Der Immobilienboom ist zu Ende
Der Immobilienboom ist zu Ende. "Nach einem Jahrzehnt ständig steigender Preise scheint ein Plafond erreicht zu sein", hielt Andreas Wollein, Vorstandsmitglied des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI), am Dienstag vor Journalisten fest. Die Preise beruhigen sich. Gemeint sind damit allerdings nur geringere Steigerungsraten. "Es wird nicht billiger werden." Für heuer erwartet er einen moderaten Preisanstieg von etwa 5 Prozent oder eine Stagnation.
Strengere Kriterien für Immobilienkredite
Die Nachfrage ging in den vergangenen Monaten allerdings spürbar zurück, vor allem bei Objekten, die mehr als 500.000 Euro kosten. Die Anfragen hätten sich "eher in Richtung Miete verlegt". Daran sind laut Wollein vor allem die Banken schuld. Seit 1. August 2022 gelten strengere Vergabekriterien für Immobilienkredite. Diese KIM-Verordnung (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmenverordnung, Anm.) "war natürlich bremsend".
Hinzu kommen steigende Zinsen und Energiepreise, die hohe Inflation und die Unsicherheit rund um den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. "Es kommt zu weniger Anfragen und längeren Marketingzeiten", umriss der Immobilienexperte die Marktsituation.
"Alle Makler wussten, dass es so nicht weitergehen kann"
Wohnraum sei jedenfalls nach wie vor eine solide Anlageform. "Wir rechnen mittel- bis langfristig mit einer Stabilisierung der Angebotsnachfrage", sagte Wollein. "Als Verband haben wir immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass die Nullzinsen und die Ermangelung anderer Anlageformen diesen Immobilienboom getrieben haben - alle Makler wussten, dass es so nicht weitergehen kann", räumte der ÖVI-Vorstand ein.
In einzelnen Marktsegmenten - etwa stark verkehrsreiche Lagen - sei die Nachfrage in den vergangenen Monaten rückläufig gewesen. Dort werde es "auch in Zukunft schwieriger werden, Käufer zu finden". In diesen mäßigen Lagen, "wo ein Wohnungsneubau vor zehn Jahren noch abstrus erschien", werde es zu einem Umdenken bei den Bauträgern kommen müssen.
"Kein Verkaufsdruck" bei Immobilien
Der Verband glaubt jedenfalls an die "Wertstabilität" von Immobilien, "weil es nicht viele Marktteilnehmer gibt, die ihre Immobilien verkaufen müssen", so Wollein. "Ich sehe keinen Verkaufsdruck." Die Immobilien seien im privaten und gewerblichen Sektor gut aufgehoben "und die Preise dürften gehalten werden". Bauträger könnten im Moment im Neubau gar keinen günstigeren Quadratmeterpreis als 6.800 Euro anbieten, sagte der ÖVI-Vorstand mit Blick auf die Bau- und Grundstückskosten.
Die Immobilienpreise in Wien seien seit 1993 "in Summe nicht gefallen". Nicht einmal nach dem kurzzeitig immensen Preisauftrieb 1995, als von der Expo Budapest-Wien beim Prater die Rede war und die Preise im Zweiten Bezirk in die Höhe schnellten, seien die Preise nachhaltig gesunken. Zwischen 2003 und 2008 sei es neuerlich zu einem Anstieg gekommen, 2008 (zu Beginn der Finanzkrise) habe es einen richtigen Schub gegeben. "2013 kam das große Wachstum, das wir nun zehn Jahre lang gesehen haben", fasste der ÖVI-Vorstand zusammen.
Skeptisch sieht der Verband "die Causa prima, das Maklerthema Bestellerprinzip", das in Österreich ab 1. Juli 2023 gelten wird. Ab dann zahlt der Bestandsanbieter die gesamte Maklerprovision. "Die Doppelmaklertätigkeit, die über 100 Jahre lang gelebte Praxis war, wird mit heuer zu Grabe getragen uns somit abgeschafft", bedauerte ÖVI-Präsident Georg Flödl. Der Makler habe "beide Seiten äquidistant betreut".
Ein Drittel weniger
Als das Bestellerprinzip 2015 in Deutschland eingeführt wurde, habe sich "das sichtbare Angebot" auf Online-Plattformen zunächst um ein Drittel verringert. Die Mieterinnen und Mieter seien angehalten worden, Nachmieter vorzuschlagen. Das habe dort zu "einem massiven Rückgang der Maklerunternehmen und zu einem massiven Stellenabbau" in der Branche geführt.
In Österreich seien laut Wirtschaftskammer etwa 5.500 Unternehmen registriert, die über 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigten, so Flödl. Hierzulande kassiert ein Makler einen seit 2010 festgelegten Höchstbetrag von bis zu zwei Monatsmieten vom Mieter bzw. bis zu drei Monatsmieten vom Bestandsgeber (Eigentümer) - "bisher gängige Praxis waren in Summe drei bis vier Monatsmieten", sagte der ÖVI-Präsident.
Eigentümern stehen hohe Investitionen ins Haus
An der Wertsicherungsklausel in Mietverträgen solle die Regierung nicht rütteln, denn den Eigentümerinnen und Eigentümern stünden angesichts der Dekarbonisierung hohen Investitionen ins Haus, strich ÖVI-Geschäftsführer Anton Holzapfel hervor. Ohne Inflationsanpassung der Mieten wären diese Investitionen nicht leistbar.
"Wir unterstützen den Ausstieg aus fossilen Energieträgern voll und ganz", betonte ÖVI-Bauträgersprecher Klaus Wolfinger. Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG), das ja noch nicht zur Beschlussfassung gekommen sei, werde "dringend gebraucht, denn es braucht klare Rahmenbedingungen". Die wohnrechtlichen Bestimmungen sollten "möglichst rasch ausformuliert" werden.
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