„Der Klassiker ist der Nachtbus, wo der Lenker mit zwei Betrunkenen unterwegs ist oder im letzten Nahverkehrszug, wo die angesoffenen Discogeher meinen, sie müssen gegenüber dem Zugbegleiter ’lustig‘ sein“, schildert der vida-Chef. Das Problem sei, dass es einen Mangel an geschulten Eisenbahnaufsichtsorganen gibt, dazu zählen u. a. Zugbegleiter.
Die Tendenz zu weniger Personal im öffentlichen Verkehrsraum führe automatisch zu Übergriffen. Der Gewerkschafter fordert daher, dass die öffentliche Hand wieder für mehr Personal in Bahn und Bus sorgt. Ob ein Zug mit einem Zugbegleiter fährt oder nicht, bestimmt der Verkehrsverbund des jeweiligen Bundeslandes, und nicht das Eisenbahnunternehmen.
„Wenn zwei Zugbegleiter in einem Zug auftreten, ist die Wahrscheinlichkeit von Übergriffen geringer“, erklärt Hebenstreit. „Eine unserer Forderungen ist, dass jeder Übergriff auf Verkehrspersonal automatisch als schwere Körperverletzung gilt.“ Analog zur Polizei. Seit fünf Jahren gelten Übergriffe auf Lenker und Kontrollorgane des öffentlichen Verkehrs als Offizialdelikt. Die Strafdrohung beträgt bis zu zwei Jahre Haft. Das schrecke Täter anscheinend nicht ab.
„Unsere zentrale Forderung ist, dass wir dringend einen Gipfel von Verkehrsministerium, Justizministerium und Innenministerium brauchen“, sagt der vida-Chef. „Es kann nicht sein, dass es Jobs gibt, bei denen man um Leib und Leben fürchten muss.“
Als Folge nehme die Fluktuation zu, weil das Personal entnervt das Handtuch wirft. Vor allem Nachtbusfahrer seien darunter. Eines der größeren Probleme war aber die bundesweite Kontrolle der Maskenpflicht, die jetzt nur noch in Wien gilt. „Die Regierung hat Regeln gemacht, aber es kann nicht sein, dass man die Kontrollen auf das Personal im öffentlichen Verkehr abwälzt“, sagt Hebenstreit. „Seit das passiert, bekommen unsere Leute eine in die Fresse.“
Vor vier Jahren wurde etwa jeder neunte der rund 1.200 ÖBB-Zugbegleiter Opfer von Übergriffen durch Fahrgäste, schon damals mit steigender Tendenz. Auch bei den Wiener Linien sorgen vor allem Maskenverweigerer für Konfliktpotenzial. „Die aggressive Stimmung einzelner Fahrgäste bekommen unsere Mitarbeiter leider stark zu spüren. 2022 gab es bereits über 20 Vorfälle“, sagt eine Sprecherin. 154 Übergriffe auf Wiener Linien-Mitarbeiter wurden 2021 registriert. Rund ein Drittel der Übergriffe können auf das Maskenthema zurückgeführt werden. 2020 waren es 172 Übergriffe, davon ein Viertel der Übergriffe wegen der Maske. Betont wird: „Die Wiener Linien zeigen null Toleranz und bringen jeden Fall zur Anzeige.“
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