Familie Halbartschlager hat 2017 einen AMA-zertifizierten Tierwohlstall in Niederösterreich gebaut. Ihre Schweine dürfen nach draußen, spielen im Stroh, haben keine kupierten Schwänze. „Für mich war klar, dass Vollspaltenböden keine Zukunft haben. Deswegen hab ich gleich einen Stall gebaut, den ich später nicht umbauen muss“, sagt Helmut Halbartschlager, dessen Betrieb 420 Mastplätze hat. Aber keinen einzigen Mitarbeiter. „Den könnten wir uns nicht leisten“, sagt der Bauer.
Das ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel in Österreich. Mit ein Grund, weshalb die Landwirtschaft in Österreich nach wie vor kleinstrukturiert ist. Halbartschlager: „Im Gegensatz zu großen deutschen oder spanischen Betrieben, deren Erfolg im Wesentlichen auf den billigen Arbeitskräften aus dem Ausland fußt.“
Viel Platz im Stroh-Stall klingt gut. Zumindest solange der Konsument bereit ist, für diese Standards höhere Preise zu bezahlen. „Genau das ist die Challenge“, weiß Martin Greßl, Leiter des AMA-Qualitätsmanagements.
Sein Ziel ist es, bis zum Jahr 2030 eine Million Schweine im Jahr zu vermarkten, die unter höchsten AMA-Tierwohlstandards gemästet wurden. Zur Orientierung: Derzeit steht man bei 150.000 Stück. Und die Rahmenbedingungen sind laut Branchenkennern alles andere als rosig. Die Inflation frisst die Haushaltsbudgets zusammen, was sich bereits in den Einkaufswägen widerspiegelt. Dort landet verstärkt, was billig ist. Und nicht, worauf Konsumenten laut Umfragen Wert legen – Regionalität, Qualität, Tierwohl. Davon kann auch Werner Habermann, Geschäftsführer von Gut Streitdorf, ein Lied singen. Seine Erzeugergemeinschaft vermarktet das Fleisch von rund 700.000 Schweinen im Jahr, davon wurden lediglich 6.700 unter den höchsten Tierwohlstandards gemästet. „Wir müssen die Themen Platz, Stroh und Auslauf besser zum Kunden transportieren“, sagt er selbstkritisch. Die Erfahrung zeige, dass es nicht reicht, Top-Ware in ein Selbstbedienungsregal zu legen und zu hoffen, dass sie jemand kauft. Der Kunde könne sich schlicht nicht erklären, wofür genau er mehr bezahlen soll.
So gesehen könnte die neue Tierwohlkampagne der Rewe-Gruppe einen Schub nach vorne bringen, hofft man in der Branche. Die Verkäuferinnen an den Billa- und Billa-Plus-Fleischtheken müssten aber entsprechend geschult werden. Derzeit laufen hinter den Kulissen die Verhandlungen über Abnahmeverträge. Habermann hofft, in der Startphase 350 Tierwohlschweine wöchentlich zu verkaufen. Und bald doppelt so viele.
Was das angeht, ist Manfred Bauer skeptisch. Sein Hof ist wenige Kilometer von dem der Halbartschlagers entfernt. Den Schweinestall (zugelassen für 600 Mastplätze) hat er ausgebaut und dabei auf Spaltenböden gesetzt. Schlicht, weil er sich nicht vorstellen kann, dass Bio- und Tierwohl-Initiativen jemals mehr als 20 Prozent des Marktes erreichen werden. Als Unternehmer müsse er kalkulieren und produzieren, was gekauft wird. Und das entscheidet nicht er, sondern der Konsument.
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