Credit Suisse: Eine Bank mit bewegter Geschichte

Credit Suisse: Eine Bank mit bewegter Geschichte
Viele Vorfälle und Skandale ließen das Vertrauen in die Bank schwinden. Die 167-jährige Firmengeschichte der Credit Suisse.

Die krisengeplagte Schweizer Großbank Credit Suisse kommt nicht zur Ruhe. Sorgen rund um die Pleite der kalifornischen Silicon Valley Bank ließen die Aktien der Schweizer Großbank in der Spitze um mehr als 30 Prozent auf ein Rekordtief von 1,55 Euro abstürzen. Das löste bei Analysten auch Fragen aus, wie es mit der Credit Suisse weitergeht. Es folgt ein Überblick über die 167-jährige Firmengeschichte der Bank.

1856
Der Politiker und Geschäftsmann Alfred Escher gründet die Schweizerische Kreditanstalt (SKA), um den Ausbau des Eisenbahnnetzes zu finanzieren und die Industrialisierung der Schweiz zu fördern.

1870
Die SKA eröffnet ihre erste Auslandsvertretung in New York.

1876
Die Bank bezieht ihren neuen Hauptsitz am Zürcher Paradeplatz; ihre erste Filiale außerhalb von Zürich eröffnet sie fast drei Jahrzehnte später in Basel.

1939
Die SKA gründet die Swiss American Corporation in New York.

1964
Die SKA erhält eine Lizenz als Vollbank in New York.

1977
Der als Chiasso-Affäre bekannt gewordene Geldwäscheskandal führt zu einem historischen Verlust und beschleunigt den Übergang der Bank zu einer internationalen Finanzgruppe.

1978
SKA und die US-Investmentbank First Boston starten eine Kooperation, um auf dem Londoner Anleihemarkt tätig zu werden.

1982
Die CS Holding wird als Schwestergesellschaft der SKA gegründet, um Beteiligungen an Industrieunternehmen zu halten.

1988
Die CS Holding erwirbt im Rahmen einer Rettungsaktion eine 45-prozentige Beteiligung an der US-Investmentbank First Boston und benennt sie in CS First Boston um.

1989
Die SKA wird als Tochtergesellschaft in die CS Holding integriert.

1990
Die Gruppe übernimmt die Mehrheit an CS First Boston und kauft die Schweizer Privatbank Bank Leu.

1993
Die Gruppe übernimmt die Volksbank, die viertgrößte Bank der Schweiz, ein Jahr darauf wird die Neue Aargauer Bank gekauft.

1997
Im Zuge einer Umstrukturierung wird die CS Holding in die Credit Suisse Group umgewandelt und der Name SKA gestrichen; mit dem Versicherer Winterthur wird zudem ein strategischer Partner übernommen.

1999
Die Gruppe kauft das Vermögensverwaltungsgeschäft von Warburg, Pincus & Co. und ein Jahr später das Wall Street-Unternehmen Donaldson, Lufkin & Jenrette.

2002
Durch eine Reorganisation entstehen zwei Einheiten: Die Credit Suisse Financial Services und die Credit Suisse First Boston; zwei Jahre später werden daraus durch die Hinzunahme von Winterthur drei Einheiten.

2005
Credit Suisse und CSFB fusionieren, der Markenname Credit Suisse First Boston wird nicht mehr verwendet.

2006
Die Gruppe verkauft Winterthur an den französischen Versicherer AXA.

2007/2008
Im Gegensatz zum Konkurrenten UBS übersteht die Bank die globale Finanzkrise ohne staatliche Unterstützung.

Die letzte 10 Jahre

2013
Die Gruppe kauft das Vermögensverwaltungsgeschäft von Morgan Stanley in Europa, dem Nahen Osten und Afrika.

2014
Die Crédit Suisse einigt sich im Steuerstreit mit den USA mit dem US-Justizdepartement. Die Großbank bekennt sich schuldig, US-Amerikanern bei der Steuerhinterziehung geholfen zu haben und akzeptiert eine Buße von 2,6 Milliarden Dollar. Im zweiten Quartal 2014 erlitt die Bank daraufhin wegen einer Belastung durch den Vergleich von 1,6 Milliarden Franken einen Verlust von 700 Millionen Franken.

