Die überschäumende Macht der Brau Union
Zwei Jahre lang hat die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) gegen Österreichs größten Bierkonzern Brau Union wegen des Verdachts des Marktmissbrauchs ermittelt, jetzt hat sie beim Kartellgericht eine „angemessene Geldstrafe“ beantragt. Aus Sicht der BWB soll die Brau Union ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht haben, um den Markteintritt von Mitbewerbern zu beschränken und bestehende Konkurrenz vom Markt zu verdrängen.
Die Geldbuße für mutmaßlich fünf Verstöße gegen das Missbrauchs- und Kartellverbot könnte sehr hoch ausfallen. Denn das Kartellgericht kann Geldbußen in Höhe von bis zu zehn Prozent des Konzernumsatzes des Vorjahres verhängen. Doch dafür wird nicht der Brau Union-Umsatz (850 Millionen Euro) herangezogen, sondern der Umsatz des Mutterkonzerns Heineken (36 Milliarden Euro). Somit droht theoretisch eine Strafe von bis zu 3,6 Milliarden Euro.
Konzern kooperiert
„Die Muttergesellschaft haftet mit, ist aber nicht an den Verstößen beteiligt“, sagt BWB-Sprecherin Sarah Fürlinger zum KURIER. Die BWB hat bewusst keine fixe Geldbuße beantragt, denn dann könnte das Kartellgericht bei seiner Bemessung nicht höher gehen.
Am Ende wird wohl eine Geldbuße im zweistelligen Millionenbereich verhängt werden. Das hängt aber davon ab, wie viele der fünf Vorwürfe der BWB vom Kartellgericht bestätigt werden.
Indes sagt Brau Union-Sprecherin Gabriela Straka zum KURIER: „Wir kooperieren mit den Behörden. Ich darf aber inhaltlich zu einem laufenden Verfahren nichts sagen.“
Keine Produkte von Mitbewerbern
Laut BWB soll die Brau Union Abnehmer dazu gezwungen haben, mehr als 80 Prozent ihrer Getränke bei der Brau Union zu beziehen. Außerdem soll der Konzern Kunden dazu verpflichtet haben, keine Produkte von den Mitbewerbern im Sortiment zu führen. Zugleich soll die Brau Union eine Markt- und Kundengruppen-Aufteilung verfolgt haben, damit „diese in bestimmten Gebieten oder mit bestimmten Kundengruppen nicht zueinander in Wettbewerb treten“. Diese Vorgangsweise soll mittlerweile zum Teil abgestellt worden sein.
Dem Vernehmen nach hat die Brau Union, zu der die Marken Kaiser Bier, Schladminger, Reininghaus, Villacher, Fohrenburger, Gösser, Schwechater, Edelweiss, Schlossgold, Puntigamer, Zipfer und Wieselburger gehören, einen Marktanteil von rund 65 Prozent.
Brau Union spricht von "grundlegendem Missverständnis"
Die Brau Union hat am Dienstagabend wegen des Vorwurfs von Verstößen gegen das Missbrauchs- und Kartellverbot von einem "grundlegenden Missverständnis" gesprochen. In einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA hieß es aber auch: "Wir haben diesen Bußgeldantrag noch nicht erhalten und können daher zum Inhalt des Antrags nichts sagen."
Die Brau Union habe sich im April 2022 angestoßene Verfahren stets "in höchstem Maße kooperativ gezeigt" und umfangreich schriftlich Stellung gegenüber der Behörde bezogen. "Wir sind überrascht, dass uns noch andauernde Verletzungen vorgeworfen werden, da wir - trotz mehrfacher Anfragen - von der BWB keine konkreten Hinweise für unmittelbar notwendige Maßnahmen erhalten haben", schreibt die Brau Union. "Wir vertreten unter anderem den Standpunkt, dass den Bedenken der BWB ein grundlegendes Missverständnis hinsichtlich der Organisation der Zusammenarbeit mit unseren Distributions- und Logistikpartnern zugrunde liegt."
100 Liter pro Kopf
Heuer wird der gesamte Bier-Ausstoß hierzulande knapp zehn Millionen Hektoliter betragen. Der Pro-Kopfverbrauch liegt bei etwas mehr als 100 Liter. „Nach Tschechien ist Österreich die trinkfreudigste Biernation weltweit“, sagt Karl Schwarz, Obmann des Verbands der Brauereien Österreichs und Chef der Privatbrauerei Zwettl. „In diesen Tagen geht es den Brauereien gut, weil wir uns über das gute Wetter und die Fußballbegeisterung freuen.“ Beides steigert den Bierabsatz. „Die ersten Monate 2024 waren positiv“, sagt Schwarz. „Vor allem alkoholfreies Bier legt stark zu, das ist ein absoluter Trend.“ Der Marktanteil beträgt mittlerweile mehr als drei Prozent.
Hoher Bierpreis
„Auf der anderen Seite kämpfen wir mit den hohen Personalkosten, die in den vergangenen Jahren massiv angestiegen sind und heuer im Speziellen mit hohen Rohstoffpreisen“, sagt Schwarz. Der Bierpreis ist aber mittlerweile sehr hoch. Im Supermarkt kostet eine Flasche oder Dose Bier zwischen 1,15 und 1,59 Euro.
Gefühlt jede Woche gibt es aber Rabattaktionen. Vor allem Biere der Brau Union werden dabei oft um den halben Preis angeboten. „Wir haben eine Marktkonzentration, die sehr hoch ist. Und die Aktionspreisgestaltung im Lebensmitteleinzelhandel bringt kleinere Brauereien unter Druck, die bei diesen Preisen nicht mithalten können“, sagt Schwarz. „Wenn die kleineren Brauereien mithalten, dann geht es an die Substanz. Wir können zu diesem Rabatt-Preis nicht kostendeckend Bier verkaufen.“
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