Bau, Baunebengewerbe, Reinigung, Event-Firmen, Security und Arbeitskräfteüberlasser: Das sind jene Branchen, in den Schwarzarbeit und Lohndumping auf der Tagesordnung stehen. „Bei den Arbeitskräfteüberlassern sind wir mitten in der Industrie drinnen, da werden Industriearbeiter zum Teil schwarz beschäftigt“, sagt Wilfried Lehner, oberster Chef der Finanzpolizei zum KURIER. „Dort ist es am lukrativsten, wenn man jemanden statt mit 3.000 Euro mit 1.200 Euro bei der Sozialversicherung anmeldet. Wir haben aber auch Fälle, wo Dienstnehmer geringfügig angemeldet sind, die es tatsächlich gar nicht gibt. Die nutzt man nur dafür, um Schwarzgeld zu lukrieren.“
Das heißt, mit diesen fiktiven Löhnen können kriminelle Geschäftemacher Schwarzgeld aus dem Unternehmen schleusen. Diesbezügliche Ermittlungen der Finanzpolizei erweisen sich oft als schwierig, müssen doch mitunter Hunderte Bankkonten geöffnet werden, um einen Nachweis zu erbringen, wohin das Geld geflossen ist. Wurde das Geld bar behoben, können die Finanzer diese Geldbehebungen per Plastiksackerl nicht mehr nachverfolgen.
Scheinfirmen werden auf Vorrat gegründet
„Es ist technisch und rechtlich nicht so einfach, solche Fälle zu knacken. In einigen Fällen schaffen wir es über den Straftatbestand des Sozialbetrugs“, sagt Lehner.
Zugleich werden die inkriminierten Firmen per Bescheid zu Scheinfirmen erklärt und somit aus dem Verkehr gezogen. „Damit dürfen weder Dienstnehmer angemeldet werden, noch kann das Unternehmen weiter wirtschaftlich tätig sein“, so die Finanz. Es ist aber auch kein Geheimnis, dass organisierte Sozialbetrüger schnell mit neuen Firmen wieder auf dem Markt sind. „Die Scheinfirmen werden auf Vorrat gegründet und sind auch im Firmenbuch eingetragen“, sagt Lehner. „Zwar wird eine angebliche Leistung verrechnet, aber die Leistung wird auf der Rechnung nicht näher beschrieben, es werden auch keine Stunden angegeben, damit man ja nicht nachkalkulieren kann.“
Lehners 450 Finanzpolizisten haben alle Hände voll zu tun. Im Vorjahr führten die Ermittler 26.850 Kontrollen bei 51.400 Arbeitnehmern durch. Dabei wurden 4.727 Dienstnehmer ertappt, die nicht ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet waren. Das ist ein Anstieg um mehr als ein Drittel im Vergleich zu 2021.
Schmutzige Fälle
Auch die Zahl der illegal beschäftigten EU-Ausländer bzw. Drittstaatsangehörigen stieg von 9.300 Personen auf mehr als 11.000. Unterm Strich wurden im Bereich Arbeitsmarkt 18,5 Millionen Euro an Strafen beantragt. „Die Finanzpolizei sorgt mit ihren regelmäßigen Kontrollen für faire Wettbewerbsbedingungen am österreichischen Wirtschaftsstandort und schützt die ehrlichen Unternehmer, die sich an die Regeln halten“, sagt Finanzminister Magnus Brunner.
Es gibt auch besonders dreiste Fälle. Eine Reinigungsfirma war mit der Reinigung einer Polizeidienstelle in Tirol beauftragt und gab diesen Auftrag an eine Subfirma weiter. Diese beschäftigte junge syrische Staatsbürger (Asylwerber), die weder sozialversichert waren, noch eine Arbeitserlaubnis hatten. Bei einer Durchsuchung der Firmenräumlichkeiten fand die Finanzpolizei Rechnungen einer ausländischen Scheinfirma in Höhe von 700.000 Euro.
Ausbeutungsthematik
Aber auch Paket- und Essenszusteller sind ins Visier der Finanzpolizei geraten.
„Wir hatten ein Essenszustellservice, das alle Fahrer als Selbstständige beschäftigte, aber eigentlich waren es lauter Dienstverhältnisse“, sagt Lehner zum KURIER. „Die haben dort Tag und Nacht zugestellt.“ Steuer bezahlen diese Selbstständigen keine, weil sie am Ende zu wenig verdienten. Lehner: „Das ist eine klassische Ausbeutungsthematik.“
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