Ex-Hypo-Chefs in Bedrängnis

epa01016079 Chairman of the Executive board of Austrian regional bank Hypo Alpe Adria Wolfgang Kulterer (L)) and designated Hypo CEO Tilo Berlin (R) attend a press conference in Klagenfurt, Austria, 22 May 2007. Bavariaës BayernLB bank finalized the takeover of regional bank Hypo Alpe Adria on 21 May 2007, after the deal had been approved by the provincial government only late 21 May 2007. EPA/GERT EGGENBERGER unbegrenzt verfuegbar
Boni für Promi-Aktionäre fallen jetzt Kulterer & Co.auf den Kopf.

Die Anklage wegen des Hypo-Vorzugsaktien-Deals II ist mittlerweile den fünf Beschuldigten, Josef Kircher, Wolfgang Kulterer, Siegfried Grigg, Tilo Berlin und der Flick Privatstiftung, zugestellt worden. Das 193 Seiten starke Werk von Staatsanwalt Robert Riffel ist brisanter als erwartet. Denn: Sie werden nicht nur verdächtigt, bei den Verkäufen von Vorzugsaktien (2006 bis 2008) die Hypo Bank geschädigt zu haben, indem sie den Investoren eine Rückkaufgarantie gewährten. Es wird vor allem Kircher, Berlin und auch Kulterer vorgeworfen, eine „Bonifikation“ in Form einer Sonderdividende von 1,25 Prozent bzw. 2,5 Millionen Euro für das Jahr 2007 an die Promi-Aktionäre beschlossen und gezahlt zu haben.

„Durch diese pflichtwidrige Ausschüttung kam es zu einer Vermögensverringerung bei der Hypo“, heißt es in der Anklage. Die Vorzugsdividende war laut Anklage mit 6 bzw. 6,25 Prozent beschränkt, ein Bonus nicht vorgesehen. Das Argument, man habe nur „Kundenpflege“ betrieben, lässt Riffel nicht gelten. Er spricht von „einem Geschenk nahekommenden Vermögenstransfer ohne Gegenleistung“. Doch dieser Bonus machte das Investment für die Flick Privatstiftung, die Moser Beteiligungen GmbH, die Köck Privatstiftung, Kika und Unaxis „höchst attraktiv“. Dabei hatten sie bei dem Investment kein Haftungsrisiko, wie ein normaler Vorzugsaktionär zu tragen. Denn die Hypo-Vorstände gaben ihnen die schriftliche Garantie, dass sie die Aktien zurückkaufen – was 2008 geschah. „Banker in der Position und mit der Berufserfahrung von Kulterer, Kircher, Grigg und Berlin wissen, dass sie keine Rechtsgeschäfte machen dürfen, die gegen die Eigenmittelvorschriften nach dem Bankwesengesetz verstoßen“, behauptet Riffel. Und dass die Hypo eine Leistung erbrachte, ohne eine „wertadäquate Gegenleistung zu erhalten“, wirft er ihnen auch vor.

Vermutlicher Schaden

Laut Anklage soll Kircher acht Millionen Euro Schaden zulasten der Hypo-Gruppe verursacht haben, Kulterer 5,81 Millionen Euro, Tilo Berlin 2,573 Millionen Euro und Siegfried Grigg 895.000 Euro. Die Flick Privatstiftung, die 1,072 Millionen Euro lukrierte, muss sich für die mutmaßlichen „Straftaten ihres Ex-Vorstands Kulterers verantworten“.

Zur Erklärung: Kulterer hatte als Hypo-Aufsichtsrat eine Doppelrolle. Alle Verdächtigen weisen die Anschuldigungen zurück. „Mein Mandant bestreitet die Vorwürfe“, sagt Ferdinand Lanker, Verteidiger von Kulterer. „Wir prüfen, ob wir einen Einspruch gegen die Anklage erheben werden.“ „Herr Grigg hat stets bestritten, dass ihm ein strafrechtlich relevantes Verhalten anzulasten ist“, kontert dessen Verteidiger Christoph Herbst. „Er wird im Gerichtsverfahren alles unternehmen, um seine Unschuld zu beweisen.“ Kirchers Anwalt Martin Stärker will erst nach genauem Aktenstudium eine Stellungnahme abgeben. Berlins Verteidiger Wolfgang Brandstetter konnte sich aufgrund eines Auslandsaufenthalts noch kein Bild machen: „Grundsätzlich werden die Vorwürfe aber bestritten.“