2015
Konzernchef Brady Dougan tritt nach acht Jahren als CEO und 25 Jahren insgesamt bei der Crédit Suisse zurück. Der US-Investmentbanker galt lange als fast unantastbar, weil die Bank unter seiner Führung besser durch die Finanzkrise gekommen war als andere Großbanken. Später geriet er aber u. a. wegen seinen exorbitant hohen Entschädigungen in die Kritik. Neuer Chef wird Tidjane Thiam, der vom britischen Versicherer Prudential kommt. Er strukturierte die Gruppe in drei Vermögensverwaltungsabteilungen um, die von zwei Investmentbanking-Abteilungen unterstützt werden.

Im vierten Quartal 2015 macht die Credit Suisse vor allem wegen eines riesigen Abschreibers auf Altlasten und Sonderfaktoren einen Reinverlust von 5,83 Milliarden Franken. Wegen des wenig erfolgreichen Kaufs der US-Bank Donaldson, Lufkin & Jenrette (DLJ) im Jahre 2000 musste der Goodwill im Investment Banking um 3,8 Milliarden wertberichtigt werden.

2016
Die Crédit Suisse einigt sich im Hypothekenstreit mit den USA auf einen Vergleich. Im Zusammenhang mit dem früheren Geschäft mit faulen Hypothekenpapieren verpflichtet sich die Bank zu einer Buße in Höhe von 2,48 Milliarden Dollar (2,35 Mrd. Euro) und Entschädigungen an Kreditnehmer über einen Zeitraum von fünf Jahren von 2,8 Milliarden. Im vierten Quartal 2016 erleidet die CS daher einen Verlust von 2,35 Milliarden Franken.

2020
Konzernchef Tidjane Thiam tritt wegen der Beschattung von mehreren Topmanagern durch die Bank zurück. Er betont, dass er nichts von den Beschattungen gewusst habe, deren Bekanntwerden seit dem Herbst 2019 für große Aufregung gesorgt hatten. Nachfolger als CEO wird Schweiz-Chef Thomas Gottstein.

2021
Crédit Suisse setzt den Handel mit sogenannten Supply Chain Finance Funds (SCFF) aus, welche die CS mit der insolventen Greensill Capital erstellt hat. Die Aufarbeitung läuft noch: Den Investoren wurden bis heute im Zuge der Abwicklung der Lieferkettenfonds 6,8 Milliarden der Fondsvermögen von ursprünglich rund 10 Milliarden US-Dollar zurückerstattet.

Verwaltungsratschef Antonio Horta-Osorio nimmt weniger als neun Monate nach Antritt seinen Hut, nachdem er gegen Corona-Quarantänevorschriften verstoßen hatte. Alex Lehmann wird sein Nachfolger.

2022
Die Bank kündigt eine Restrukturierung und eine Kapitalerhöhung über 4 Milliarden Franken an. Die verlustträchtige Investment Bank soll verkleinert werden, zudem werden in den kommenden Jahren Tausende von Stellen abgebaut. Als neue Investorin holt die Crédit Suisse die Saudi National Bank an Bord.

Juli: Ulrich Körner wird neuer Chef der Großbank. Mit der Bekanntgabe eines Milliardenverlusts im zweiten Quartal 2022 gibt Thomas Gottstein seinen Rücktritt bekannt. Körner war zuvor CEO des Asset Managements bei der CS. Erst im April 2021 kam er von der UBS, wo er elf Jahre lang Mitglied der Konzernleitung war, davon sechs Jahre ebenfalls als Leiter des Asset Managements.

April: Axel Lehmann wird zum Nachfolger von António Horta-Osório als Verwaltungsratspräsident gewählt. Der heutige CS-Präsident war von 2015 bis Jänner 2021 in der UBS-Konzernleitung tätig, zunächst als Chief Operating Officer und danach als Leiter des Schweiz-Geschäfts.

Februar: Ein internationales Recherche-Netzwerk (unter anderem "Süddeutsche Zeitung", "Guardian", "Le Monde", "New York Times") veröffentlicht die "Suisse Secrets". Die "Enthüllungen" werfen der CS vor, über Jahre Autokraten, Drogendealer sowie mutmaßliche Kriegsverbrecher und Menschenhändler als Kunden akzeptiert zu haben.

