Bargeld: Was dafür spricht, was dagegen
von Vitus Ortner
Österreich gilt neben Malta und Deutschland als das bargeldaffinste Land in Europa. Scheine und Münzen stehen hierzulande nach wie vor hoch im Kurs, 77 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher zahlen regelmäßig damit. Damit ist Bares das mit Abstand beliebteste Zahlungsmittel.
Trotzdem sorgen sich viele vor einer Abschaffung. So sehr, dass das Volksbegehren "Für uneingeschränkte Barzahlung" ganze 530.938 Unterstützungen sammeln konnte. Wieso sind physische Zahlungsmittel für so viele Leute etwas Schützenswertes? Oder warum sollten wir uns von ihnen verabschieden? Die Vor- und Nachteile im Vergleich.
Die Vorteile des Bargelds
- Schnell: Eine physische Transaktion ist nicht kompliziert, man reicht einfach die passenden Scheine und Münzen hin und her. Im Taxi oder bei kleinen Einkäufen die einfachste Art, zu zahlen.
- Günstig: Bar zu bezahlen ist normalerweise gebührenfrei. Bei elektronischen Zahlungsverfahren wird man dafür oft zur Kasse gebeten.
- Privat: Niemand kann kontrollieren, wer wie viel wo und wofür bezahlt. Bargeld ist die anonymste Art der Finanztransaktion, ein Vorreiter des Datenschutzes!
- Schlau: Niemand, außer man selbst. Vielen Leuten helfen Münzen und Scheine, den Überblick über die eigenen Ausgaben zu bewahren. Ein Zahlungsmittel physisch in die Hand zu nehmen und abzugeben ist etwas anderes, als digital zu bezahlen und die Kontostandveränderung höchstens im Onlinebanking oder bei der Abrechnung zu sehen, statt in der Geldtasche. Auch wenn es darum geht, Kindern den Umgang mit Geld beizubringen, ist die Visualisierung wertvoll.
- Verlässlich: Auch im Falle von Stromausfällen oder einer fehlenden Internetverbindung, selbst beim totalen Blackout ist Bargeld gültig und nutzbar.
- Sicher: Indem man bar bezahlt oder sich bar bezahlen lässt, kann man sich sicher sein, dass die Transaktion wirklich stattfindet. Ein Schutz gegen Betrug.
- Emotional: Wer sich Geld vorstellt denkt nicht an Zahlen auf einem Bankenserver. Bargeld spürt und fühlt man, für viele hat es großen emotionalen Wert. Als Zeugnisgeld einen Zwanziger zu verschenken ist etwas anderes, als eine Überweisung zu tätigen.
- Inklusiv: Dem Bargeld ist es egal, wer es benutzt. Jeder versteht, wie es funktioniert und jeder hat darauf Zugriff. Kinder, Alte oder Migranten können vom Bargeld nicht diskriminiert werden.
- Barrierefrei: Ein oft übersehener Aspekt des Bargeldes - Die Euromünzen und Banknoten sind so gestaltet, dass sie auch von sehbehinderten Leuten erkannt und benutzt werden können. Digitales Zahlen erschwert das vielfach.
- Großzügig: Der Einfachheit halber wird ein bar bezahlter Betrag gerne aufgerundet. Digital ist das Ende des Trinkgelds, für viele Branchen eine Katastrophe. Dankbarkeit für guten Service drückt sich bar leichter aus.
Die Nachteile des Bargelds
- Umständlich: Für alles, das über Kleinstbeträge hinaus geht, ist Bares mühsam zu verwenden. Durch Wechsel-Münzgeld wird die Geldtasche schnell zum überdicken Ballast in der Hosentasche. Und das, obwohl nicht mal so viel Wert drin ist.
- Gefährdet: Außerdem trägt man große Beträge völlig unabhängig vom Formfaktor lieber nicht in Bar herum. Münzen und Schein können verloren gehen oder geklaut werden, wer digital zahlt ist davor sicherer.
- Begehrt: Was der Privatperson der Taschendieb ist dem Geldinstitut der Bankräuber. Wenn Banken, Geschäfte und so weiter weniger Bares in der Kasse halten, werden Bank- und Raubüberfälle weniger lukrativ.
- Falsch: Wer digital zahlt ist auch sicherer vor Falschgeld. 2020 wurden über 6.300 Blüten in Österreich sichergestellt, die meisten davon Fünfziger.
- Illegal: Die Schattenwirtschaft hat in Österreich einen Anteil von 6,6 Prozent am BIP. Digitale und damit nachvollziehbare Zahlungen würden diese Schwarzarbeit erschweren. Und auch sonst ist das Bargeld das Zahlungsmittel der Wahl, wenn es um illegale Transaktionen geht.
- Aufwändig: Um Barzahlungen überall zu ermöglichen, braucht es ein Netz an Bankomaten, das betreut werden muss und Geld kostet. Auch Bargeld zu produzieren, zu transportieren und zu lagern ist für die Banken, vor allem natürlich die EZB, ein Aufwand und Kostenpunkt. Selbes Problem bei den Händlern, eine Zahlung direkt aufs Konto ist einfacher, als haufenweise Scheine mühsam zählen, bündeln und auf die Bank bringen zu müssen.
- Fehleranfällig: Und bei diesen mühsamen Prozessen können auch leicht Fehler passieren. Das Kartenterminal bucht genau den verlangten Betrag ab, der Kassierer muss immer aufpassen, die richtige Menge an Wechselgeld abzuzählen. Anstrengend und fehleranfällig.
- Unhygienisch: Nach zwei Jahren Corona ist wohl jedem bekannt, dass Bargeld eine wahre Keimschleuder ist. Auch wenn wir die Pandemie hinter uns lassen, sollten wir die Hygienenachteile nicht vergessen.
- Umweltschädlich: Laut einer niederländischen Studie ist der ökologische Fußabdruck einer Barzahlung 36 Prozent höher als bei einer digitaler Zahlung. Den Unterschied machen da einfach der Geldtransport, die Münzproduktion und der Energieverbrauch der Bankomaten.
Wer die diversen Argumente für und gegen das Bargeld gerne als Debatte will, kann sich den neuen KURIER-Podcast zu dem Thema anhören: auf KURIER.at und überall, wo es Podcasts gibt.
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