Größter deutscher Gasimporteur Uniper wird verstaatlicht

Größter deutscher Gasimporteur Uniper wird verstaatlicht
Der Konzern war wegen der hohen Gaspreise in Schieflage geraten. Kapitalerhöhung um acht Mrd. Euro geplant.

von Vitus Ortner

Die deutsche Regierung, der Energiekonzern Uniper und der bisherige Uniper-Mehrheitseigentümer Fortum haben sich auf eine weitgehende Verstaatlichung von Uniper verständigt. Am Mittwoch wurde ein entsprechendes Stabilisierungspaket für Uniper unterzeichnet, wie das Unternehmen in Düsseldorf mitteilte. Es sehe eine Kapitalerhöhung um 8 Mrd. Euro und den Erwerb der Uniper-Anteile von Fortum für etwa 500 Mio. Euro vor, berichtete Fortum. Anschließend werde der Bund etwa 98,5 Prozent der Anteile an Uniper besitzen.

Die deutsche staatliche KfW-Bank werde Uniper Finanzmittel entsprechend ihrem Liquiditätsbedarf zur Verfügung stellen, berichtete Uniper weiter. Dazu zähle auch die Ablösung einer Kreditlinie von Fortum, die aus einem Gesellschafterdarlehen in Höhe von vier Mrd. Euro sowie einer sogenannten Garantielinie in Höhe von ebenfalls vier Mrd. Euro bestehe. Die Stabilisierungsmaßnahmen stehen noch unter Vorbehalt. So stünden noch Genehmigungen der EU-Kommission aus. Im vierten Quartal 2022 soll eine außerordentliche Uniper-Hauptversammlung die Maßnahmen beschließen.

Auch den anderen großen Gasimporteuren hat die Bundesregierung Unterstützung bei Bedarf zugesagt. „Der Staat wird, das zeigen wir ja, alles Nötige tun, um die Unternehmen immer stabil am Markt zu halten“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck am Mittwoch in Berlin. „Das gilt für Uniper. Das gilt für die anderen großen systemrelevanten Unternehmen in Deutschland.“

Finnischer Eigentümer steigt aus

Fortum hält derzeit knapp 78 Prozent an Uniper. Fortum selbst gehört zu knapp 51 Prozent dem finnischen Staat. Schon im Juli hatten sich die Bundesregierung, Uniper und Fortum auf ein milliardenschweres Rettungspaket geeinigt. Es hatte bereits eine Minderheitsbeteiligung des deutschen Bundes vorgesehen. Am 14. September hatte Uniper mitgeteilt, dass bei den Gesprächen über das Stabilisierungspaket auch eine Kapitalerhöhung geprüft werde, die zu einer "signifikanten Mehrheitsbeteiligung" des Bundes an Uniper führen würde.

Uniper ist in Schieflage geraten, weil Russland kein Gas mehr nach Deutschland pumpt. Der Gasgroßhändler ist Lieferant für über 100 Stadtwerke und große Unternehmen und spielt damit eine zentrale Rolle für die Erdgasversorgung von Deutschland. Das aus Russland fehlende Gas muss sich das Unternehmen jetzt teuer auf dem Gasmarkt kaufen. Zuletzt hatte Uniper von täglichen Verlusten in Höhe von über 100 Mio. Euro gesprochen. Im ersten Halbjahr musste bereits ein Verlust von zwölf Mrd. Euro eingesteckt werden.

Gewerkschaft begrüßt den Schritt

Die Gewerkschaft Verdi zeigt sich erfreut über die Verstaatlichung. „Die Übernahme durch den Bund ist notwendig, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und sie ist im Sinne der Beschäftigten“, sagt Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz. Die rund 5000 Beschäftigten in Deutschland seien so vor einer möglichen Insolvenz geschützt.

Historische Rettungsaktion

Deutschland ist in der Vergangenheit bereits mehrfach Unternehmen finanziell zur Seite gesprungen, etwa in der Coronakrise der Fluggesellschaft Lufthansa oder dem Reiseanbieter Tui. Unter dem Druck der Finanzkrise beteiligte sich der Staat Anfang 2009 an der Commerzbank. Beobachter gehen davon aus, dass die Uniper-Übernahme durch die Regierung die größte Rettungsaktion für ein einzelnes Unternehmen in der Geschichte des wiedervereinigten Deutschlands ist.

Der deutsche Bund verleibt sich mit der Übernahme nicht nur die Gasversorgung deutscher Stadtwerke ein. So gehören Uniper auch Kernkraftwerke in Schweden mit einer Kapazität von über 1,4 Gigawatt sowie mehrere Gas- und Kohlekraftwerke in Russland, für die dringend Käufer gesucht werden.

Nicht mit Wien Energie vergleichbar

Im Zuge der rasant steigenden Energie-Preise kam zuletzt auch der heimische Energieversorger Wien Energie ins Straucheln. Die Situation ist jedoch nicht vergleichbar. Während Wien Energie Privatkunden mit Strom beliefert, verkauft Uniper vor allem an Stadtwerke. Außerdem beziehen sich die Finanzprobleme der Wien Energie lediglich auf Garantien für Termingeschäfte. Uniper hingegen verliert im operativen Geschäft jeden Tag Millionen.

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