen im Mai 2015 in Österreich inserierte, conwert sei 11,50 Euro wert und inserierte, man solle "nicht auf Luftschlösser vertrauen". Ich fand das nur noch peinlich. Ein Jahr später wurde conwert um mehr als 16 Euro verkauft. Der tatsächliche Wert lag meiner Meinung nach deutlich über 30 Euro. Diese Beispiele zeigen, wie gut es für Anleger ist, wenn sie einen Fonds wie uns haben, der für ihre Interessen kämpft.
Jetzt hat das Tauziehen mit Starwood um die CA-Immo begonnen. Sind Petrus Advisers hier auch investiert?
Ja, mit drei bis vier Prozent. CA-Immo ist ein hervorragend aufgestellter Immo-Konzern mit beneidenswerten Reserven, aber ähnlich wie conwert von einem lust- und talentlosen Vorstand sehr schlecht gemanagt. Auch hier wird versucht, die Aktionäre abzuzocken. Das Angebot ist ein nice try, wir empfehlen, nicht anzunehmen. Geboten sind 34,44 Euro, der Buchwert wird mit über 38 ausgewiesen, aber mit den stillen Reserven sind es 45 bis 50 Euro. CA-Immo hat nicht nur sehr hochwertige Immobilien, die haben auch tolle Baugrundstücke.
Wie sehen Sie derzeit den Immobilienmarkt in Österreich?
Ich finde das Thema Vorsorge-Wohnungen völlig überbewertet. Alles, was jetzt auf den Markt kommt, finde ich nicht sehr spannend. Die interessanten Objekte sind alle verkauft. Wenn Familienstiftungen trotzdem immer noch Häuser kaufen wollen, sollen sie.
Die heimischen Kapitalanlagegesellschaften scheinen in österreichischen Unternehmen nicht stark investiert zu sein.
Sie sind so gut wie nicht präsent, österreichische Unternehmen spielen kaum eine Rolle, meist nur hinter der Kommastelle. Schade, dass dieses Potenzial offenbar nicht erkannt wird. Wir sind fast nur in der EU investiert und davon mit rund einem Drittel, etwa 200 Millionen Euro, in Österreich. Wir gehören vermutlich zu den Top-3-Investoren in österreichischen Aktien.
Investieren Sie in Bitcoin?
Können wir bitte das Thema wechseln.
Warum? Kryptowährungen interessieren die Leute sehr.
Das ist wie mit Gold. Bei den Höchstwerten haben es alle, wenn die Preise abstürzen, haben angeblich alle schon verkauft – und lügen. Gegen diese Volatilitäten war Meinl European Land regelrecht mündelsicher. Fünf Prozent der Bitcoins wurden schon gestohlen. Wer Krypto-Währungen haben will, der soll. Aber es gibt Dinge, die sich mir nicht erschließen.
Viele Menschen sehen Gold als Not-Reserve. Falls das Finanzsystem abstürzt oder für den schlimmsten Fall als Fluchtwährung.
Mit Gold kann man kein Vermögen retten. Ein Kilo Gold kostet derzeit knapp 50.000 Euro. Versuchen Sie, wenn ein Bürgerkrieg ausbricht, Gold mitzuschleppen. Das ist doch völlig unrealistisch.
Irgendwann muss diese Krise doch vorbei sein. Wie zuversichtlich sind Sie danach für den Kapitalmarkt?
Extrem optimistisch, es wird eine sehr dynamische Wachstumsphase geben. Die unternehmerisch engagierten Menschen in diesem Land scharren schon ungeduldig in den Startlöchern. Das unternehmerische Potenzial wird sich ebenso wie die Lust am Vergnügen explosiv entladen. Alle warten auch darauf, endlich wieder reisen zu können. Das wird wie in den 1920er-Jahren, ganz laut und ganz schnell. Und alle Leute, die ihr unternehmerisches Talent entfalten, brauchen Kapital. Das kann man sich entweder von den Banken oder vom Kapitalmarkt holen.
Warum hinkt der Kapitalmarkt in Europa derart hinter den USA her?
Der europäische Kapitalmarkt ist nicht so schwach, das stimmt nicht. Der Wiener Kapitalmarkt ist schwach. Nur in Osteuropa gibt es de facto keinen Kapitalmarkt, außer in Polen, wo die Regierung Wert darauf legt, dass die Pensionsfonds in Aktien investieren. Das wäre auch in Österreich absolut notwendig. Hier sind die Pensionskassen und Versicherungen zu wenig in Aktien investiert, auch in österreichischen Titeln. Da wäre die Unterstützung der Politik hilfreich. Ich werde weiterhin billig Aktien kaufen und mich darum kümmern, dass diese ihren vollen Wert erreichen. Ich sehe das als Riesenchance, schauen Sie sich zum Beispiel Wienerberger an.
Dort sind Sie größer investiert?
Ja. Wienerberger ist ein Paradebeispiel dafür, wie ein Unternehmen aufgestellt sein sollte. Diese Aktie können Sie kaufen und für Ihre Kinder weglegen, da brauchen Sie sich nicht drum zu kümmern. Wären alle Unternehmen so, hätten wir mehr Vertrauen in den Kapitalmarkt.
Karriere
Wirtschaftsstudium in Wien, sowie Studien in London, Paris und Chicago. Der 49-jährige Wiener Klaus Umek begann 1997 bei Goldman Sachs, wo er zuletzt Leiter des Investmentbankings für Österreich und Osteuropa war. 2009 gründete er Petrus Advisers mit Sitz in London und ist CEO.
Petrus Advisers
Investiert aktiv in börsenotierte Unternehmen, Ziel ist die nachhaltige Steigerung des Aktienkurses. Derzeit rund 670 Millionen Euro unter Management. Für Kleinanleger seit 2016 auch ein Publikumsfonds. Um die heimische Kapitalmarktkultur zu fördern, werden Kleinaktionäre bei Übernahmen kostenlos vertreten.
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