IHS-Chef Neusser: Auswirkungen des Öl-Embargos nicht gravierend
Das bereits sechste EU-Sanktionspaket gegen Russland soll auch ein Ölembargo beinhalten. Zwar bezieht Österreich nur relativ wenig Öl aus Russland (knapp 8 Prozent der Ölimporte im vergangenen Jahr, Anm.), mit wirtschaftlichen Konsequenzen ist trotzdem zu rechnen.
Denn eine europaweite Verknappung von Rohöl und Treibstoffen wird voraussichtlich zu einem weiteren Anstieg der Preise führen. Die Inflation würde deswegen laut Berechnung des Wirtschaftsforschungsintitut (Wifo) um einen halben Prozentpunkt ansteigen, das Wirtschaftswachstum könnte um 0,3 Prozent niedriger ausfallen.
"Die Auswirkungen sind nicht so gravierend", sagte der interimistische Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Klaus Neusser, in einem ZIB2-Interview. Denn der Ölpreis sei etwa 2009 bereits höher gewesen. Am Weltmarkt werde durch das Embargo eine Umschichtung stattfinden, allerdings werde das Embargo Russland nach Einschätzung Neussers durchaus treffen. Denn das Land exportiere viel Öl über Pipelines und kann die Exportströme deswegen nicht einfach und schnell umleiten. Die Sanktionen seien jedenfalls "ein Signal, dass wir es ernst meinen" und dass sich Europa nicht auseinanderdividieren lasse.
Steuersenkungen um die gestiegenen Preise für die Konsumenten abzufedern steht Neusser skeptisch gegenüber. Er sei "kein Freund von Eingriffen ins Preissystem", denn es werde Anpassungen geben müssen. Neusser hält etwa eine Beschleunigung des Wandels hin zu Elektromobilität und der Nutzung von Wasserstoff für eine mögliche Folge hoher Ölpreise. "Und das sollte man nicht durch Subventionen konterkarieren".
Man könne jedoch, wie vom IHS bereits vorgeschlagen, die Tarifgrenzen des Lohn- und Einkommenssteuertarifs um den Prozentsatz der unerwarteten Erhöhung der Inflation einmalig anheben. Menschen, die keine Steuern zahlen, müsse man durch Transferleistungen besserstellen, so der Ökonom. Eine dauerhafte Abschaffung der kalten Progression sei zwar "nicht so einfach, wie es klingt", aber man sollte "darüber ernsthaft nachdenken".
In Anbetracht der Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed erklärte Neusser, er erwarte, dass die EZB bald nachziehen würde. "Mit Zinserhöhungen würde ich auf jeden Fall rechnen."
Benzinknappheit in Ostdeutschland möglich
Der deutsche Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) hält wegen des geplanten Ölembargos Benzinknappheit in Teilen Ostdeutschland und im Großraum Berlin für möglich. "Es ist nicht auszuschließen, das muss ich leider sagen, dass es tatsächlich zu Knappheiten kommt", sagte Habeck am Mittwochabend in der Sendung RTL Direkt.
Grund sei, dass diese von der Großraffinerie im brandenburgischen Schwedt versorgt werden, die ausschließlich russisches Öl verarbeitet. Es könne passieren, dass "für eine begrenzte Zeit zu wenig Öl und damit zu wenig Benzin verfügbar ist", sagte Habeck. Es werde jedoch an Lösungen gearbeitet, versicherte der Minister.
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