Dieselfahrer alarmiert: AdBlue könnte knapp werden

Wegen drohender Knappheiten empfiehlt es sich, AdBlue nachzutanken
Hohe Gaspreise sorgen für Produktionsausfälle bei den Herstellern und Hamsterkäufe am Markt. Preise haben sich verdoppelt.

Händler schlagen Alarm: Die steigenden Gaspreise könnten bald die Dieselfahrer treffen. Es drohen nämlich Versorgungsengpässe beim Abgasreinigungsmittel AdBlue. Ohne diese Harnstofflösung, die in den Abgastrakt zur Reduktion der Stickoxid-Emissionen eingespritzt wird, dürfen viele Pkw und Lkw nicht betrieben werden. Europäische Hersteller von AdBlue haben wegen der hohen Gaspreise ihre Produktionen gedrosselt, die Preise explodieren. Für einen Liter AdBlue wird etwa ein Kilogramm Erdgas benötigt.

Dieselfahrer alarmiert: AdBlue könnte knapp werden

„Alle bestehenden Großhersteller haben ihre Ware kontingentiert, einige haben die Erzeugung komplett eingestellt. Zusätzlich häufen sich Anfragen aus dem Ausland massiv und drücken weiter auf die Verfügbarkeit von AdBlue“, schildert Andreas Obereder, Geschäftsführer des gleichnamigen AdBlue-Großhändlers aus Oberösterreich.

AdBlue ist eine Harnstofflösung, die in Diesel-Lkw und -Pkw zur Abgasreinigung eingesetzt wird. Sie reagiert im Katalysator mit den Stickoxiden und wandelt sie in Wasserdampf und Stickstoff um.

Die geruchsneutrale Flüssigkeit besteht zu 32,5 Prozent aus Harnstoff und zu 67,2 Prozent aus demineralisiertem Wasser. Harnstoff wird in der chemischen Industrie großtechnisch aus Ammoniak und Kohlendioxid hergestellt. Für einen Liter AdBlue wird ungefähr ein Kilogramm Erdgas verwendet.

Die AdBlue-Tanks der aktuellen Fahrzeuge haben laut Autofahrerclubs ein Fassungsvermögen zwischen 8 und 33 Liter. Das Auffüllen des AdBlue-Tanks ist je nach Modell etwa alle 5.000 bis 15.000 Kilometer notwendig.

Schon im September fuhr der deutsche Chemieriese BASF seine Ammoniakproduktion in Ludwigshafen und Antwerpen herunter. Harnstoff wird großtechnisch aus Ammoniak und Kohlendioxid hergestellt. Im Oktober folgte Deutschlands größter Ammoniak-Produzent SKW-Stickstoffwerke. Wegen der hohen Gaspreise lohne sich die Herstellung nicht, so die Begründung.

Dieselfahrer alarmiert: AdBlue könnte knapp werden

Andreas Obereder, Geschäftsführer Obereder GmbH

Hamsterkäufe

In der Folge hätten wahre Hamsterkäufe eingesetzt, berichtet Obereder: „Durch all das entsteht ein bedenklicher Mangel, der sich im Osten und Süden Europas bereits bemerkbar macht. Schlimmstenfalls stehen Lkw still“, warnt er. Das Problem sei, dass die meisten Händler in Österreich auf keine großen Lager und demnach keine Reserven zurückgreifen könnten. Gäbe es nun noch einen ungeplanten Produktionsstopp bei einem Großhersteller, läge die Versorgung voll und ganz auf Eis.

90 Prozent der Lkw-Fahrten

Das deutsche Transportgewerbe schlägt wegen AdBlue bereits Alarm. Die Diesel-Abgasreinigung sei immerhin für 90 Prozent der Lkw-Fahrten nötig. Ohne AdBlue schaltet der Motor in den Notlaufbetrieb oder lässt sich gar nicht mehr starten.

"Dramatische Folgen"

Günther Norbert Reder, Obmann des heimischen Güterbeförderungsgewerbe in der WKO, spricht von „dramatischen Folgen für die gesamte Branche“. Die Reichweite bei Lkw sei viel geringer als bei Pkw. Das Thema betreffe daher jeden Fuhrpark. Seiner Einschätzung nach würden die bestehenden Vorräte vielleicht zwei bis drei Monate reichen. Die Preise für AdBlue haben sich seit Jahresbeginn verdoppelt.

Russland-Abhängigkeit

Obereder hofft, das sich die Gaspreise wieder auf einem normalen Niveau einpendeln. "Zusätzlich dürfen wir uns nicht vollends von Russland als Gaslieferant abhängig machen", meint er. Projekte wie Nord Stream 2 seien  hier nur bedingt hilfreich. "Letztlich weisen wir deutlich darauf hin, dass eine gesetzliche Regelung zur Produktverfügbarkeit von AdBlue dringend notwendig und längst überfällig ist“.

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