Das Salzkammergut beeindruckt mit seiner einmaligen Landschaft und dem klaren Wasser seiner zahlreichen Seen. Die Region ist ein Anziehungspunkt für Touristen und bietet höchste Lebensqualität. Damit das so bleibt, wurden zahlreiche Projekte ins Leben gerufen, die sich im Rahmen des Kulturhauptstadt-Programms damit beschäftigen.
23 Salzkammergut-Gemeinden in Oberösterreich und der Steiermark sind an der Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl - Salzkammergut 2024 beteiligt. Aber es sollen eben nicht nur Kulturveranstaltungen angeboten werden.
Bauen neu denken
Die Programmlinie „Globallokal – Building the New“ eröffnet diverse Dimensionen der Auseinandersetzung, wie man die Zukunft der Region in die Hand nehmen will. Sucht man nach Wegen, die Herausforderungen des Klimawandels zu bestreiten, muss man sich auch mit dem Bauen und der Nutzung von vorhandenen Räumen auseinandersetzen. Die fortschreitende Versiegelung von Boden als endliche Ressource soll diskutiert werden.
Alternative Wege klimagerechten Bauens vermitteln Projekte wie „Simple Smart Buildings“. „Lust auf Baukultur“ und „Bodenschutz im Salzkammergut“ begleiten Gemeinden dabei, nicht nur als aktive, sondern auch als kritisch-bewusste Gestalter der regionalen Baukultur zu agieren.
Hubert von Goisern ist Unterstützer
Prominenter Unterstützer des letztgenannten Projekts ist Hubert von Goisern. „Es ist eine traurige Tatsache, dass wir immer mehr Grünland verlieren“, begründet der Musiker sein Engagement für das Thema. Gemeinsam mit dem Institut für Raumplanung der TU Wien und dem Kollektiv „Curating Space“ wurden unter dem Titel „Bodenschutz und Leerstand als Chance“ zwei Rechercheprojekte angestoßen - mit dem Ziel, die Leerstände für kulturelle, in weiterer Folge aber auch für andere Zwecke zu nutzen.
„Unter Leerstand werden nicht nur ungenutzte Gebäude verstanden, sondern auch verlassene Betriebsareale, leere Parkplätze sowie verwilderte Grünflächen. Dazu kommt noch der saisonale Leerstand wie Strandbäder oder Liftstüberl“, erklärt Kuratorin Simone Barlian. Bei der Recherche musste man sich oft auf Mundpropaganda stützen, da Leerstände nicht immer stolz präsentiert werden und – so sie nicht zum Verkauf stehen – nirgendwo aufgelistet sind. „Dennoch haben wir bislang rund 300 Immobilien gefunden, denen man neues Leben einhauchen könnte.“
Großes Interesse in den Gemeinden
Sich mit Baukultur zu beschäftigen bedeutet, den eigenen Lebensraum verantwortungsvoll zu gestalten. Ziel des Projekts „Lust auf Baukultur“ ist es, Menschen im Salzkammergut dafür zu sensibilisieren. Der Verein LandLuft setzt daher auf Vermittlungsaktivitäten und Best-Practice-Beispiele zur Bewusstseinsbildung. Diese richten sich zum einen an Bürgermeister, Gemeinderäte und Verwaltung – jene, die in ihrem Alltag aktiv Einfluss auf die Baukultur nehmen –, zum anderen sind Baukultur-Interessierte eingeladen, am Prozess teilzunehmen.
