Geflügelschlachthof: Anzeige wegen Tierquälerei
Der Verein gegen Tierfabriken erhebt schwere Vorwürfe gegen einen steirischen Masthühnerschlachthof und veröffentlicht Videos aus dem Betrieb.
Darauf unter anderem zu sehen, wie Hühner von Arbeitern „brutal erschlagen und weggeworfen werfen“, wie es Kampagnenleiter David Richter vom Verein gegen Tierfabriken (VGT) formuliert.
Laut den Tierschützern gibt es Missstände an mehreren Stationen im Schlachtbetriebes. Unter anderem bei der Betäubung der Tiere durch Gas (CO2). „Die Aufnahmen zeigen, wie die Tiere nach Luft schnappen und panisch mit den Flügeln schlagen.
Am hundertprozentigen Betäubungserfolg ist zu zweifeln, da zahlreiche Tiere nach dem Aufhängen noch zappeln und wild mit den Flügeln schlagen, nachdem ihre Kehlen durchschnitten wurden“, schreiben die Tierschützer. Und haben Anzeige erstattet.
Der VGT nimmt den aktuellen Fall zum Anlass, eine neue Petition gegen Tierqual am Schlachthof zu starten. „Wir werden tierquälerische Praktiken und Kontrolldefizite ansprechen“, kündigt der VGT an.
Aus Sicht von Rewe-Boss Marcel Haraszti zeigen die veröffentlichten Bilder einmal mehr, dass es sich nicht um Einzelfälle, sondern um ein systemisches Problem handelt. „Die Branche darf darüber nicht länger hinwegsehen und wir müssen unsere Verpflichtung gegenüber Mensch und Tier geschlossen wahrnehmen“, sagt der Chef der größten Lebensmittelhandelskette des Landes (Billa, Billa Plus, Penny). „Die Verletzung des Tierschutzgesetzes und der Tierschutzverordnung ist kein Kavaliersdelikt. Mein Appell richtet sich an alle Verantwortlichen wieder mehr Wertschätzung den Tieren in allen Bereichen – von von der Mast, über den Transport bis hin zur Schlachtung – entgegen zu bringen.“
Pauschalverurteilungen
Die Branche wehrt sich freilich gegen Pauschalverurteilungen. Rund 700 Geflügelmastbetriebe (inklusive Bio-Höfen) gibt es in Österreich, geschätzte 90 Prozent der Tiere laufen unter dem AMA-Gütesiegel. Der Entzug des Siegels ist laut Branchenkennern mit dem Entzug der Geschäftsgrundlage gleichzusetzen.
„Die Handelsketten bestehen aufs Siegel. Ins Ausland oder in die Gastronomie kann man die Ware quasi nur verschenken, weil heimische Mäster aufgrund der Produktionsbedingungen bzw. hohen Tierschutzstandards nicht konkurrenzfähig sind“, verweist Michael Wurzer, Geschäftsführer der Zentralen Arbeitsgemeinschaft der Österreichischen Geflügelwirtschaft, auf Dumpingpreise am Weltmarkt.
In heimischen Hühnerställen würde eine Besatzdichte von 30 Kilo pro Quadratmeter gelten, in Italien eine von 42 Kilo. Sprich, die Produktionskosten sind in Österreich deutlich höher. Und die Branche wolle weiter upgraden. Aus seiner Sicht handelt es sich bei den vom VGT zuletzt und aktuell aufgedeckten Fällen um tragische Einzelfälle von Familienbetrieben. Diese würden aber ernst genommen werden.
„Es gibt gerade intensive Nachschulungen mit den Landwirten“, sagt er. „Wir verwehren uns aber gegen eine scheinheilige Debatte. Es kann nicht sein, dass Handel und Konsumenten von der Branche möglichst billige Produkte erwarten und gleichzeitig verleugnen, dass damit in vielen Bereichen entsprechend dimensionierte und optimierte Abläufe unumgänglich werden.“
Seit Dezember letzten Jahres würde der VGT eine „handwerklich durchaus professionelle“ Kampagne gegen die Geflügelbranche führen, die auf einer groß angelegten – und in vielerlei Hinsicht illegalen – Videoüberwachung mehrerer heimischer Betriebe im Herbst 2022 beruht. Wurzer meint, die Darstellung sei einseitig und die vom VGT verbreiteten Bilder „nicht repräsentativ für die Branche und auch nicht für die betreffenden Betriebe sind“, wie unter anderem seither erfolgte unabhängige Kontrollen gezeigt hätten.
Auch Karl Feichtinger vom Kärntner Geflügelschlachthof Wech weist den Vorwurf eines Systemversagens entschieden zurück. In seinem Schlachthof werden „täglich zwischen 60.000 und 80.000 Hühner geschlachtet – und zwar unter ständiger Anwesenheit eines amtlichen Tierarztes“, betont Feichtinger. Das ist auch per Gesetz so vorgeschrieben. „Dieser Arzt wird von der Behörde bestellt, ich kann mir also nicht aussuchen, wer in meinem Betrieb die Beschau macht“, betont Feichtinger.
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