Neben der Forschung arbeitet NXAI auch an der Entwicklung von Produkten. „Wir wollen nicht nur forschen, sondern die Technologie auch in die Wirtschaft bringen“, sagt NXAI-Geschäftsführer Albert Ortig. Er zählt mit seinem Unternehmen Netural X neben Hochreiter und der Pierer Digital Holding des Industriellen Stefan Pierer auch zu den Gesellschaftern des Start-ups.
Anwendungen sieht Ortig viele - unter anderem in der Industrieautomation, beim Programmieren, aber auch in der Materialforschung und in der Medizin. Man konzentriere sich auf Bereiche, von denen man glaube, dass der Technologievorsprung einen Mehrwert für das Produkt bringen kann, sagt er.
Damit reiht sich das Start-up in eine Reihe europäischer Unternehmen, etwa Aleph Alpha aus Deutschland oder Mistral AI aus Frankreich, die ebenfalls vielversprechende Modelle am Start haben und bereits hohe Summen von Investoren lukriert haben.
„Verbündete“
Ortig sieht sie nicht als Konkurrenten, sondern als Verbündete. Um der Übermacht der US-amerikanischen und chinesischen Unternehmen in dem Bereich etwas entgegenzusetzen. „Wir werden aber mehr als zwei oder drei Unternehmen brauchen, um die Anforderungen zu lösen, die wir in der Wirtschaft haben“, so der NXAI-Geschäftsführer. Über eine gute Technologie zu verfügen, bringe auch geopolitisch Vorteile.
Ein neues ChatGPT zu bauen, hat man bei NXAI nicht vor. „3 Jahre Vorsprung und viele Milliarden sind kurzfristig gute Argumente dagegen“, sagt Ortig. Bei der Forschung ziele man darauf ab, die Basistechnologie zu verbessern. Die Grundlage könne für viele Anwendungen – darunter bestehende Sprachmodelle – auch von anderen Unternehmen genutzt werden.
Wie viel Geld die Gesellschafter bisher in das Unternehmen gesteckt haben, will man bei NXAI nicht verraten. Die Rede ist von einer „hohen Summe im Millionenbereich.“ Marktbeobachter schätzen, dass sie zwischen 15 und 30 Millionen Euro betragen dürfte.
In zwei bis drei Monaten will man den Nachweis erbracht haben, dass die Technologie tatsächlich hält, was sie verspricht. Dann soll die „nächste große Stufe“ gezündet werden. Der Investitionsbedarf dafür liege bei Hunderten Millionen Euro, sagt Ortig: „Die Infrastruktur, um Anwendungen unabhängig betreiben zu können, braucht sehr viel Kapital.“
Unternehmen, die an solchen KI-Modellen arbeiten, seien eher mit klassischen Industriebetrieben als mit Software-Start-ups zu vergleichen, sagt Clemens Wasner, Vorsitzender des Thinktanks AI Austria. Die nötige Infrastruktur aufzubauen, könne man durchaus mit der Errichtung eines Werks vergleichen. Gerade in Europa sei es aber schwierig, Finanzierungen in der dazu nötigen Größenordnung zu erhalten: „Man kriegt vielleicht 20 Millionen, dreistellige Millionensummen schaffen nur wenige.“
„Wir können den Vorsprung der USA und China nicht in einem Jahr aufholen. Wir sind sowohl bei der Infrastruktur als auch bei Investments drei Jahre hinterher“, meint Ortig. Das ergebe auch einen Rückstand in der Marktperspektive. NXAI könne dies mit der Technologie und Forschung allerdings mittelfristig kompensieren.
Vorbild Arm
Wasner sieht für europäische KI-Unternehmen dennoch Chancen und verweist auf die Technologiegeschichte. Auch der Chipdesigner Arm sei Jahre nach Intel gestartet, habe aber mit der Konzentration auf mobile Geräte und Anwendungen den Konkurrenten alt aussehen lassen. Die Frage sei, wo man besser ist und welche Nische man findet.
Für junge Unternehmen sei es in Europa aber generell schwieriger, sich durchzusetzen. „In den USA hat man Investoren, die bereit sind, sich gegen den Status quo zu stellen. Das sehe ich in Europa nicht.“
Strenge Regeln
Mit dem AI Act hat sich die EU im Dezember auf die weltweit erste tatsächliche Regulierung der Technologie geeinigt. Welche Auswirkungen hat das Regelwerk für junge Firmen? Die Regulierung mache es für bestehende Unternehmen einfacher, die Technologie einzusetzen, weil sie Rechtssicherheit haben, sagt Wasner. Für die ohnehin unterfinanzierten Start-ups sei sie hingegen schlecht, weil höhere Kosten für die Erstellung von Lösungen anfallen. Mit der EU-Regulierung werde das falsche Problem zur falschen Zeit gelöst: „Jetzt müsste man eigentlich Geld in die Hand nehmen, damit eine neue Generation von Firmen entsteht.“
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