Donawitz meldet Durchbruch bei CO2-freier Eisenproduktion
Im weltweiten Wettlauf hin zu einer Kohlendioxid-freien Stahlproduktion dürfte nun einmal mehr auf dem Gelände der voestalpine in Donawitz ein Durchbruch gelungen sein.
Dort läuft seit dem Frühjahr ein industrielles Großprojekt, das die klimafreundliche Produktion von Roheisen testet. Statt wie bisher Erdgas wird in einem "Hyfor"-genannten Verfahren (Hydrogen-based fine-ore reduction) Wasserstoff verwendet. Das Projekt wird vom Klima- und Energiefonds im Rahmen seines Energieforschungsprogrammes – dotiert aus Mitteln des Klimaschutzministeriums – gefördert.
Um das neuartige wasserstoffbasierte Verfahren "Made in Austria" zu testen, wurde von Primetals Technologies auf dem Betriebsgelände der voestalpine in Donawitz diese Pilotanlage errichtet.
„Im Konkreten kann das bislang verwendete Erdgas vollständig gegen ersetzt werden“, berichtet Rainer Schulze, der Sprecher von der Firma primetals, die das Projekt durchführt. Wenn nun der für die Wasserstofferzeugung benötigte Strom ebenfalls Kohlendioxid-frei ist, würde am Ende ein zu hundert Prozent kohlenstoff-freier Stahl möglich sein.
Übrigens hatte kürzlich erst Bill Gates in seinem Buch "Wie wir die Klimakatastrophe verhindern“ erklärt, dass die Erzeugung von Kohlendioxid-freiem Stahl einer der wesentlichen Schlüsseltechnologien im Kampf gegen den Klimawandel sei.
Nun werden werden in der Pilotanlage in den nächsten zwei Jahren verschiedene Eisenerzarten getestet, um die optimalen Prozessparameter für die Zukunft der klimafreundlichen Roheisenproduktion zu erforschen. "Das ist eine österreichische Innovation mit einem Reduktionspotenzial von hunderten Millionen Tonnen jährlich für die globale Stahlindustrie", sagt Schulz. Primetals erwartet eine Entscheidung zur Errichtung einer Großanlage 2022, diese könnte 2024/2025 in Betrieb gehen.
In Donawitz wurde bereits einmal die Basis für eine völlig neue Art der Stahlerzeugung gelegt: Das LD-Verfahren, gemeinhin als Linz-Donawitz-Verfahren bekannt, möglicherweise bedeutete es eist auch "Linz-Düsenstahl-Verfahren) wurde in Österreich im Jahr 1952 unter Theodor Suess bei der damaligen verstaatlichten VOEST-ALPINE STAHL AG erfunden. Das LD-Verfahren löste die vorher üblichen Siemens-Martin-Verfahren ab. Mit dem LD-Verfahren werden etwa 60 Prozent der Welt-Rohstahlproduktion hergestellt.
Industrie-wirtschaftsforscher Aiginger: "Das wäre ein großer Durchbruch"
Der KURIER erreichte den Wirtschaftsforscher Karl Aiginger dazu, der sich seit Jahrzehnten mit der Europäischen Industrie forscht und auch die Entwicklungen beim Klimaschutz genau beobachtet: "Das wäre ein großer Durchbruch, und wenn Österreich mit der Voest beteiligt ist, wäre das extrem gut."
Er glaube aber nicht an "schnelle Wunder". Er gehe davon aus, dass das bald für kleine, neue Anlagen funktionieren könnte. "Aber lange nicht für den Großteil der Stahlproduktion, inklusive deren Lieferketten."
Die industrielle Produktion benötigt derzeit rund ein Drittel der Gesamtenergie in Österreich – dementsprechend ist der Industriesektor maßgeblich für Treibhausgasemissionen verantwortlich.
Primetals Technologies Austria-Chef Etsuro Hirai wird von dem Unternehmen so zitiert: "Unsere Vision ist es, die Stahlindustrie möglichst rasch klimafreundlich zu gestalten. Die wasserstoffbasierte HYFOR Pilotanlage am Betriebsgelände der voestalpine in Donawitz nimmt dabei eine ganz zentrale Rolle ein, denn sie schafft die Datengrundlage für die spätere Errichtung industrieller Anlagen zur weitgehend CO2-freien Eisenerzeugung. Diese radikale Innovation vermeidet gleich mehrfach klimaschädliche Treibhausgase – durch den direkten Einsatz von Feinerzen ohne den sonst erforderlichen energieintensiven Pelletier-schritt, das Aufheizen des Reduktionsgases mittels erneuerbarer Energie und dem Einsatz von grünem Wasserstoff als Reduktionsgas. Die Realisierung der HYFOR Pilotanlage am Gelände der voestalpine in Donawitz, mit welcher uns eine langjährige, erfolgreiche Partnerschaft verbindet, ermöglicht nunmehr die weitere Vertiefung im Bereich klimaneutraler Stahlproduktion. Mit Unterstützung des Klima- und Energiefonds konnten wir einen großen Schritt auf dem Weg dorthin machen."
Erfreut zeigte sich in einer Aussendung auch Klimaministerin Leonore Gewessler: "Innovationen und nachhaltige Technologien sind ein wichtiger Beitrag für eine gute und klimafreundliche Zukunft – auch im Bereich der Industrie. Denn der Wettbewerb der Zukunft wird ein Wettbewerb um die klimafreundlichsten Produkte sein. Um Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen, braucht es zugleich einen Wandel in der heimischen Industrie und eine vollständige Dekarbonisierung in allen Bereichen. Vor allem die Stahlindustrie hat dabei eine Schlüsselrolle. Für eine klimafreundliche Stahlproduktion brauchen wir innovative Technologien, wie jene des HYFOR-Projekts. So können wir Österreich international weiterhin als Vorreiter in Sachen klimafreundliche Industrieproduktion positionieren."
Und Theresia Vogel, Geschäftsführerin des Klima- und Energiefonds, hält fest, dass die Industrie nicht nur "Wirtschaftsmotor und Arbeitgeber, sondern auch für einen Großteil der CO2-Emissionen verantwortlich. Daher ist es höchste Zeit auf Innovationen und erneuerbare Energien in der Industrieproduktion zu setzen. Mit unserem Energieforschungsprogramm fördern wir Leuchtturmprojekte wie HYFOR und helfen dabei, neue Technologien zur Marktreife zu bringen."
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