Februar: Die Bank muss für das vierte Quartal 2021 eine milliardenschwere Wertberichtigung für eine vor mehr als 20 Jahren gekaufte US-Investmentbank vornehmen. Der Verlust summiert sich für das Gesamtjahr 2021 auf 1,6 Milliarden Franken.

Jänner: Verwaltungsratspräsident Horta-Osório tritt wegen Verstößen gegen Quarantäne-Auflagen zur Eindämmung des Coronavirus zurück. Der Portugiese war erst im April 2021 als Nachfolger von Urs Rohner angetreten. Dieser wiederum hatte den Posten nach der maximalen Amtszeit von zehn Jahren abgegeben.

Im ersten Quartal 2021 belastet der Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos das Ergebnis der Großbank mit 4,4 Milliarden Franken, im zweiten Quartal kommen nochmals 0,6 Milliarden dazu. Der hoch verschuldete US-Hedgefonds war Ende März seinen Verpflichtungen gegenüber der CS und weiteren Banken nicht mehr nachgekommen. Von allen beteiligten Finanzinstituten erlitt die Schweizer Bank dabei die weitaus höchsten Verluste.

 

2023
März: Die Crédit Suisse leiht sich bis zu 50 Milliarden Franken (etwa 51 Mrd. Euro) von der SNB. Gleichzeitig kündigt die Bank eine Reihe von Schuldenrückkäufen im Wert von rund drei Milliarden an. Die SNB hatte am Vorabend angekündigt, der CS bei Bedarf Liquidität zur Verfügung zu stellen. Die Notenbank betonte gemeinsam mit der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma außerdem, dass die Großbank die an systemrelevante Banken gestellten Anforderungen an Kapital und Liquidität erfülle. Die Stabilität des Schweizer Finanzsystems soll gesichert sein, hieß es. In der Woche hatte unter anderem die Pleite der amerikanischen Silicon Valley Bank (SVB) Schockwellen durch die Finanzmärkte geschickt, wobei die bereits kriselnde CS als das schwächste Glied in der Kette angeschaut wurde.

Die CS-Aktie fällt zeitweise um über 30 Prozent auf ein neues Allzeittief bei 1,55 Franken. Grund waren u. a. Aussagen des neuen Großaktionärs aus Saudi Arabien, welche die Anleger noch weiter verschreckten. Der Präsident der saudischen Nationalbank SNB, Ammar Al Khudairy, schließt in einem Interview eine weitere finanzielle Unterstützung der CS aus. Man werde kein weiteres Geld in die Bank einschießen, unter anderem auch aus regulatorischen Gründen, die bei einer Erhöhung des Anteils auf 10 Prozent auftreten würden. Im Zuge der CS-Kapitalerhöhung vom Herbst 2022 ist die Saudi National Bank eingestiegen und hält 9,9 Prozent der CS-Aktien. Die Saudis haben stets erklärt, diesen Wert nicht überschreiten zu wollen.

Die Bank verschiebt die Veröffentlichung ihres Geschäftsberichts in allerletzter Minute. Als Grund gibt sie eine kurzfristige Anfrage der US-Börsenaufsicht SEC an, die noch abgeklärt werden muss. Einige Tage später, am 14. März, veröffentlicht die Bank dann den Geschäftsbericht. Der langjährige Großaktionär Harris Associates wirft das Handtuch und verkauft sämtliche Anteile an Crédit Suisse.

Februar: Die Finma schließt ein Verfahren gegen die Crédit Suisse wegen des Greensill-Skandals ab. Die Behörde prangert das Risikomanagement harsch an: Die Bank habe in schwerer Weise gegen die aufsichtsrechtlichen Pflichten verstoßen, heißt es. Die Finma ordnet korrigierende Maßnahmen an und installiert einen Aufpasser bei der Bank. Zudem leitet sie Verfahren gegen vier ehemalige CS-Manager ein.

Die Bank macht im Geschäftsjahr 2022 einen Verlust in der Höhe von 7,3 Milliarden Franken - es ist damit das schlimmste Jahr seit der Finanzkrise von 2008. Allein im vierten Quartal zogen die Kunden rund 110 Milliarden Franken oder rund 8 Prozent der verwalteten Vermögen von der Bank ab. Ein großer Teil der Abzüge geschah in den ersten zwei Oktoberwochen 2022 nach Gerüchten in sozialen Medien um eine Schieflage der Bank. Auch für 2023 stellt die CS einen weiteren Verlust in Aussicht.

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