Markt für Wohnimmobilien: Geht es 2024 wieder aufwärts?
Es war die Kombination aus hohen Baukosten und stark gestiegenen Zinsen, die 2023 dafür gesorgt hat, dass sich viele Menschen trotz gutem Einkommen den Kauf einer Eigentumswohnung nicht mehr leisten konnten. Sie waren dadurch gezwungen, in die Miete zu gehen, was die Nachfrage nach Mietwohnungen zusätzlich angekurbelt hat. So erwartet Remax für 2024 vor allem bei Mietwohnungen Nachfragesteigerungen, je zentraler, desto stärker. Seit der Einführung des Bestellerprinzips am 1. Juli 2023 ist das Immobilienangebot im Bereich der Mietwohnungen signifikant zurückgegangen und die Nachfrage und das Mietenniveau sind gestiegen.
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Vor allem bei gebrauchten Eigentumswohnungen ist es durch die Zinswende zu Preiskorrekturen gekommen, so Gerald Gollenz, Fachverbandsobmann der Immobilientreuhänder in der Wirtschaftskammer. Der Wohnimmobilienmarkt hat den jüngsten Inflationsschub nicht mitgemacht, wodurch Wohnungen und Häuser nach Abzug der Inflation real an Wert verloren haben. Dennoch: Sehr teure oder besonders günstige Wohnungen funktionieren nach wie vor beim Kauf, so Georg Spiegelfeld, Präsident des Immobilienring. Das hohe Zinsniveau hat voriges Jahr viele Wohnbauträger unter Druck gesetzt, weil Wohnungen nicht mehr zu den Kaufpreisen verkäuflich waren, mit dem sie kalkuliert wurden.
Karina Schunker, EHL
„Österreichweit wird der Bau neuer Wohnungen stark zurückgehen, aufgrund der unattraktiven wirtschaftlichen Rahmenbindungen
für Projektentwickler. In Ballungszentren wird sich das Angebot verknappen, vor allem im Bereich der freifinanzierten Miete. Da sich einige Projektverschiebungen am Markt abzeichnen, könnten die Fertigstellungen unter den Prognosen liegen.“
Peter Weinberger, Raiffeisen Immobilien
„Für Immobilienverkäufer sind in der aktuellen Marktlage objektive Preiseinschätzung und die richtige Verkaufsstrategie wichtiger denn je. Wer zu lange an unrealistischen Preisvorstellungen festhält, riskiert, sein Objekt zum Ladenhüter zu machen. Nachhaltige Heizsysteme sind ein wichtiges Entscheidungskriterium für den Immobilienkauf.“
Daniela Witt-Döring, Salon Real / Weber Rechtsanwälte
„Für 2024 ist wieder mehr Bewegung am Markt zu erwarten, nachdem die Anpassungsprozesse angestoßen wurden, ‚Gewöhnungseffekte’ eingetreten sind und die Marktbereinigung im Gange ist. Viel wird davon abhängen, die Zuversicht der Markteilnehmer zu fördern und das Vertrauen in die Attraktivität des Standorts nicht verlustig gehen zu lassen.“
Jasmin Soravia, Kollitsch & Soravia Immobilien
„Aufgrund des allgemeinen Baustopps wird das Wohnungsangebot in den nächsten Monaten deutlich zurückgehen. Damit werden jedoch die Preise spätestens 2025 aufgrund des Nachfragedrucks wieder deutlich steigen. Das Thema „Fokus auf den Bestand“ wird forciert werden. Die Themen Kreislaufwirtschaft, Biodiversität oder Baulandmobilisierung sowie Nachverdichtung versus Neuversiegelung werden mehr an Bedeutung gewinnen. Auch die höheren Zinsen werden noch bleiben.“
Aleksandra MItovic, ÖRAG
„Ich erwarte eine konstante und sehr gute Nachfrage nach Mietwohnungen, jedoch eine verhaltene Kauflust im Privatsegment. Die Flexibilität, welche mit einer Anmietung einhergeht, aber auch die teilweise langen Befristungen oder sogar unbefristete Mietverhältnisse sowie das große Angebot sind Anreize für viele Interessenten. Um ein Gleichgewicht am Wohnungsmarkt zwischen Miete und Eigentum wiederherzustellen, bedarf es einer Lockerung der KIM-Verordnung sowie sinkender Zinsen.“
Andreas Köttl, VÖPE / Value One
„Wir gehen davon aus, dass nun die Talsohle erreicht ist und es wieder bergauf gehen wird. Die Nachfrage nach Wohnraum ist ungebrochen.
