Fernwärme ist effizient, bequem, vergleichsweise umweltschonend – und 2022 in vielen Fällen deutlich teurer geworden. Der größte Anbieter Wien Energie hat die Preise zum Beispiel knapp verdoppelt. Dass es heuer 20 Prozent Rabatt auf den Grundpreis gibt, ist da für Viele nur ein schwacher Trost. Denn während man bei Gas und Strom den Anbieter wechseln kann, sind Fernwärmekundinnen und -kunden ihrem Anbieter mehr oder weniger ausgeliefert.
Warum ist die Fernwärme, etwa in Wien, so teuer geworden?
Wien Energie argumentiert, dass das Unternehmen langfristig, und nicht am Tagesmarkt, Gas einkauft, also auch in den Monaten des Jahres 2022, als der Gaspreis hoch war – es wusste ja niemand, wie sich der Preis am europäischen Markt weiter entwickelt. Diese Preisspitzen wurden den Kunden zwar nicht weitergegeben, insgesamt müssen die hohen Kosten aber gedeckt werden.
Woran entzündet sich die Kritik?
Die meisten Energiekonzerne haben die Preise angehoben und hohe Gewinne erwirtschaftet. Bei Wien Energie waren es 2022 zum Beispiel 386 Millionen Euro.
Warum können Fernwärme-Kunden den Anbieter nicht wechseln?
Anders als bei Strom und Gas gibt es bei der Fernwärme keine Trennung von Netz- und Energie-Leistung. Es gibt keine alternativen Anbieter, die in das jeweilige Fernwärmenetz einspeisen können.
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Wie funktioniert das System?Fernwärmeanbieter betreiben Kraftwerke, die sowohl Strom als auch Wärme produzieren (Kraft-Wärme-Kopplung, kurz KWK). Der Strom wird ins Stromnetz eingespeist, mit der Wärme wird Wasser erhitzt. Dieses wird in isolierten Rohren zu den Abnehmern gepumpt, wo es die Energie über Wärmetauscher an die Verbraucher abgibt. Wenn etwa Industriebetriebe in das Fernwärmenetz einspeisen, geschieht das unter Kontrolle der Netzbetreiber.
Wie viel Gas steckt in der Fernwärme?Darauf gibt es keine allgemeine Antwort, denn österreichweit gibt es etwa 400 Fernwärmeanbieter. Ein oft zitiertes Beispiel ist die Fernwärme der Wien-Energie. Diese schließt zwar die Müllverbrennung mit ein, gut 60 Prozent der Heizleistung werden aber durch das Verbrennen von Erdgas erzielt. Es gibt aber zum Beispiel auch Fern- und Nahwärmesysteme, in denen zu 100 Prozent mit Biomasse geheizt wird. Die Fernwärme Graz wurde bis 2020 aus dem Kohlekraftwerk Mellach befeuert.
Wie kommen die Preise zustande?
Die Kostenstrukturen und auch die Beschaffungsstrategien der verschiedenen Anbieter sind unterschiedlich. Insofern ist es wenig verwunderlich, wenn sich Fernwärmepreise relativ stark unterscheiden. Als Monopolisten haben die Unternehmen zudem keinen Preisdruck durch Wettbewerb. Insofern ist fraglich, ob ihre Preise gerechtfertigt sind. Diese Intransparenz „bereitet große Probleme“, befand zuletzt etwa E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch.
...und wer kontrolliert das?
In vielen Fällen sind die Anbieter im öffentlichen Eigentum. Gleichzeitig Besitzer und Kontrollor zu sein ist aber ein Interessenskonflikt. Nach dem Willen der türkis-grünen Regierung hätte die E-Control, die bereits den Markt für Gas und Strom beaufsichtigt, diese Kontrollfunktion übernehmen sollen. Das scheiterte allerdings am Widerstand der SPÖ (der KURIER berichtete).
Wie sieht es mit der Preistransparenz bei der Fernwärme aus?
Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz legte erstmals Regeln für die Preistransparenz fest. Im Gesetz wurde auf Verlangen der SPÖ geregelt, dass die E-Control diese Aufgabe nicht übernehmen darf und das Klimaschutzministerium ein Transparenzdatenbank einrichten muss. „In Folge war es erforderlich, eine europaweite Ausschreibung vorzunehmen. Aufgrund der damit einhergehenden Vorlaufzeiten und einzuhaltender Fristen hat das einige Monate in Anspruch genommen“, heißt es dazu aus dem Klimaministerium. Die Ergebnisse würden in den kommenden Wochen vorliegen. Dem Vernehmen nach hat die Österreichische Energieagentur (AEA) die Ausschreibung gewonnen. Die Daten sollen schon bald veröffentlicht werden.
Was bringt ein Überblick über die unterschiedlichen Fernwärmetarife?
Die Datenbank ist ein Schritt, um Transparenz zu schaffen. Sowohl Konsumentinnen und Konsumenten als auch die Politik hat damit eine Argumentationsbasis gegenüber den Unternehmen. Anbieter wechseln kann man deswegen aber noch immer nicht.
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