Hochwasserschäden am Auto: So handeln Sie richtig

Starker Regen und Überflutungen am Bodensee
Viele Gebieter Österreichs sind seit Tagen von Hochwasser betroffen, die Schäden sind teils enorm. Der ÖAMTC erklärt, wie man richtig bei Autoschäden handelt.

Viele Gebiete Österreichs sind derzeit von Hochwasser betroffen, die Aufräumarbeiten sind in vollem Gange. Neben zahlreichen Häusern sind auch viele Autos von den Wassermassen teilweise stark beschädigt worden. Aber was genau tun, wenn das Auto unter Wasser steht?

Selbst starten oder abschleppen lassen?

"Sollte der Motorraum mit Wasser in Kontakt gekommen sein, muss das Fahrzeug aus Sicherheitsgründen abgeschleppt werden. Das Auto sollte keinesfalls selbst gestartet werden", betont ÖAMTC-Techniker Steffan Kerbl. Ist nämlich Wasser im Zylinder, kann bei einem Startversuch der sogenannte 'Wasserschlag' auftreten – und das kann einen Motorschaden zur Folge haben.

Schäden können sich erst Monate später zeigen

Auch Sand und Wasser im Fahrzeuginneren können Schäden an Fahrwerk und Bremsen auslösen, die sich eventuell erst Monate nach dem Unglück zeigen, so Kerbl. Eine Überprüfung des Bremssystems durch ein Fachpersonal ist daher dringend zu empfehlen. "Generell sollten Personen, deren Fahrzeuge vom Hochwasser betroffen sind, diese keinesfalls selbst in Betrieb nehmen, sondern Kfz-Experten wie die ÖAMTC-Pannenhilfe verständigen", rät er.

Je höher die Wasserlinie, desto beträchtlicher der Schaden

Liegt die Wasserlinie unterhalb der Felgenmitte, sind in der Regel keine Funktionsprobleme zu erwarten. "Alle beweglichen Teile und auch die elektrischen Installationen liegen nämlich noch über der Wasserlinie. Nur die Trag- und die Spurstangengelenke sollten überprüft und gegebenenfalls getauscht werden", erklärt Kerbl. 

Wenn die Wasserlinie über der Radmitte liegt, sind bereits Radlager und Antriebswellen betroffen. Ist das Fahrzeug diesen Bedingungen über mehrere Stunden oder sogar Tage ausgesetzt, dringt Wasser in die Lager und Gelenke ein. "Dort bleibt es leider auch nach Absinken des Wasserspiegels", so der ÖAMTC-Techniker. Ebenfalls betroffen ist der Auspuff, der durch das Wasser korrodieren kann. Im Falle eines Schadens müssen Radlager, Antriebswellen und Auspuff getauscht werden.

Steigt der Wasserspiegel über die Türunterkante, dringt Wasser in den Innenraum und in die Hohlräume der Karosserie ein. So können tiefer liegende Teile der Elektrik Schaden nehmen. Dazu Kerbl: "Ein Werkstattaufenthalt ist in diesem Fall unausweichlich."

Befindet sich die Motorhaube unter der Wasserlinie, dringt Wasser auch in den Ansaugtrakt des Motors und über den Auspuff bis zu den Auslassventilen. Ein Starten des Motors – wenn der Starter überhaupt noch funktioniert – muss auch nach Sinken des Wasserniveaus unterlassen werden, warnt Kerbl. Fahrzeuge, die mehrere Stunden derart tief im Wasser waren, müssen anschließend gründlich in einer Fachwerkstatt trockengelegt werden. Bei Fahrzeugen älteren Datums kommen die Reparaturkosten einem Totalschaden gleich.

Wer haftet bei Hochwasser-Autoschäden?

Ob eine Versicherung zahlt, hängt von Fahrzeugart, Versicherungsvertrag und Verursacher ab. "Wer lediglich eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, bekommt bei einem Unwetterschaden kein Geld vom Versicherer. Schäden durch Naturgewalten werden bei Kfz in der Regel nur durch eine Voll- oder Teilkaskoversicherung gedeckt", erklärt ÖAMTC-Chefjurist Martin Hoffer. Schäden an Fahrrädern und E-Bikes sind normalerweise durch die Haushaltsversicherung gedeckt. 

In allen Fällen gilt: Fahrzeugschäden möglichst gut dokumentieren und unverzüglich der betreffenden Versicherung melden.

Wie genau und vom wem wurde der Schaden verursacht?

Sollte der Schaden aber durch einen Dritten verursacht worden sein, haftet dieser vor allem bei Verschulden. Beispielsweise wenn Baufirmen oder Werbeunternehmen ihre Gerüste und Plakatwände mangelhaft montiert haben. Auch wenn lose Dachziegel oder Bäume auf ein parkendes Auto fallen, könnte der Besitzer des jeweiligen Grundstücks haftbar gemacht werden. 

Dazu Hoffer: "Entsteht am Fahrzeug etwa ein Schaden durch lose Gegenstände im Straßenraum, haftet der Straßenerhalter (Bundesland oder Gemeinde), wenn ihm eine grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann – also zum Beispiel grobe Versäumnisse bei der Absicherung einer Hochwasserstelle. Autobahn-Betreiber und Vermieter kostenpflichtiger Parkplätze haften bereits für leichte Fahrlässigkeit."

Für Schäden durch Bäume gilt seit dem 1. Mai 2024 eine gewisse Erschwernis für den:die Geschädigte:n: Hier muss nun ebenfalls Verschulden nachgewiesen werden, bisher war die Beweislast umgekehrt.

Voll- und Teilkasko: Polizze prüfen, Schäden unverzüglich melden  

Bei einer Voll- und Teilkasko übernimmt die Versicherung die Reparaturkosten und auch die Abschleppkosten zur nächstgelegenen geeigneten Werkstatt. Je nach Versicherungsanbieter und vertraglicher Regelung sind auch Selbstbehalte möglich. 

Wichtig für die Kostenübernahme durch die Versicherung ist die richtige Vorgehensweise: "Die Schadensmeldung muss unverzüglich erfolgen. Von Vorteil ist eine Dokumentation mit Fotos, vor allem mit allen Details der Schäden", weiß der ÖAMTC-Rechtsexperte. Ist jemand anderer für den Schaden verantwortlich, empfiehlt es sich, Zeugen namhaft zu machen.

Wann haftet die Versicherung nicht mehr?

Allerdings haben auch Versicherungen ihre Grenzen: War das Auto etwa an einer gefährdeten Stelle geparkt, beispielsweise unter einem offensichtlich morschen Baum, könnte die Versicherung die Auszahlung wegen grober Fahrlässigkeit verweigern. 

Wenn man vom Unwetter überrascht wurde oder man das Fahrzeug nach bestem Wissen und Gewissen nicht aus der Gefahrenzone entfernen konnte, verhält es sich jedoch anders. Kommt es zu einem Totalschaden, ist das speziell bei älteren Fahrzeugen besonders ärgerlich, da im Regelfall maximal der Zeitwert ersetzt wird.

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