GoStudent-Gründer: „Wollen eine globale Schule aufbauen“
Der 26-jährige Wiener Gründer Felix Ohswald sammelte kürzlich für seine Nachhilfeplattform GoStudent 205 Millionen Euro Risikokapital bei Groß-Investoren wie Softbank aus Japan und Tencent aus China ein. Im KURIER-Interview erzählt das Mathematik-Genie, welche Pläne es mit Österreichs teuersten Start-up hat, was wir von China lernen können und warum Red Bull ein Vorbild ist.
KURIER: Ihr Start-up ist 1,4 Milliarden Euro wert und damit teurer als der Weltkonzern AT&S. Warum?
Felix Ohswald: Die Bewertungen fußen darauf, wie groß der private Bildungsmarkt und die Wachstumsraten der Firma sind. Daraus leiten Investoren eine Prognose für die Zukunft ab. Und Traditionsunternehmen wie AT&S haben eben nicht mehr so hohe Wachstumsraten wie junge, rein technologische Firmen wie unsere. Im Technologiebereich gibt es keine Grenzen mehr, wir brauchen nur drei Wochen, um in einem neuen Land zu starten. Daher haben Tech-Firmen wie Apple oder Google auch die höchsten Bewertungen.
Was bedeutet es Ihnen, ein Einhorn (Start-up, das mehr als 1 Mrd. Euro wert ist, Anm.) zu sein?
Es hat eine starke symbolische Bedeutung für die Mitarbeiter, dass wir auf dem richtigen Weg sind und es hilft, neue Talente zu rekrutieren. Wir haben damit auch eine gewisse Größe für Investoren erreicht.
Wie kommt ein kleines Wiener Jungunternehmen zu den riesigen Venture-Capital-Fonds wie Softbank?
Diese Investoren wollen in künftige Global Champions investieren und der Bildungsbereich ist da unglaublich spannend, weil es dort bisher wenig Innovation gab. Und wir sind in Europa die Firma, die in diesem Bereich am schnellsten wächst und schon in mehreren Märkten signifikante Umsätze macht.
Aber Sie sind vor allem im deutschsprachigen Raum präsent und es gibt zahlreiche Konkurrenz im englischsprachigen Raum…
Mittlerweile sind wir auch im englischsprachigen Raum tätig. Generell schauen die Investoren jetzt mehr nach Europa, weil es hier unglaublich viele Talente gibt, aber bisher wenig Kapital hingeflossen ist. Da wird also noch einiges nachkommen.
Die in 15 Ländern aktive Lernplattform GoStudent verbindet Schüler im Live-Videogespräch mit ausgewählten Nachhilfelehrern. Monatlich werden dzt. ca. 400.000 Nachhilfestunden gebucht. Das Start-up wurde 2017 von Felix Ohswald und Gregor Müller gegründet und ist mit einer Bewertung von 1,4 Mrd. Euro Europas teuerste Firma im digitalen Bildungsbereich (EduTech).
GoStudent beschäftigt aktuell rund 600 Mitarbeiter, davon 250 am Firmensitz in Wien. Bis Jahresende sollen es 1.000 Mitarbeiter werden.
Privatstiftungen
Die beiden Gründer halten über Stiftungen noch ca. 22 Prozent an GoStudent. Das Vermögen der beiden wird auf 300 Mio. Euro geschätzt
Mit Tencent ist auch ein chinesischer Investor an Bord. In der EU werden solche Beteiligungen derzeit kritisch gesehen. Ist Ihnen das egal?
Die Frage stellt sich nicht. Wir wollen immer mit Firmen zusammenarbeiten, die am innovativsten sind. Und in China gibt es einige sehr spannende Technologieunternehmen, die von der Innovationskraft westlichen Firmen weit voraus sind und es gibt spannende Bildungskonzerne (die börsennotierten New Oriental und TAL Education erzielen Milliardenumsätze, Anm.). Wir wollen von denen lernen.
Wollen Sie mit GoStudent auch in China aktiv werden?
Nein, in China gibt es eben schon diese großen, starken Player. Lieber im Rest der Welt …
Welche Länder stehen heuer auf der Expansionsliste?
Wir sind in 15 Ländern aktiv und planen gerade den Markteintritt in Latein- und Südamerika, Kanada und den USA. In Europa beginnen wir in ein, zwei Monaten in Polen. Die Mitarbeiterzahl soll von 600 (250 davon in Wien) auf mehr als 1.000 steigen.
Wie schwierig ist es, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und sie zu integrieren?
Das ist eine sehr große Herausforderung. Je größer die Firma wird, desto schwieriger ist es. Software-Entwickler können mittlerweile von überall auf der Welt arbeiten. Alle Global Player suchen längst international. Wir konkurrieren hier mit den IT-Riesen Google, Apple und Co., die sich sehr viel Mühe bei der Rekrutierung geben. Da sind wir als GoStudent noch zu unbekannt.
Ihr Firmensitz ist Wien. Wird das auch so bleiben?
Ja, der Sitz wird in Wien bleiben.
Gibt es bereits Pläne für einen Börsengang. Wenn ja, wo?
Wir werden das in den nächsten drei bis fünf Jahren in Angriff nehmen. Welcher Börseplatz werden wir sehen.
Sie wollen auch durch Übernahmen wachsen. Welche Firmen sind da im Fokus?
Der Bildungssektor ist sehr groß und in jedem Land unterschiedlich. Da tummeln sich viele Player wie Bildungsinstitute oder Plattformbetreiber. Wir wollen unser Ökosystem erweitern.
Umgekehrt könnten Sie auch ein Übernahmeangebot eines großen IT- oder Bildungskonzerns erhalten, man erinnere sich an Runtastic. Wären Sie interessiert?
Nein, wir wollen selbst eine globale Schule aufbauen und denken nicht an einen Verkauf. Ich denke da eher an Red Bull, das von Österreich aus einen Global Player geformt hat.
Sehen Sie sich mit ihrer Nachhilfe-Plattform eigentlich als Profiteur eines schlechten Bildungssystems?
Nein, wir sehen uns eher als Innovator in der Bildung, wollen diese stärker demokratisieren und besser machen. Wir wollen aber gemeinsam mit dem traditionellen Schulsystem die Sachen vorantreiben.
Ihr Erfolg gibt der Start-up-Szene in Österreich Auftrieb. Wird es weitere Einhörner aus Österreich geben?
Davon bin ich überzeugt. Es gibt so viele talentierte Gründerteams hier, die hart arbeiten und ihr Herzblut in die Sache hineinstecken. Unser Erfolg soll sie anspornen. Man kann auch aus Österreich heraus ein Unternehmen aufbauen.
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