Die 132 Millionen Euro schwere Pleite der Möbelhandelskette Kika/Leiner (3.296 Beschäftigte) wirbelt viel Staub auf. Vor allem der Umstand, dass das Unternehmen eine Woche nach dem Verkauf durch die Signa Holding von René Benko an die WIH HandelsgmbH von Hermann Wieser in die Insolvenz schlitterte, wirft viele Fragen auf.
Am Dienstagnachmittag war der erste Gläubigerausschuss anberaumt, in dem die Weichen für das Sanierungsverfahren gestellt werden sollen. „In dieser Sitzung wird überhaupt erst klar werden, ob das Sanierungsverfahren akzeptiert wird und ob es eine positive Prognose für die Fortführung gibt“, sagt Kika/Leiner-Sprecher Michael Slamanig zum KURIER. „Den Gläubigern wird ein detaillierter Sanierungsplan vorgelegt. Die Gläubiger werden zu beurteilen haben, ob diese Sanierung mittel- und langfristig tragfähig ist.“ Neo-Eigentümer Wieser sei auch bereit, Gelder zuzuschießen, falls das notwendig sei.
„Es war von Beginn an bekannt und geplant gewesen, dass das Unternehmen im Wege der Einleitung eines Insolvenzverfahrens bilanziell und ertragswirtschaftlich saniert werden muss“, heißt es im Insolvenzantrag. Vergangenen Donnerstag sei laut Slamanig dann die Entscheidung gefallen, dass man das im Rahmen eines Sanierungsverfahrens machen wird.
Jahresverlust verdoppelt
Alle vor diesem Deal getroffenen Entscheidungen und Maßnahmen betreffen aber die Verkäuferin Signa. Sie hat die Rudolf Leiner GmbH und die Kika MöbelhandelsgmbH im Juni 2022 rückwirkend mit 30. September 2021 fusioniert. „Die Gesellschaft ist als Teil des Signa Retail Konzerns mit ausreichend Liquidität versorgt und hatte keinen Bedarf an Finanzierungen außerhalb der Gruppe“, heißt es im Bilanzlagebericht 2021.
Hatten die beiden Gesellschaften 2021 insgesamt rund 739,6 Millionen Umsatz, so kam die fusionierte Leiner & Kika Möbelhandels GmbH 2022 nur noch auf 594,99 Millionen Euro Umsatz. Aber der Jahresverlust verdoppelte sich auf 47 Millionen Euro. Die Fusion wird der Insolvenzverwalter wohl zu prüfen haben.
„Wenn im Gläubigerausschuss irgendwelche Sauereien aufgedeckt werden, dann werden wir diese eh verfolgen“ sagt Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform zum KURIER. „Wir werden uns sicher alles anschauen. Ich möchte noch nichts vorwegnehmen, dazu sind wir noch in einem sehr frühen Stadium des Verfahrens. Ich möchte mich aber auch nicht an einem Signa-Bashing beteiligen.“
Eigenkapitalregeln
Was kann der Insolvenzverwalter prüfen? „Es wird von uns beantragt werden, dass man die Geldflüsse für die vergangenen zwei Jahre prüft. Es geht um die Eigenkapitalregeln und die Mietzahlungen“, sagt Franz Blantz vom Gläubigerschutzverband AKV. „Es wurden vor der Verschmelzung nicht geringe Bankguthaben und Warenvorräte in den Bilanzen ausgewiesen.“ Die Vorräte bei Leiner seien mit 60 Millionen Euro bilanziert gewesen, die bei Kika mit 61 Millionen Euro. Die geleisteten Anzahlungen von Kunden sollen rund 40 Millionen Euro betragen. Für den AKV stellt sich die Frage, ob nicht bereits im Jahr 2021 oder spätestens im Jahr 2022 ein Insolvenzverfahren beantragt werden hätte müssen und ob eine möglicherweise eine Insolvenzantragspflichtverletzung vorliegt. Klarheit will Blantz auch darüber, ob Kika/Leiner ortsübliche Mieten an Signa bezahlt hat und ob diese während des Lockdowns bezahlt wurden. „Laut Judikatur ist der Mieter während des Lockdowns nicht verpflichtet gewesen, den Bestandszins zu bezahlen“, sagt Blantz.
Fette Ausschüttungen
Indes machten die Kika Immobilien GmbH und die Leiner Immobilien GmbH, die nicht von der Pleite umfasst sind, als Vermieter der Standorte gute Geschäfte. Vom Bilanzgewinn per 31. Dezember 2018 in Höhe von 286,81 Millionen Euro schüttete die Kika Immobilien 243,89 Millionen Euro an die Signa-Gruppe aus. Bei der Leiner Immobilien wurde der Bilanzgewinn per Ende 2018 in Höhe von 46,54 Millionen Euro zur Gänze ausgeschüttet. Die Signa hatte die Kika/Leiner-Kette im Juni 2018 übernommen.
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