Gutschrift winkt: Was Sie für den Steuerausgleich wissen müssen
Der Postweg und das gute alte Formular L1 haben noch nicht ausgedient – aber schon 82 Prozent aller Steuerzahler und Steuerzahlerinnen nutzen bei ihrer Arbeitnehmerveranlagung (früher: Jahresausgleich) den schnelleren, elektronischen Weg über FinanzOnline. 2019 lag der Anteil erst bei 72 Prozent.
Was kann alles geltend gemacht werden?
Bis Ende Februar hat der Arbeitgeber Zeit, alle Daten an die Finanz zu übermitteln. Ab März macht der Steuerausgleich für 2022 daher Sinn. Man hat aber fünf Jahre Zeit. Der Antrag für 2022 kann bis Ende 2027 gestellt werden. Geltend machen kann man unter anderem:
- Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag
- Mehrkindzuschlag
- Pendlerpauschale
- Zusatzbeitrag in der Krankenversicherung für mitversicherte Angehörige
- Pflichtversicherungsbeiträge bei geringfügiger Beschäftigung
- Werbungskosten (z. B. Fachliteratur)
- Unterhaltsabsetzbetrag
- Kinderfreibetrag (bis 2018)
- Familienbonus Plus (ab 2019)
- Außergewöhnliche Belastungen (z.B. bei Behinderung)
Für wen zahlt sich der Steuerausgleich aus?
Arbeitnehmern, die während des Jahres unterschiedlich verdient haben, nicht ganzjährig beschäftigt waren oder den Arbeitgeber gewechselt haben, winkt meist eine Steuergutschrift. Oder wenn Ansprüche bestehen, die der Arbeitgeber noch nicht berücksichtigt hat oder wer so wenig verdient, dass Anspruch auf eine „SV-Rückerstattung“ besteht.
Was muss man bei FinanzOnline beachten?
Wer Hilfe benötigt, kann den elektronischen Assistenten fragen. Seine künstliche Intelligenz deckt aber nur die häufigsten Fragen ab (siehe Zusatzgeschichte). AK-Steuerexpertin Dominique Feigl sagt: „Wirkliche Vollständigkeit wäre zu viel verlangt, aber man kann den Assistenten ja ausblenden, niemand ist gezwungen, ihn zu benutzen. Bei Spezialfragen steht unser riesiges, kostenloses Beratungsangebot zur Verfügung.“
Wie funktioniert der „automatische Steuerausgleich“?
Die Gutschrift wird ohne Antrag automatisch berechnet und überwiesen. Voraussetzungen sind: Sie machen bis 30. 6. keinen Jahresausgleich, arbeiten nur unselbstständig und die Finanz geht davon aus, dass eine Gutschrift zusteht und keine besonderen Ausgaben geltend gemacht werden. Auch hier gilt: Die Finanz kann nicht alles wissen, sie hat nur die Lohnzetteldaten. Bei Besonderheiten (z.B. Familienbonus, Pendlerpauschale) lohnt es sich in aller Regel in barer Münze, selbst den Jahresausgleich zu machen.
Was ist neu für 2022 zu beachten?
Die Steuervorteile für Familien wurden ausgeweitet. Der Familienbonus (ein Absetzbetrag) wurde auf bis zu 2.000 Euro für Kinder unter 18 bzw. auf bis zu 650 Euro für Kinder über 18 erhöht. Für Familien mit ganz niedrigen Einkommen gibt es den Kindermehrbetrag von bis zu 550 Euro pro Kind.
Was ist sonst noch neu?
Das Pendlerpauschale und der Pendlereuro wurden im Mai 2022 kräftig erhöht. Wenn das der Arbeitgeber noch nicht berücksichtigt hat, muss man die Erhöhung für den Zeitraum Mai bis Dezember 2022 selbst zum Ergebnis des Pendlerrechners dazu rechnen.
Gibt es auch neue Pauschalen?
Statt der Absetzbarkeit für Wohnraumbeschaffung und -sanierung (bis 2021) kann man die neue „Öko-Sonderausgabenpauschale“ beantragen. Wird die Förderung bewilligt (z.B. für den Heizkesseltausch), wird sie beim Jahresausgleich automatisch berücksichtigt. Auch das Homeoffice-Pauschale wird automatisch berücksichtigt, nämlich mit drei Euro pro Tag für maximal 100 Tage.
Assistent ist gut, Kontrolle ist besser
Warum eine Leserin beinahe 500 Euro verloren hätte
Eine futurezone-Leserin nutzte bei der Steuererklärung erstmals den „Assistent“ und staunte nicht schlecht: Nach ein paar einfachen Fragen wurde eine Gutschrift von 123 Euro berechnet. Da das deutlich weniger war als in den Jahren davor, füllte sie das Formular stattdessen regulär, also ohne die Hilfsfunktion, aus. Das Ergebnis: 635 Euro. Hätte sie dem „Assistent“ vertraut, dann hätte sie das also etwa 500 Euro gekostet.
Die Erklärung dafür ist relativ einfach: Der Online-Assistent fragt in ein paar wenigen Fragen die gängigsten Aspekte ab, die auf viele Steuerpflichtige zutreffen. Also etwa Pendlerpauschale, Werbungskosten und Kinderabsetzbetrag. Spezifischere Gründe wie etwa die Anschaffung von Fachliteratur oder anderen Arbeitsmitteln sind darin hingegen nicht vorgesehen. Und zwar auch dann nicht, wenn diese Posten in den Erklärungen der vergangenen Jahre vorkommen.
So menschlich „Assistent“ also klingt, kann das Programm nicht auf jeden speziellen Fall eingehen. Es handelt sich nur um eine standardisierte Abfrage.
Wer in seiner oder ihrer Steuererklärung also weitere spezielle Posten hat, tut gut daran, auf die Hilfeleistung zu verzichten und die Steuererklärung selbst via Formular oder FinanzOnline abzugeben. Am besten verlässt man sich auf etwas, das man selbst nachgeprüft hat – frei nach Wladimir Iljitsch Lenin.
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