Die Zahlen zeigen uns, dass die Transaktionen wieder zunehmen. Insbesondere im Wohnbau sehen wir, dass nach einer kurzfristigen Zurückhaltung im Jahr 2023 das Vertrauen in die Werthaltigkeit von Immobilien aufrecht ist – und sind in unseren Aussichten daher durchaus optimistisch, wenn jetzt die richtigen Weichen gestellt werden.“
Elisabeth Rohr, Rohr Real Estate
„Wir erwarten, dass vermehrt gebrauchte Wohnungen und Häuser auf den Markt kommen. Einige Verkäufer haben in den vergangenen Monaten zugewartet, weil sie beobachten wollten, wie sich Verkaufspreise und -zahlen entwickeln. Doch sie wollen oder können nicht länger zuwarten und dadurch wird Bewegung in den Markt kommen. Das Bestellerprinzip ist erst zu kurz in Kraft, um hier Erfahrungswerte zu haben, doch ich erwarte eine höhere Fluktuation auf dem Mietenmarkt.“
Anton Holzafpel, Österreichischer Verband der Immobilienwirtschaft
„Die Kaufpreise im Neubau werden auf stabilem Niveau hoch bleiben. Bei gebrauchten Immobilien kann es je nach Region zu Preisschwankungen nach unten kommen. Durch die fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten sind Kaufinteressenten oft ,gezwungen’, in die Miete zu gehen. Eine erhöhte Nachfrage wird die Mietpreise nicht senken.“
Sandra Bauernfeind, Heimat Österreich
„Durch die Verschiebung der Nachfrage vom Eigentum in die Miete werden die nicht reglementierten Mieten steigen. Die Kaufpreisen werden in guten Lagen steigen, da diese Kundengruppen von der KIM-Verordnung weniger betroffen sind, während mittlere Lagen stagnieren. In den weniger nachgefragten Gegenden werden die Kaufpreise sinken. Da Eigentum ein wichtiges Instrument gegen Altersarmut ist, bleibt abzuwarten, ob die KIM-Verordnung gelockert wird.“
Peter Engerth, ÖGNI
„Gebäudezertifizierungen bleiben 2024 die Grundlage für Investitionen. Sie sind die Gutachten, die Investitionen in Nachhaltigkeit beweisen und ehrliche Umsetzung vom Greenwashing unterscheiden. Sie helfen mit, bestehende Gebäude zielgerichtet zu sanieren und damit den Wert zumindest zu erhalten.
Die Umsetzung von Kreislaufwirtschaft wird durch die Modifikation des Abfallwirtschaftsgesetzes leichter werden, neue digitale
Plattformen werden dabei helfen.“
Die Entwickler haben darauf reagiert: Manche haben Wohnungen vermietet statt verkauft, andere für Kaufinteressenten die Kaufnebenkosten übernommen oder Wohnungen zu günstigeren Preisen angeboten. So waren Ende 2023 mitunter Wohnungen mit Rabatten von bis zu 50.000 Euro zu finden, so der Fachverband. Diese Entwicklung wirkt sich jedoch nicht auf das Preisniveau neu errichteter Wohnungen aus, denn diese bleiben aufgrund hoher Bau- und Grundkosten auf hohem Niveau. So erwartet Gollenz weiter steigende Preise von Neubauwohnungen.
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Die hohe Inflation, die strengen Kreditvergaberichtlinien und die Zinsentwicklung werden auch heuer den Markt beeinflussen. Das zeigt auch der aktuelle Remax Real Estate Future Index, für den das Unternehmen 600 Immobilienexperten befragt hat. Das Ergebnis: Der Preistrend bei Wohnungen und Häusern zum Kauf bleibt weiterhin auf minus, was Kaufinteressenten freuen wird. Allerdings muss man regional unterscheiden: Die Bandbreite reicht von -3,1 Prozent in Kärnten und -4,4 Prozent in Wien bis zu -11,5 Prozent in Vorarlberg und -12,5 Prozent im Burgenland.
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Der Bau neuer Wohnungen wird 2024 österreichweit, besonders aber in den Großstädten, zurückgehen. Vor allem die Fertigstellung neuer, frei finanzierter Mietwohnungen wird laut EHL Immobilien schon im ersten Halbjahr drastisch abnehmen. In Wien werden nur mehr rund 2.500 neu errichtete Mietwohnungen auf den Markt kommen, das ist ein Minus von mehr als 50 Prozent gegenüber 2023. Dennoch sind Marktteilnehmer überzeugt, dass die Talsohle bald durchschritten ist. „Wir erwarten im zweiten Halbjahr 2024 eine Änderung, die Entwicklung wird wieder dynamischer werden“, sagt Georg Spiegelfeld.
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