Hofer-Chef: "Das ist doch cool, oder?"

Horst Leitner, Chef des Lebensmitteldiskonters Hofer
Hofer-Chef Leitner über das Rap-Video von Hofer, grüne Pläne und 3,5-Tage-Woche bei Vollzeitbezahlung.

KURIER: Im Zentrum der neuen Hofer-Werbekampagne steht ein Rap-Video. Versucht Hofer jetzt cool zu sein?

Horst Leitner: Wie Sie hören können, habe ich den Hofer-Rap sogar als Klingelton bei meinem Handy eingestellt. Das ist doch cool, oder? (lacht) Aber letztendlich bringen wir mit dieser Kampagne nur unseren genetischen Code zum Ausdruck.

Und der wäre?

Unseren Kunden den besten Preis zu bieten.

Wer zahlt die Rechnung für den besten Preis? Ihre Lieferanten?

Was hätten wir davon, wenn wir unsere Lieferanten quälen? Unsere Preisgestaltung ergibt sich durch unser Produktsortiment und durch die Logistik-Prozesse dahinter.

Und das heißt?

Wir fokussieren uns auf 1.500 Produkte. Ein solches Sortiment ist viel effizienter zu steuern als eines mit fünf- oder zehntausend Artikeln. Es ist zum Beispiel einfacher, 100.000 Stück von zehn Artikeln zu haben als nur zehntausend Stück von jeweils 100 Artikeln. Die geringere Artikelanzahl ist für die Lieferanten einfacher zu produzieren, und die Logistik ist ebenfalls einfacher.

Aber die Artikel sind im Schnitt dann doch teurer als in Deutschland. Warum?

Weil die Produktionsmengen in Österreich um das Zehnfache geringer sind, und die Logistik komplexer ist. Und weil 50 Prozent unserer Produkte regional sind. Bei Molkereiprodukten sind es sogar 70 Prozent, bei Brot und Gebäck 80 Prozent, bei Frischfleisch 90 Prozent.

Wie schnell dreht sich bei Hofer eigentlich das Sortiment?

Bei Obst, Gemüse und Frischfleisch täglich. Im Durchschnitt dreht sich das komplette Sortiment pro Filiale einmal die Woche. Es gibt auch Filialen, wo sich Sortimentssegmente sechs Mal die Woche drehen.

Und übrig gebliebene Lebensmittel kommen noch immer an karitative Organisationen?

Wenn sie frisch sind, ja.

Wie viel ist abends noch übrig?

Wir kalkulieren sehr knapp, sodass nur geringe Mengen übrig bleiben.

Lässt sich das verbessern?

Ja. Wir werden ab dem kommenden Jahr den Produkt-Einkauf für alle Filialen zentral steuern können, weil wir die entsprechenden Daten dazu haben. Wir wissen ja exakt, wann welches Produkt wie lange in welcher Filiale im Regal liegt. So können wir die Überstände noch mehr reduzieren.

Warum hat Hofer keine Kundenkarte?

Das ist eine Sinnfrage. Was würden wir damit tun? Den besten Preis bieten wir auch so.

 

 

Apropos: Angeblich zahlt Hofer seine Mitarbeiter im Vergleich zum Mitbewerb besser.

Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Verkauf verdienen für 3,5 Tage die Woche jenes Gehalt, das sie beim Mitbewerb für die ganze Woche erhalten würden.

Und deshalb müssen die Kassiererinnen dann auch etwas flotter sein als anderswo?

Nun ja: Effizienz ist uns wichtig. Und ich denke, dass das doch motivierend wirkt, wenn man mit 27 Stunden ungefähr so viel verdient wie mit 38,5 Stunden.

Ist der 12-Stunden-Tag eigentlich ein Thema?

Wir bieten unterschiedliche Arbeitszeitmodelle an, der 12-Stunden-Tag ist derzeit aber kein Thema.

Ist die Dreieinhalb-Tage-Woche bei Hofer die Regel?

Die meisten Verträge im Verkauf sind auf 3,5 Tage Teilzeit ausgerichtet. Das hat auch mit Flexibilität zu tun, die sich unsere Beschäftigten wünschen. Die meisten Beschäftigten sind Frauen. Im Verkauf beträgt der Frauenanteil 80 Prozent.

3,5 Tage arbeiten und so viel verdienen wie in fünf Tagen: Da müssen Ihnen die Bewerberinnen die Türe eintreten, oder?

Wir suchen immer gute Leute, die sich mit unserem Unternehmen identifizieren.

Zum Image: Hofer gibt sich gerne grün.

Nachhaltigkeit ist bei uns keine Worthülse. Wir haben ein schwieriges Projekt vor uns: Wir wollen bis zum Jahr 2025 die Menge an Verpackungsmaterial unserer Exklusivmarken um 30 Prozent reduzieren. Glauben Sie mir: Da wird dann jedes noch so kleine Plastikteil bei einer Verpackung zum Thema.

Bleiben die Waren dann aber noch frisch?

Genau das ist die Herausforderung.

Aber ist den Konsumenten Nachhaltigkeit, Bio, Regionalität und so weiter nicht egal, weil es am Ende doch um den Preis geht?

Nein überhaupt nicht. Es kommt schon darauf an, welche Qualität die Konsumenten zu welchem Preis bekommen.

Gilt das auch für die Tierwohl-Initiative Fair Hof?

Ja. Fair Hof ist ein Projekt, bei dem es um höchste Standards im Zusammenhang mit dem Tierwohl geht. Das schätzen die Kunden, sodass wir hier das Sortiment bereits erweitern mussten.

Themenwechsel: Österreich hat ein EU-weit überdurchschnittlich dichtes Netz an Supermärkten. Das kann sich auf Dauer doch nicht rentieren, oder?

Das Filialnetz ist enorm dicht, ja. Es gibt Studien, die besagen, dass in Österreich die Hälfte der gesamten Handelsflächen vor allem im Non-Food-Bereich aufgelöst werden müssten.

 

 

Klingt nach dramatischer Veränderung?

Ich halte diese Zahl zwar für zu hoch, aber die Dinge entwickeln sich heute sehr dynamisch. Niemand kann sagen, wie der Lebensmitteleinzelhandel vor dem Hintergrund der Digitalisierung in 20 Jahren aussehen wird. Ich glaube jedoch nicht, dass in ein paar Jahren Äpfel und Birnen nur mehr online bestellt werden.

Warum nicht?

Weil es immer um die Frische der Produkte gehen wird. Und dieser Punkt wird immer wichtiger.

Der Marktanteil von Hofer stagniert seit Jahren auf hohem Niveau zwischen 20,5 Prozent und 20,9 Prozent. Sind die Grenzen des Wachstums also erreicht?

Unser Marktanteil ist stabil. Wir haben eine klare Strategie: Konzentration auf Frische und bestehende Standorte und auf unsere Exklusivmarken.

Die große Filial-Expansion wird es aber nicht mehr geben.

Exakt. Es wird aber immer Neu-Eröffnungen geben. Etwa dort, wo neue Verkehrswege und Knotenpunkte oder wie in Wien neue Wohnviertel entstehen. Ansonsten wird unser Investitionsschwerpunkt für die nächsten fünf Jahre eindeutig auf unsere bestehenden 500 Filialen fokussiert sein.

Sie waren jetzt über sieben Jahre in den USA. Kulturschock überwunden?

Ja (lacht). Es war eine spannende Zeit,und jetzt bin ich glücklich, wieder hier in Österreich zu sein.

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