Die Hintergründe zur Razzia bei Hygiene Austria
„Es ist Hygiene Austria ein großes Anliegen, das Unternehmen gut und zukunftsfit aufzustellen. Hygiene Austria hat vollständig mit den beteiligten Behörden kooperiert“, teilte der Maskenhersteller knapp am Donnerstag mit. Das aktuelle Verfahren wolle man nicht kommentieren.
Offenbar sitzt der Schock noch tief, den eine erneute Razzia der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am vergangenen Mittwoch ausgelöst hat. Doch die Hausdurchsuchungen fanden nicht nur bei der Hygiene Austria, sondern auch bei Palmers, und vor allem an Standorten von mehr als einer Handvoll Leiharbeitsfirmen statt, die für Hygiene Austria zum Teil noch heute tätig sind.
Im Mittelpunkt steht der Vorwurf der organisierten Schwarzarbeit und des schweren Betruges. Die Vorwürfe werden bestritten.
Bei den Leiharbeitsfirmen geht es unter anderem um den Verdacht, dass man Sozialversicherungsbeiträge nicht bzw. falsch abgeführt habe. Die Leute waren teilweise geringfügig beschäftigt, haben aber tatsächlich in 12-Stunden-Schichten gearbeitet.
Der Geschäftsführer einer von der Razzia betroffenen Leiharbeitsfirma sagte dem KURIER am Donnerstag, dass man den Behörden Arbeitsaufzeichnungen übergeben habe: „Unsere Mitarbeiter waren alle angemeldet.“ Neben den Beamten der WKStA waren auch Mitarbeiter des Landeskriminalamts Niederösterreich, des Bundeskriminalamts, der Finanzpolizei und der österreichischen Zollfahndung bei der Razzia dabei. Letztere ermittelt „in einem Amtshilfe-Verfahren für den deutschen Zoll“. Der Verdacht: Masken aus China sollen über eine Zwischenfirma, die zum Firmenkonglomerat von Palmers gehört, in die EU importiert worden sein. Der deutsche Zoll vermutet, dass bei den Rechnungen womöglich getrickst und zu wenig Zoll bezahlt worden sei. „Wer hat wem was um welchen Preis fakturiert, das ist die Kernfrage“, sagt ein mit dem Fall vertrauter Insider.
Die PR-Beraterin von Palmers teilt auf eine KURIER-Anfrage zum mutmaßlichen Zolldelikt mit: „Dazu können wir Ihnen keine Auskunft geben“. Sie verweist auf den PR-Berater der Hygiene Austria. Indes vertritt die Arbeiterkammer rund 140 Leiharbeiter, die bei der Hygiene Austria beschäftigt waren. Für 110 Personen wurden bereits Klagen eingebracht.
Haftungsfragen
„Die Verfahren sind unterschiedlich, es kommt darauf an, wen wir geklagt haben. Wir werfen denen Unterentlohnung und Vorenthalten von Entgelt vor“, sagt AK-Arbeitsrechtsexpertin Andrea Ebner-Pfeifer. „Die haben nicht alles gezahlt und wenn sie gezahlt haben, war es unter dem Kollektivvertrag.“
Dazu kommen falsche Anmeldungen bei der Sozialversicherung. So wurden Mitarbeiter nur für Teilzeit angemeldet, aber sie haben Vollzeit gearbeitet. Viele Betroffene sollen zuerst für die Firma AD Job und später für die Steady Global gearbeitet haben. „Gegen Steady Global haben wir rechtskräftige Zahlungsbefehle und da können wir Exekution führen“, sagt die AK-Juristin.
Das Pech dabei ist, dass es sich bei AD Job und Steady Global um Scheinfirmen handelt, bei denen nichts zu holen ist. Andrea Ebner-Pfeifer: „Unter bestimmten Voraussetzungen haftet der Beschäftiger für die Löhne des Arbeitskräfteüberlassers.“ Vor allem dann, wenn erkennbar war, dass es sich um Scheinfirmen handelt.
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