Hypo-Skandal: Investoren mit Vorzug
Um „Eigenkapital“ zu generieren verkaufte die Hypo Bank ’06/07 Vorzugsaktien (200 Mio. Euro) an Investoren. Da das Interesse schwächelte, packten die Banker bei einigen Investoren (116,1 Millionen Euro) Rückkauf- Garantien dazu. Aus dringend notwendigem Eigenkapital soll somit nur Liquidität geworden sein. Die Ex-Hypo-Banker werden der Untreue und der Bilanzfälschung verdächtigt.

Die Republik Österreich muss am Donnerstag, 13. Dezember, zwei weitreichende Beschlüsse fassen: In der Hauptversammlung der Ende 2009 notverstaatlichten Hypo steht die Anfechtung des vor drei Jahren mit den Bayern abgeschlossenen Kaufvertrags zur Diskussion.

Die Republik will Irrtum bei der Hypo-Übernahme geltend machen. Die Bayern hätten Österreich getäuscht, weil sie die wahren Risiken, die in der Bank schlummerten und deren Finanzen nicht offen gelegt hätten. Der 13. Dezember ist die letzte Chance für Österreich, diesen Irrtum geltend zu machen. Denn am 14. Dezember läuft die Verjährungsfrist von drei Jahren ab. Irrtum ist aber auch die einzige Möglichkeit, gegen die Bayern vorzugehen.
Im nur zwölfseitigen Hypo-Übernahmevertrag vom Dezember 2009 hat die Republik nämlich auf sämtliche Gewährleistungs- und Garantieansprüche gegenüber den Bayern verzichtet. Mit der Anfechtung des Kaufvertrags will Österreich zwar keine Rückabwicklung des Kaufs, aber eine sogenannte „Besserung“ – sprich: Geld von den Bayern.

Auf Geld von den Bayern hofft Österreich auch im zweiten wichtigen Beschluss, der am Donnerstag fallen könnte: Die rund drei Milliarden Euro, die die Bayern der Hypo als Darlehen zur Verfügung gestellt haben, will die Republik als Eigenkapital der Bank werten. Damit müsste es nicht zurück bezahlt werden und die Hypo könnte die Zinszahlungen einstellen.

Österreich hat sich in dieser Frage mit Gutachten abgesichert. Diese geben allerdings keine eindeutige Antwort auf die Frage, ob die Bayern-Milliarden nun tatsächlich Bank-Kapital sind. Das Prozess-Risiko der Republik ist damit enorm hoch.

„Ich rechne klar mit einer Klage, weil das Geldkarussell, das die BayernLB gegenüber den Kärntner Hypo-Verkäufern geltend macht, im Gegenzug auch Österreich gegen die BayernLB geltend machen kann“, sagt Eike Hallitzy, bayerischer Grüner und Mitglied der Landesbanken-Kommission. „Neue Dokumente belegen, dass die BayernLB schon 2008 von den Machenschaften wissen musste.“
 

Mit der Anklage gegen die Ex-Hypo-Chefs arbeitet die Justiz so, wie man es von ihr erwarten darf: Sie geht auch gegen Promis vor, die sich bisher durch ihr Netzwerk in Wirtschaft und Politik gut geschützt fühlten. Ihre Hoffnung war, dass der Hypo-Skandal mit der Verurteilung der Ex-Chefs Kulterer und Striedinger erledigt sei. Tatsächlich sind bis heute einige mächtige Mitwisser und Mittäter verschont geblieben. Will Österreich aber wirklich aus dem Korruptionssumpf herauskommen, braucht es eine Justiz, die sich weder vom Machtgeflecht aus Politik und Wirtschaft einschüchtern lässt noch darauf wartet, dass Medien Druck machen.

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