Energiekostenausgleich: Keiner will das Geld verteilen
Der von der Regierung angekündigte Energiekostenausgleich von 150 Euro pro Haushalt verzögert sich. Der Staat nimmt dafür 600 Millionen Euro in die Hand, es fehlt aber ein Konzept, wie das Geld verteilt werden soll.
Nach dem Willen der Regierung hätten die Stromversorger den Zuschuss direkt in die Rechnungsstellung einbeziehen sollen, doch die E-Wirtschaft winkte ab. Die Unternehmen wüssten nämlich nicht, wie viel ihre Kunden verdienen oder wie viele Personen in dem jeweiligen Haushalt wohnen. Das ist relevant, weil es für den Zuschuss eine Einkommensobergrenze gibt. Selbst wenn einzelne Versorger solche Daten gesammelt haben, hätten sie diese mit der Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung von 2016 (DSGVO) löschen müssen.
"Das sind ja durchaus heikle Daten, wo ich zum Beispiel über die Familiensituation etwas herauslesen kann", so Thomas Lohninger von der Grundrechtsplattform epicenter.works im Ö1 Morgenjournal. „Und würden jetzt die Energieversorger vom Staat diese Daten bekommen, nur um eine Förderung auszuzahlen, wäre das aus meiner Sicht ganz klar überschießend.“
Damit die Energieversorger die entsprechenden Daten vom Staat bekommen könnten, wäre laut dem Verfassungsjuristen Peter Bußjäger von der Universität Innsbruck ein entsprechendes Gesetz notwendig, eine Verordnung würde nicht reichen. Und „unter vier Wochen wird sich das nicht abspielen“.
Zwar müssen manche Haushalte keine Ökostrom-Förderkosten zahlen, um das in der Rechnung zu berücksichtigen, reicht den Energieversorgern aber die Information, dass der jeweilige Kunde von den Rundfunkgebühren (GIS) befreit ist. ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner kündigte eine "rechtlich sichere" und "abwickelbare" Lösung in den kommenden Tagen an.
Opposition sieht Versagen der Regierung
Die Opposition reagierte mit scharfer Kritik auf die Verzögerung: "Ein Heizkostenausgleich, der erst im Sommer ausgezahlt wird, ist eine Verhöhnung", meinte etwa SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch.
FPÖ-Chef Herbert Kickl sprach von einem "Betrug der Regierung an der Bevölkerung" und einem "reinen PR-Schmäh". Für die NEOS ist der der Kostenausgleich der "nächste Bauchfleck der Bundesregierung".
Kritik am Energiekostenausgleich
Grundlegendere Einwände hat der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) Gabriel Felbermayr. Er bezeichnete die Förderung als „Gießkannen-Verteilung“, denn sie käme auch Haushalten zugute, die sich die höheren Preise leisten können. Die Obergrenze ist mit der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage von monatlich 5.670 Euro brutto nämlich großzügig bemessen. Mehrpersonenhaushalte sollen sogar bis zur doppelten Höhe davon anspruchsberechtigt sein.
Auch das sozialliberale Momentum Institut bemängelt die soziale Treffsicherheit. Denn zusätzlich zum Energiekostenausgleich sollen Haushalte mit niedrigen Einkommen einen verdoppelten Teuerungsausgleich bekommen – maximal also 450 Euro. Anspruch darauf haben aber nur die Bezieher von Sozialhilfe, Ausgleichszulage oder Mindestpension. Etwa die Hälfte der von Energiearmut betroffenen Haushalte würden laut Momentum deswegen nicht ausreichend unterstützt.
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