Fluch der Inflation: Die Zinsen steigen weiter
Albert Einstein sah einst im Zins das achte Weltwunder. Denn Zins und Zinseszins machen selbst aus Mini-Beträgen ein kleines Vermögen.
Jetzt ist alles anders: Obwohl die Zinsen auf dem Sparbuch steigen, wenn auch langsam, bleibt nach Abzug der Inflation nur ein großes Minus. Fachleute sprechen von „negativen Realzinsen“.
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Arme Menschen leiden unter der Teuerung ganz besonders. Sie haben nicht einmal Ersparnisse, die ihnen die Inflation wegfressen könnte. Stattdessen müssen sie steigende Kreditzinsen, Mieten und Lebensmittelpreise stemmen. Wer in so einer Phase auch noch den Job verliert, landet häufig bei der Schuldnerberatung.
Die US-Notenbank Fed und die EZB haben sich daher dem Kampf gegen die Teuerung verschrieben – und erhöhen die Zinsen weiter und weiter. Trotz aller Sorgen um die schwache Konjunktur oder den jüngsten Turbulenzen im Bankenbereich, denn die Inflation gilt als das größte Gift für Wirtschaft wie Verbraucherstimmung.
Am Mittwoch war die Fed dran. Sie hob den geldpolitischen Schlüsselsatz in der 10. Erhöhung seit ihrer Zinswende um einen Viertel Prozentpunkt auf die neue Spanne von 5,0 bis 5,25 Prozent an. Doch Fed-Chef Jerome Powell will den Fuß wieder vom Gas nehmen. So strichen die Währungshüter eine Passage aus ihrem Text, wonach eine gewisse zusätzliche geldpolitische Straffung angebracht sein könnte.
Heute, Donnerstag, folgt EZB-Präsidentin Christine Lagarde mit der vermutlich 7. Zinsanhebung seit Juli 2022 um ebenfalls 0,25 Prozentpunkte. Wenn im Sommer nochmals 0,25 Prozentpunkte auf dann 4,0 Prozent drauf kommen, entspricht das dem schnellsten Zinsanstieg binnen Jahresfrist in der Nachkriegszeit.
Was bedeutet das für die Kreditnehmer?
Zusammen mit den im vergangenen Sommer verschärften Kreditvergaberegeln haben die steigenden Zinsen die Kreditvergabe regelrecht einbrechen lassen. In Österreich haben überdurchschnittlich viele Menschen variabel verzinste Kredite.
Die monatliche Zinsbelastung hat sich innerhalb eines Jahres verdoppelt. Im Durchschnitt liegen die Kreditzinssätze schon bei rund vier Prozent.
Können Sparer vom Zinsanstieg profitieren?
Die Zinsen für täglich fällige Einlagen sowie gebundene Sparguthaben steigen, aber lange nicht so schnell wie die Kreditzinsen. Verbraucherschützer haben dieses Körberlgeld für die Banken zuletzt häufig kritisiert.
Aber auch wer aufgrund der Konkurrenz unter den Instituten demnächst vielleicht sogar drei Prozent Zinsen auf länger gebundenes Geld bekommen sollte, macht bei einer Inflation von sieben Prozent im Jahresdurchschnitt einen Verlust von vier Prozent. Vielleicht ist deshalb der Konsum nicht völlig eingebrochen, weil die Menschen ihr Geld lieber ausgeben, etwa für einen Urlaub, als ihr Guthaben auf der Bank dahin schmelzen zu sehen.
Wie wirkt der Zinsanstieg bei Banken?
Prinzipiell leben die Banken gut von den steigenden Zinsen. Der Zinsüberschuss (Differenz zwischen Kredit- und Sparzinsen) ist ja oft ihr wichtigste Ertragsbestandteil. Bei den gestrauchelten Banken wie der Silicon Valley Bank (SVB) in den USA wurde der Zinsanstieg aber zum Verhängnis.
Die SVB hatte in der Phase der Nullzinspolitik viel Geld in US-Staatsanleihen investiert. Mit der Zinswende verloren die Anleihen massiv an Wert, die SVB musste hohe Abschreibungen hinnehmen, aber ihren Kunden weiter hohe Zinsen bieten, damit diese nicht ihre Einlagen abziehen. Dieser Spagat ist sich nicht mehr ausgegangen.
Was entwickeln sich Euro und Gold?
Der Euro hat vom Zinsanstieg profitiert, weil Veranlagungen in der Eurozone jetzt mehr und mehr abwerfen. Im Herbst 2022 war der Euro unter die Parität zum Dollar gerutscht, mittlerweile notiert der Euro aber wieder bei 1,1030 zum Dollar – nahe des 52-Wochen-Hochs von Ende April. Auch Gold notiert mit 2.016 US-Dollar je Unze nur knapp unter dem Rekordstand von 2.075 Dollar. Negative Realzinsen gelten als ein wichtiges Kaufargument für Gold – eines von vielen.
Fakten
Die US-Notenbank Fed ist im Vorjahr mit dem ersten Zinsanstieg seit der Finanzkrise ab Ende 2008 vorgeprescht. Mittlerweile liegt der US-Leitzins in einer Spanne von 4,75 bis 5,0 Prozent. Die Inflation in den USA beträgt 5,0 Prozent.Die EZB ist nach viel Druck im Juli 2022 gefolgt und hat erstmals seit März 2016 den Leitzins angehoben. Er liegt mittlerweile bei 3,5 Prozent. 7,0Prozent betrug die Inflation im April in der Eurozone
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