SVB: Die große Angst vor weiteren Bankenpleiten
Das Bekanntwerden der Pleite der Silicon Valley Bank (SVB-Gruppe) am Freitag zog am Wochenende ihre Kreise bis nach Europa. Nach massiven Kursverlusten hat die kalifornische Regulierungsbehörde die Bank, die sich auf die Finanzierung von Technologiefirmen spezialisiert, geschlossen. Zahlreiche Start-ups, die dort ihr Geld haben, stehen nun unter Druck und haben Probleme, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu bezahlen.
USA plant aktuell keine größere Rettungsaktion
Experten sorgen sich um weitere Zusammenbrüche am Finanzmarkt. In den USA sowie auch in Großbritannien fanden am Wochenende Krisensitzungen statt. Die USA wollen sich laut Finanzministerin Janet Yellen nach dem Zusammenbruch der Bank aber ohne eine größere Rettungsaktion um Konteninhaber kümmern.
Die US-Finanzministerin Janet Yellen hat am Sonntag eine staatliche Rettung des Geldhauses ausgeschlossen. In der Finanzkrise vor einigen Jahren sei die Regierung zwar auf diese Weise eingeschritten, sagte Yellen am Sonntag auf eine entsprechende Frage in einem Interview mit dem Fernsehsender CBS. Sie betonte aber: "Das machen wir nicht noch einmal." Damit verwies Yellen auf Reformen, die seit der Finanzkrise umgesetzt worden seien. Sie betonte zugleich mit Blick auf die SVB-Krise: "Aber wir machen uns Sorgen um die Einleger und konzentrieren uns darauf, ihre Bedürfnisse zu erfüllen."
US-Behörden bereiten Insidern zufolge "substanzielle Maßnahmen" zur Absicherung der Konten bei SVB. Die geplanten Schritte sollten außerdem weiter reichende Folgen des Kollapses eindämmen, sagten mehrere mit den Vorbereitungen vertraute Personen am Sonntag der Nachrichtenagentur Reuters. Offen blieb zunächst, ob die Suche nach einer Bank, die die SVB übernehmen könnte, vorankam. Am Freitag hatten Insider gesagt, dass der staatliche Einlagensicherungsfonds Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) eine übernahmewillige Bank suche.
In London bemüht sich die Regierung unterdessen darum, die Folgen des Zusammenbruchs der auch in Großbritannien vertretenen Silicon Valley Bank so gering wie möglich zu halten. "Die Regierung behandelt dieses Thema mit hoher Priorität", sagte der britische Finanzminister Jeremy Hunt am Sonntag. "Und wir werden sofortige Pläne vorlegen, um sicherzustellen, dass die kurzfristigen Betriebs- und Cashflow-Anforderungen der Kunden der britischen SVB-Tochter erfüllt werden können." Ob ausländische Start-ups genauso auf Unterstützung zählen dürfen, sagte er nicht.
Angeblich 3.600 SVB-Kunden in Europa
Denn auch deutsche Start-ups haben Geld bei der britischen Tochter deponiert. Weil gerade junge Unternehmen häufig einen negativen Cashflow haben, also höhere Ausgaben als Einnahmen, und daher vom Geld ihrer Investoren und von Krediten leben, ist die Situation besonders angespannt. Wie stark deutsche Unternehmen betroffen sind, ist allerdings noch unbekannt. Der Geschäftsführer des Deutschen Start-up-Verbands, Christoph Stresing, sagte zum Handelsblatt: "Das Ausmaß ist nicht ganz klar." Bisher kenne er nur Einzelfälle.
Die Bank hat in der Vergangenheit wenige Daten für Europa veröffentlicht. Jüngsten Angaben zufolge zählt sie in Europa 3.600 Kunden, rund zehn Prozent von ihnen aus Deutschland.
Ein solcher ist etwa das Berliner Reise-Start-up Getyourguide. Der Finanzchef Nils Chrestin hatte am Donnerstagmittag Glück, als er in einem Meeting die Meldung gesehen hatte, dass die SVB eine Kapitalerhöhung plante: "Ich habe die Benachrichtigung bekommen, auf den Aktienpreis geschaut und sofort die Ansage gemacht, dass wir unser Geld abziehen", sagte er gegenüber dem Handelsblatt. So sei es dem Start-up noch gelungen, einen zweistelligen Millionenbetrag auf ein anderes Konto zu überweisen, bevor die Bank schließen musste.
Halbherziger Start sei Glück im Unglück
Neben vielen deutschen Start-ups sind auch jüngere börsennotierte Firmen wie der Kochboxenversender Hellofresh oder das Flugtaxiunternehmen Lilium Kunde bei der SVB. Sie haben Kreditlinien beim deutschen Ableger bekommen und Einlagen zum Teil in den USA und in Großbritannien.
Derzeit sieht es so aus, dass die deutsche Start-up-Szene von einer strukturellen Krise weniger bedroht ist, weil weniger Jungunternehmen ihr Geld dort deponiert haben. Es sei „Glück im Unglück“, dass die Bank in Deutschland nur „sehr halbherzig“ in den Markt gestartet sei, sagte Berthold Baurek-Karlic von der Wiener Investmentfirma Venionaire.
Ob und wie viel Geld die Firmen zurückbekommen, ist noch nicht bekannt. In England gilt eine Einlagensicherung für Guthaben von umgerechnet knapp 96.000 Euro. Das dürfte in vielen Fällen nur ein Bruchteil des deponierten Geldes sein.
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