Warum die Preise bei uns stärker steigen als in unseren Nachbarländern
Im Februar 2022 lag die Teuerung noch bei 5,8 Prozent, ein Jahr später sprechen wir schon von 11,0 Prozent, dem höchsten Wert seit 70 Jahren. Dass der Jänner mit 11,2 Prozent sogar noch leicht darüber lag, ist wenig Trost.
Österreichs Inflation liegt deutlich über dem Durchschnitt der Eurozone (8,5 Prozent) oder Ländern wie Deutschland (8,7 Prozent), Frankreich (7,2 Prozent) oder Spanien (6,1 Prozent). Außerdem frisst sich die Inflation längst wie ein Geschwür durch alle Lebensbereiche und betrifft eben nicht mehr nur Gas, Strom oder Fernwärme. Dazu kommt: Die bisherigen Versuche die Teuerung in den Griff zu bekommen, sei es seitens der Bundesregierung oder seitens der Europäischen Zentralbank, sind gescheitert.
Wie kommt aktuell die Inflation von 11,0 Prozent im Februar zustande?
Laut der Schnellschätzung der Statistik Austria (Details werden am 17. März veröffentlicht) ist das hohe Niveau unter anderem auf die Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln, Haushaltsenergie und Bewirtung zurückzuführen. Der Wert von 11,0 Prozent zeigt den durchschnittlichen Preisanstieg aller Waren und Dienstleistungen im Vergleich zum Februar 2022.
Haben die bisherigen Hilfspakete der Bundesregierung gar nichts gebracht?
Doch, die Milliarden aus dem Bundesbudget haben zusammen mit den Lohnabschlüssen zweifellos die Einkommen der Haushalte gestützt – also die Folgen des massiven Preisanstiegs abgefedert. Opposition und Gewerkschaft kritisieren seit Monaten, dass die Regierung damit vor allem teure Symptombekämpfung betreibt. Ausnahmen davon sind beispielsweise die Strompreisbremse oder das Aussetzen der Ökostrom-Förderung. Dennoch orten SPÖ, FPÖ und Neos weiterhin „völliges Versagen“ von Schwarz-Grün.
Weshalb ist die Inflation in anderen Ländern teils deutlich niedriger?
Fachleute aus unterschiedlichen Richtungen – Helene Schuberth (ÖGB), Josef Baumgartner (Wifo), Hanno Lorenz (Agenda Austria) sind sich einig: In anderen Ländern hätte die Politik nicht davor zurück geschreckt, stärker in den Markt und somit die Gewinnmöglichkeiten der Unternehmen einzugreifen. Die Palette der Maßnahmen reicht von Mehrwertsteuer-Senkungen bei Nahrungsmitteln, Subventionen für Gas zur Stromerzeugung bis hin zu Preisdeckeln etwa bei Treibstoffen. Dazu kommen Faktoren wie eine höhere Wettbewerbsintensität in Deutschland oder ein generell geringerer Heizbedarf im Winter in südlichen Ländern wie Spanien.
Gibt es Hinweise auf eine tatsächlich hausgemachte Inflation in Österreich?
Ja, die gibt es. Es ist nur de facto unmöglich, ihren Anteil an der Inflation exakt zu bemessen. Ein Beispiel vom Wifo-Experten Baumgartner: Steigen in Österreich und Deutschland die Preise in Restaurants und Hotels jeweils um zehn Prozent, so wirkt sich das in Österreich aufgrund der viel höheren Gewichtung im Warenkorb (vier Prozent in Deutschland, elf Prozent hierzulande) drei Mal so stark bei der Inflation aus. Oder: Der Dieselanteil beim Treibstoffverbrauch ist in Österreich deutlich höher als in Deutschland. Die Kombination aus den hohen Dieselpreisen (im Vorjahr über zwei Euro) und dem höheren Verbrauch schlägt ebenso negativ auf die Inflation durch.
Für Agenda-Ökonom Lorenz waren zudem die vielen Milliarden aus den Hilfspaketen der Regierung ein Teil des Problems: „Die Hilfen hätten zielgerichteter sein müssen. Dann wäre es möglich gewesen, bei geringerem Mitteleinsatz Bedürftige noch besser zu unterstützen. Das verschlingt nicht nur sehr viel Geld, es heizt auch die Inflation weiter an.“
Wie geht es in den kommenden Monaten weiter?
Beginnend in der ersten Jahreshälfte, aber vor allem in der zweiten Jahreshälfte sollten niedrigere Energie- und Treibstoffpreise im Vergleich zu 2022 ein Sinken der Inflationsrate bewirken. Im Vorjahr lag die Jahresinflation bei 8,6 Prozent, heuer werde sie zwischen 6,5 und 7,0 Prozent liegen, sagt Baumgartner.
Kommt jetzt die befürchtete Lohn-Preis-Spirale?
Zuerst sind die Preise gestiegen und dann die Löhne. Die Lohnverhandlungen beziehen sich immer auf die Preissteigerungen der vergangenen zwölf Monate. Wenn schon, dann müsste man von einer Preis-Lohn-Spirale sprechen. Den Betroffenen ist das freilich egal. Sie leiden unter den hohen Preisen, egal wer die Spirale in Gang gesetzt hat.
Warum leiden Geringverdiener besonders?
Sie benötigen einen wesentlich höheren Einkommensanteil für die Güter des alltäglichen Bedarfs und ausgerechnet die Preise für den täglichen und wöchentlichen Einkauf liegen weit über der allgemeinen Inflation. Der Handelsverband verweist auf eine Umfrage, wonach sich ein Fünftel der Konsumenten auf den Kauf lebensnotwendiger Güter beschränken muss.
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