Kahlschlag bei Möbelkette Kika/Leiner: 1.900 Jobs werden gestrichen

Die Turbulenzen bei Kika/Leiner haben auch in der Werbebilanz Spuren hinterlassen
Der neue Eigentümer plant ein hartes Restrukturierungs- und Sanierungsverfahren. Ein Insolvenzverfahren ist auch nicht ausgeschlossen, Prüfungen laufen.

Erst vergangene Woche ging der Deal über die Bühne: die Signa Retail Holding des Tiroler Investors Rene Benko trennte sich nach knapp fünf Jahren von der Möbelkette Kika und Leiner. Das operative Geschäft mit insgesamt 40 Filialen ging mit sofortiger Wirkung an ein Managementteam rund um den ehemaligen Kika/Leiner-Manager Hermann Wieser. Die Immobilien wurden von der Supernova-Gruppe des deutsch-österreichischen Fachmarkt-Unternehmers Frank Albert übernommen.

Nun brauen sich über Kika/Leiner dunkle Gewitterwolken zusammen. Laut Insiderkreisen plant Eigentümer Wieser ein hartes Restrukturierungs- und SanierungsverfahrenDas Unternehmen sei mit einem operativen Verlust in Höhe von mehr als 150 Millionen Euro übernommen worden, so der neue Kika/Leiner-Eigentümer Hermann Wieser. Um die laufenden Kosten zu decken, beträgt der Liquiditätsbedarf bei sinkenden Umsätzen monatlich ca. 8 - 10 Millionen Euro.

Das sagt die Gewerkschaft

„Wir haben gerüchteweise gehört, dass es zu einem Insolvenzverfahren kommen könnte. Ich kann Ihnen aber nicht sagen, von wem wir das wissen“, sagt GPA-Gewerkschafter Michael Pieber im Gespräch mit dem KURIER. „Es wird massiv abgespeckt.“

„Wir sind angetreten, um Kika/Leiner zu retten. Und wir retten jetzt, was zu retten ist“, fasst Kika/Leiner-Geschäftsführer Hermann Wieser die aktuelle Situation zusammen. Aus diesem Grund wurden sofort alle notwendigen Maßnahmen zur Sanierung von Kika/Leiner eingeleitet. Um das Unternehmen wirtschaftlich überlebensfähig und vor allem langfristig wettbewerbsfähig zu machen, sind tiefgreifende Einschnitte und ein schneller, konsequenter Cut notwendig. Strategische und wirtschaftliche Gründe machen die Schließung von 23 Filialen sowie eine erhebliche Reduktion der Zentralabteilungen in der Verwaltung notwendig. Damit ist auch eine starke Verringerung der Anzahl der Beschäftigten verbunden, rund 1.900 Mitarbeiter:innen werden das Unternehmen verlassen müssen.

 „Bedauerlicherweise sind die Hauptleidtragenden die Mitarbeiter, die am wenigsten dafür können. Aus diesem Grund haben wir gemeinsam mit den Betriebsräten für die durch Kündigung betroffenen Mitarbeiter:innen ein Maßnahmenpaket beschlossen.“, so Kika/Leiner-Geschäftsführer Hermann Wieser.

Geschlossen werden per Ende Juli 2023 die Leiner-Standorte in Judenburg, Wels, Linz, Steyr, Amstetten, Vöcklabruck, Villach und Wien-Nord sowie die Kika-Standorte in Lienz, Mistelbach, Liezen, Ried, Feldbach, Leoben, Saalfelden, Horn, Unterwart, St. Johann, Wörgl, Stockerau, Imst, Eisenstadt und Wien-Ottakring. An diesen Standorten beginnt ab sofort der Abverkauf mit massiven Preisreduktionen.

Keine endgültige Entscheidung

Indes bestätigt Wiesers Sprecher Michael Slamanig nicht, dass ein Sanierungsverfahren nach dem Insolvenzrecht eingeleitet wird. „Es werden alle Dinge geprüft, eine endgültige Entscheidung ist noch nicht gefallen“, sagt Slamanig zum KURIER. „Wir bemühen uns maximal schnell zu sein, um wieder Sicherheit für das Unternehmen und die Mitarbeiter zu schaffen. Es könnte sein, dass diese Woche noch eine Entscheidung fallen wird.“

Laut Kika/Leiner sollen 23 der 40 Standorte geschlossen werden und damit soll auch die Hälfte aller bestehenden Mitarbeiter abgebaut werden. Derzeit werden etwa 3.900 Mitarbeiter beschäftigt. Heute, Dienstag, soll die Belegschaft über die Entwicklungen bereits informiert werden.

Schlechtes Geschäftsjahr

Hintergrund ist die schlechte Bilanz der Möbelkette. Hier hat offenbar auch Möbelhandels-Profi Reinhold Gütebier das Ruder nicht mehr herumreißen können. Branchenkennern zufolge soll das vergangene Geschäftsjahr „vernichtend schlecht“ gelaufen sein, die Umsätze pro Quadratmeter sollen weit unter dem Branchenschnitt liegen. Diese Bilanz soll nun zu den Maßnahmen zwingen. Eine weitere Fortführung sei in dieser Größenordnung aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr möglich, behaupten Insider.

Wie aus Insiderkreisen weiters zu hören ist, soll es demnächst einen kompletten Räumungsverkauf geben – Motto: alles muss raus. Die übrigbleibenden rund 20 Standorte von Kika/Leiner, darunter etwa die florierenden in Wien-Nord und Tulln, werden ab September in neuem Glanz und mit völlig neuem Konzept wieder eröffnet.

Was die Kette in Straucheln brachte, beschreibt die neue Führung so: "Gründe für die Schieflage des Unternehmens gibt es viele – allen voran Management-Fehler, explodierende und nicht an die Rahmenbedingungen angepasste Kosten, komplizierte, personalintensive Abläufe, falsche Markenstrategien, zu geringe Flächenproduktivität, viel zu hohe Overheadkosten u.v.m. In der Folge hat die aktuelle Marktsituation mit sinkenden Umsätzen aufgrund von Corona, Ukrainekrieg, hohen Energiekosten, hohen Zinsen und verschärften Vergaberichtlinien für Kredite – das sind die Haupttreiber für die Krise am Haus- und Wohnungsmarkt – die Gesamtsituation verschärft."

Immobilien-Zukunft

Was Immobilienprofi Frank Albert mit den rund 20 Immobilien machen wird, die von Kika/Leiner nicht mehr weitergeführt werden können?

Insiderkreisen zufolge will Albert für jeden Standort eine individuelle Lösung finden: ein Verkauf der kompletten Immobilie sei möglich, oder auch die Weitervermietung an neue Interessenten. Auch Wohnbauprojekte sollen für einzelne Lagen in Frage kommen.

Eine Job-Plattform

Um Kika/Leiner wieder wirtschaftlich flott zu machen, will Wieser „einen hohen zweistelligen Euro Millionenbetrag“ in die Hand nehmen.

Und für die gekündigten Mitarbeiter wird eine Job-Plattform in Zusammenarbeit mit Rewe, Obi und Deichmann eingerichtet. Allein Rewe hat derzeit rund 3.000 offene Stellen in 400 unterschiedlichen Berufsfeldern. Auch Spar bietet Kika/Leiner-Mitarbeitern Jobs an.

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