Anneke Essl, Geschäftsführerin von LandLuft, ein Verein zur Förderung von Baukultur in ländlichen Räumen, erzählt: „Wir haben 2023 den Bürgermeistern der Kulturhauptstadt-Region vorgestellt, wie wir arbeiten. Wir wollten sie für Vor-Ort-Gesprächen gewinnen, um zu erfahren, womit die Gemeinden zu kämpfen haben und aus diesem Wissen herauskristallisieren, welche Themen für die gesamte Region relevant sind. Wir waren wirklich sehr positiv überrascht, denn das Interesse der Bürgermeister war groß und die Bereitschaft für Gespräche größer als unsere terminlichen Möglichkeiten.“ Das sind die brennendsten Themen: „Wie sieht das Wohnen der Zukunft im ländlichen Raum aus“, „Wie kann man die Qualität im Bauen sichern“, „Wie gehen wir mit Ortskernen, Leerstand und vor allem dem Baubestand um“.
Das Potenzial von Häusern besser nutzen
Was ist für 2024 geplant? „Wir gehen in die Gemeinden und werden zum Beispiel in Altmünster mit ,Höfe Häuser Potenziale’ eine Veranstaltung zu Umbaukultur machen. Es gibt viele Bauernhäuser, alte Villen, Einfamilien- und Zweifamilienhäuser, die viel ungenutztes Potenzial in sich tragen. Die Gemeinde möchte sich damit beschäftigen, wie man „altes Wohnen, neu denken kann“. Eigentümer sollen motiviert werden, Umbaumöglichkeiten anzudenken, die auch einen Mehrwert für die Allgemeinheit haben“, erzählt Essl.
Auch in Krisenzeiten wird gebaut. Aber anders als in Zeiten des Überflusses. Jetzt gilt es, sparsam mit Ressourcen umzugehen. Auch die finanziellen Rahmenbedingungen werden enger. Das Projekt „Simple Smart Buildings“ vermittelt Wissen in Workshops und Vorträgen zu den Fragen „Welche Materialien und Techniken wurden in der Vergangenheit eingesetzt, um resiliente Häuser zu bauen?“ und „Welche dieser Bauweisen haben sich langfristig als dauerhaft, nachhaltig und schön erwiesen?“
Beispiele für lokale Projekte sind u. a. in Gmunden und St. Konrad zu finden. Das Projekt „Kunstquartier Stadtgarten“ ist ein städteplanerischer Meilenstein für Gmunden. Viele Jahre lag das 6.500 m2 große Areal der ehemaligen Stadtgärtnerei in zentraler Hanglage mit Seeblick brach, die Glashäuser wurden vom Hagel zerstört, und die historische Villa war dem Verfall preisgegeben. 2022 entschied der Gemeinderat, das Areal umzuwidmen und einen öffentlichen Raum für Kunst, Kultur und Begegnung zu schaffen. Mit der Entscheidung, eine weitere Bodenversiegelung zu verhindern, wurde der Grundstein für ein Stück Land mitten in der Stadt gelegt.
Sauna am Traunsee
Ebenfalls am Traunsee findet man das Projekt „Plateau Plo“ der Klasse „raum&designstrategien“ der Kunstuniversität Linz. Es geht um den Umgang mit den begehrten Uferzonen des Traunsees, die der breiten Öffentlichkeit meist nicht zugänglich sind. „Zwei Plattformen, eine davon mit Sauna, sollen das Ufer erweitern. Die Sauna steht für Wärme, die Menschen zusammenbringt“, so Barlian.
Im Jänner hat Künstler Herbert Egger seine Skulptur „Global Home“ in St. Konrad aufgestellt. Ein Geflecht aus Holzlatten bildet eine Hausform. Die Pflanzen- und Tierwelt kann in dieses Haus einziehen. Mit der Zeit wird das Holz verwittern, die Natur wird sich seiner bemächtigen. Die Menschen von St. Konrad bestimmen, ob oder ab welchem Verwitterungsgrad diese Skulptur wieder entfernt werden soll.
Als Bogen über sämtliche Themen holt das Symposium „interventa Hallstatt 2024“ im September internationale Experten ins Salzkammergut, um Baukultur zwischen Innovation, Tradition, Landschaft und Tourismus aus regionaler wie aus globaler Sicht zu behandeln.
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