Elektroindustrie warnt vor Verlagerungen ins Ausland

FEEI Jahrespressekonferenz
Fachverbandschef Wolfgang Hesoun will bei den KV-Verhandlungen Einmalzahlungen für Arbeitnehmer attraktiver machen.

Die Stimmung in der Elektro- und Elektronikindustrie trübt sich ein. Nach einem kräftigen Umsatz- und Beschäftigungsplus im Vorjahr machen der Branche  gestiegene Lohn- und Gehaltskosten, hohe Energiepreise, Auftragsrückgänge, aber auch der Fachkräftemangel zu schaffen. Die Gefahr bestehe, dass viele Betriebe überlegen, Investitionen ins Ausland zu verlagern, sagte Wolfgang Hesoun, Obmann des Fachverbandes der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI), am Dienstag bei der Jahrespressekonferenz des Verbandes.

Bei einem vom FEII im August unter den rund 300 Unternehmen erhobenen Stimmungsbarometer gaben rund die Hälfte der Firmen an, im nächsten Jahr Personal abbauen und die Investitionen im Inland zurückfahren zu wollen. Mittel- und langfristig denken mehr als 40 Prozent der Betriebe darüber nach, die Produktion ins Ausland zu verlagern. 

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Vorschlag für Einmalzahlungen

Der Wirtschaftsstandort verliere zunehmend an Attraktivität, meinte der ehemalige Siemens-Chef auch mit Blick auf die kommenden Kollektivvertragsverhandlungen. Anders als die für viele Branchen maßgeblichen Metaller, die demnächst beginnen, verhandelt die Elektroindustrie erst im März. Die Erhöhung von 9,9 Prozent aus dem heurigen Frühjahr liegt der Branche aber noch im Magen. Ein ähnlich hoher Abschluss bei den kommenden Kollektivvertragsverhandlungen würde viele Unternehmen unter Druck setzen.

Hesoun schlägt vor, Einmalzahlungen auch aus Arbeitnehmersicht attraktiv zu machen. Die werden von den Gewerkschaften abgelehnt, auch weil die KV-Erhöhungen des Folgejahres wieder auf den niedrigen Gehalt ohne Einmalzahlung aufsetzen. Der verringerten Absprungbasis könne etwa durch das Einbeziehen der Einmalzahlung in den existierenden KV gelöst werden. Auch den zweiten großen Nachteil von Einmalzahlungen, die geringeren Abgaben für die Sozialversicherung und daraus resultierend geringere Pensionen hält Hesoun für lösbar. Notwendig seien gesetzliche Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, die Kaufkraft der Arbeitnehmer auch bei geringeren KV-Abschlüssen zu erhalten.

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Europaweites Versagen bei Energiepreisen

Bei den Energiepreisen sieht Hesoun ein europaweites Versagen. Man habe in einer Situation, in der der Markt nicht mehr funktioniert und zu überhöhten Preisen geführt habe, die Marktmechanismen einfach gewähren lassen. "Man muss in die Märkte eingreifen und nicht zuschauen und sagen, es ist halt so." Durch den hohen Anteil der Stromproduktion aus Gas hätten sich die Preisanstiege überproportional auf Österreich ausgewirkt. Reaktionen seien aber auch hierzulande ausgeblieben, sagte Hesoun: "Gas für die Energieerzeugung zu subventionieren wäre auch nicht teurer gewesen, als 500 Euro an alle zu verteilen."

Fachkräftemangel

Sorgen bereiten der Branche auch der Fachkräftemangel. FEEI-Geschäftsführerin Marion Mitsch forderte unter anderem mehr Ausbildungsplätze in technischen Bereichen sowie mehr Kinderbetreuungsplätze. Es müsse auch versucht werden, die Leute länger im Arbeitsprozess zu halten. "Nur mit qualifiziertem Zuzug werden wir das Problem nicht bewältigen", sagte Mitsch.

Thema bei vielen Unternehmen in der Branche sind auch Automatisierung und Digitalisierung. Ein Viertel der Firmen will ihre diesbezüglichen Investitionen erhöhen. "Je mehr wir kostenmäßig am Standort belastet sind, desto höher wird die Notwendigkeit, das durch Produktivitätsgewinne zu kompensieren", sagte Hesoun.

Wachstum im Vorjahr

Im vergangenen Jahr ist die Elektro- und Elektronikindustrie noch stark gewachsen. Die Auftragseingänge legten um fast 17 Prozent zu, die Umsätze um 18,8 Prozent. Im Vergleich zu 2021 wuchs die Zahl der Beschäftigten um 4,7 Prozent auf knapp 72.000. Hesoun führt das auch auf Effekte aus der Nach-Corona-Aufholphase zurück. Die Exportquote habe mehr als 84 Prozent betragen, mehr als 22 Milliarden Euro wurden im Ausland erwirtschaftet. Stärkster Partner war mit einem Anteil von 29,6 Prozent Deutschland, das zuletzt in die Rezension rutschte. Hesoun: "Das könnte auch für Österreich eine Herausforderung werden."

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