Niederösterreicher sind mit Businessjets auf Wachstumskurs
Die F/List GmbH mit Sitz in Thomasberg (Bezirk Neunkirchen, NÖ) ist Innenausstatter von Businessjets, Yachten und Residenzen. Das Unternehmen zählt knapp 900 Mitarbeiter an acht Standorten. Seit 2009 ist Katharina List-Nagl Mitglied der Geschäftsführung. Der größte Kunde von F/List ist FACC. Das Unternehmen erwirtschaftete 2020 82 Millionen Euro Umsatz.
KURIER: Wie lief 2020 für F/List als Innenausstatter von etwa Businessjets?
Katharina List-Nagl: Wir haben im ersten Quartal einen mordsmäßigen Start hingelegt, dann waren wir für etwa 1,5 Monate im Krisenmodus. Unterm Strich hatten wir übers ganze Jahr 15 Prozent Umsatzrückgang.
Rechnen Sie damit, dass es spätestens 2022 Nachzieheffekte geben wird?
Das kann ich nicht fix sagen. Wir sind ja nicht in der kommerziellen Luftfahrt, sondern nur in der Business Aviation unterwegs. Wir glauben daran, dass der Bereich ein Profiteur der Pandemie sein kann. Wir rechnen aber nicht damit, dass es 2021 oder 2022 ein back to normal geben wird. Zurzeit ist der Gebrauchtflugzeugmarkt sehr gefragt. Da finden gerade viele Transaktionen und Erneuerungen statt. Wir sind ja auch im Aftermarket (Ersatzteile; Anm.) sehr aktiv. Hier sehen wir großes Potenzial.
Wie groß ist der Sektor Refurbishment aktuell, gemessen am Umsatz?
Aviation macht bei uns aktuell um die 60 bis 65 Millionen Euro aus, davon sind elf Millionen im Aftermarket.
Kurzarbeit haben Sie nicht in Anspruch genommen?
Doch. Wir waren seit Juni 2020 in der Kurzarbeit und haben sie mit März 2021 auslaufen lassen.
Wie funktioniert der Business-Aviation-Markt?
Gewinnen wir einen Auftrag für einen Flugzeugtyp, läuft der bis zu sieben Jahre, bis die Flugzeugkabine wieder ein Facelift bekommt.
Da liefert man gleich mal 400 Flugzeuge aus. Wenn man einen solchen Auftrag bekommt, muss man sich ziemlich rüsten, was Personal, Platz und die maschinelle Ausstattung angeht. Man ist verdammt zum Wachsen. Ein Zurück gibt es nicht. Denn: Man nimmt für einen Auftrag zum Beispiel 100 Mitarbeiter auf. Verliert man diesen Auftrag, musst man sie freisetzen. Das will niemand.
Sie haben vor Jahren gesagt, Sie sind aus jeder Krise – 2004 die eigene, 2009 die globale Finanz- und Wirtschaftskrise – gestärkt herausgegangen. Wird das auch diesmal so sein?
Definitiv. Aktuell sind bestehende Geschäftsfelder zwar schwierig. Aber es sind viele neue Möglichkeiten in der Pipeline.
Verraten Sie, was das sein wird?
Noch ist nichts unter Dach und Fach. Aber alles geht in Richtung strategische Kooperationen. Unser Wachstum war sehr kapitalintensiv, das muss alles wieder zurückverdient werden. Wir haben ja acht Standorte auf der ganzen Welt, wo wir Infrastruktur und Mitarbeiter benötigt haben.
Also keine neuen Standorte und Zukäufe?
Das eine schließt das andere ja nicht aus.
Haben Sie konkrete neue Standorte in der Pipeline?
Haben wir, ja. Anfang des Jahres haben wir ja einen Standort in Deutschland (eine Polsterei; Anm.), in Erfurt, übernommen. Wir halten die Augen offen.
Sie haben sich Ziele für 2035 gesetzt. Wo wollen Sie da sein?
Wir haben uns in den vergangenen zehn Jahren verzehnfacht. Ich habe mir die Frage gestellt, was passieren muss, damit wir uns in 12 bis 15 Jahren wieder verzehnfachen – auch wenn das nicht mein unmittelbares Ziel ist. Ich möchte als Unternehmen gesund und stabil sein und hätte gerne neue, skalierbare Geschäftsmöglichkeiten.
Was unterscheidet Sie von Mitbewerbern?
Nicht die tolle Qualität, denn die hat auch der Mitbewerber. Ich glaube, es ist unser Mindset und die Flexibilität. Und dass wir, wenn’s drauf ankommt, die Arschbacken zusammenkneifen. Unser Kunde Embraer hat kürzlich gesagt: „Wir haben wieder entdeckt: Ohne euch geht es nicht.“
Wie hoch sind Ihre Forschungsausgaben pro Jahr?
Viel zu niedrig. Wir haben jetzt eine Forschungsquote von etwa acht Prozent. Ich würde gern das Doppelte ausgeben. Das müssen wir aber nur erst auch verdienen.
Sie sind eine Frau in einer sehr männlich dominierten Branche. Was würden Sie jungen Frauen mit auf den Weg geben, die in dieser Branche Fuß fassen wollen?
Selbstbewusster zu sein und an sich zu glauben. Die Männer haben das von Natur aus. Die gehen wo rein und glauben, dass sie der Nabel der Welt sind. Frauen gehen wo rein und fragen: Wollt’s noch einen Kaffee?
Ist es schwer als Frau in dieser Branche, oder ist Ihnen dieses Thema nie begegnet?
Ich kann nur für mich persönlich sprechen: Ich würde den Job nicht machen, wäre ich der Sohn meines Vaters.
Warum?
Weil ich immer mit meinem Vater verglichen worden wäre. Eine Frau zu sein, hat da riesige Vorteile. Ich muss keine Erwartungen erfüllen.
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