Das Geschäft mit dem Weltraum
Über Jahrzehnte hinweg war die Reise in den Weltraum Astronauten und Wissenschaftern vorbehalten. Aber gerade die jüngste Realität zeigt, dass auch Normalsterbliche in den Orbit abheben können. Diese Normalsterblichen brauchen jedoch viel Geld. Zuletzt hat die Raumfahrt einen regelrechten Boom erlebt. Gleich zwei private Raumfahrtabenteuer haben letzten Sommer statt gefunden.
Rennen der Reichen
Richard Branson’s Virgin Galactic und Jeff Bezos’ Blue Origin haben ihre beiden Gründer in den Himmel befördert. Die Flüge der beiden Milliardäre waren die ersten, bei denen nicht der Forschungszweck im Vordergrund stand. Jetzt wollen die beiden Unternehmer Weltraumtouristen Flüge anbieten.
Dabei will auch der SpaceX-Gründer Elon Musk mitmischen. Sein Unternehmen beförderte im September die erste nur aus Laien bestehende Raumfahrt-Crew nach oben. Die vier Weltraumtouristen umkreisten drei Tage lang die Erde. Ein PR-Coup ist dann einen Monat später Bezos gelungen, indem er William Shatner, der „Captain Kirk“ in Star Trek verkörperte, für rund 10 Minuten als Weltraumtourist ins All schickte.
Ein erstes Mal hat auch Axiom Space für Ende Februar geplant: Die US-Firma aus Houston fliegt die erste rein private Crew mit SpaceX für acht Tage in 400 Kilometer Höhe zur Internationalen Raumstation (ISS). An Board werden der frühere Nasa-Astronaut und Axiom-Vice President Michael López-Alegría sein. Er war mehrmals für die NASA im All und ist überzeugt, dass Ausflüge im erdnahen Raum Routine werden.
Axiom-Chef Michael Suffradini war übrigens einmal der Gesamtmanager der Internationalen Raumstation ISS. Seine Vision: Multifunktionale Raumstationen. Mit einem Mini-Hotel für Touristen. Daran angeschlossen: Labore für Wissenschafter und später einmal Fabriken.
Touristenreisen ins All
Eine Touristenreise ist das Vorhaben jedoch nicht. Geplant sind mehrere Forschungsprojekte für den Flug und auf der Raumstation. Nach Angaben von Axiom soll es weitere Missionen dieser Art geben. Geplant seien bis zu zwei Flüge pro Jahr.
Streng genommen erfolgte der Startschuss für den Weltraumtourismus schon vor über 10 Jahren. 2001 war der Multimillionär Dennis Tito, die erste Zivilperson auf der Internationale Raumstation ISS. Nur eine Handvoll folgten ihm seither. Hauptgrund: der hohe Preis.
Exorbitante Kosten
Um umgerechnet über 48 Millionen Euro pro Person will Elon Musk in diesem Jahr Menschen in die 400 Kilometer entfernte ISS fliegen. Ein Ticket für einen Flug mit Bransons Virgin Galactic soll ab heuer knapp 395.000 Euro kosten. Allerdings führt die Reise nur rund 85 Kilometer in die Höhe und das zählt streng genommen nicht zum Weltraum. Die Grenze von Luft- und Raumfahrt liegt nämlich bei 100 Kilometern, der sogenannten Kármán-Linie.
Blue Origin überschreitet diese Linie und schaffte bisher 107 Kilometer. Ein Sitzplatz für den ersten Flug wurde um über 24 Millionen Euro versteigert. Wie viel die regulären Tickets in Zukunft kosten werden ist noch unbekannt. In einem Statement von 2018 gab Branson aber bekannt, den Preis auf 35.000 Euro pro Person in Zukunft senken zu wollen.
Ökologisch reisen
Ein Massentourismus zeichnet sich vorerst nicht ab. Das meint auch der Chef der Luft- und Raumfahrt der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) Andreas Geisler. „In welcher Form das ein Thema werden wird, wird sich zeigen. Ein Elitethema bleibt das bestimmt noch 20 Jahre.“
Unabhängig von der Geschwindigkeit der Entwicklungen, ist die Ökologie ein bestimmendes Thema. „Wir sprechen von wiederverwertbaren Teilen bis zu grünem Treibstoff. Wenn man viele Menschen befördern möchte, wird das zu einer Grundbedingung.“
Mond als Sprungbrett zum Mars
Um Rohstoffe geht es auch am Mond. Schon 2009 wurde nachgewiesen, dass es Hunderte Millionen Tonnen Wassereis am Südpol des Mondes gibt. Daraus kann man theoretisch Wasserstoff und damit Raketentreibstoff gewinnen. Und nicht zuletzt glaubt man, dass es große Mengen wertvolle Metalle und die so wichtigen „Seltenen Erden“ auf dem Mond gibt. Kommerziellen Bergbau werde es am Mond aber nicht so schnell geben, sagt Geisler.
Der Mond soll aber auch ein Sprungbrett Richtung Mars sein. Dort will man die Visionen für den Mars ausprobierten. Im Fokus steht der Aufbau einer Mondinfrastruktur, das heißt ein Navigations- und Kommunikationssystem rund um den Mond. Mit Letzterem beschäftigt sich aktuell Nokia. Sie wollen 5 G auf den Mond bringen. Und auch an der geplanten Raumstation „Lunar Gateway“ wird gearbeitet. Dabei ist Österreich nicht unbeteiligt. Die Innenausstattung dafür kommt nämlich von der Wiener Liquifer Systems Group.
Unter Beobachtung
Auch Satelliten kommen aus Österreich. Vier Stück befinden sich derzeit im Umlauf. Der jüngste Satellite, "Adler 1" aus Tirol, erst seit Freitag. Der Satellit, der in Kalifornien gestartet wurde, soll in über 500 Kilometern Höhe neue Erkenntnisse über Weltraumschrott ans Licht bringen. Das Projekt wurde gemeinsam mit dem im Silicon Valley und von dem Österreicher Peter Platzer geführten Technologieunternehmens Spire Global umgesetzt und durch die oberösterreichische Findus Venture GmbH finanziert.
Ein „höherer sechsstelliger Betrag“ sei in das Projekt geflossen, die genaue Summe wollte Direktor des Österreichischen Weltraum Forums (ÖWF) Gernot Grömer nicht nennen. In wenigen Wochen soll es erste Daten geben.
Die ersten Satelliten wurden vor mehr als 60 Jahren in den Weltraum geschossen. Mittlerweile kreisen Tausende Satelliten um die Erde, die uns verbinden und Daten generieren. Derzeit stelle sich die Frage, ob es für das Internet aus dem All langfristig genügend Kunden geben könnte, denn im Moment ist alles von Investoren finanziert. Der Breitbandausbau sei mit 5 G oder 6 G in den Ballungszentren Europas, Nordamerikas und Asiens gut entwickelt, erklärt Geisler.
Satelliteninternet als Back-up
Auf europäischer Ebene überlegt man derzeit, mit dem Satelliteninternet Ausfälle oder Überlastungen zu Überbrücken. „Ich erwarte, dass man bis 2025 ungefähr sehen kann, wie gut die Dinge beginnen, zu funktionieren. Letztendlich wird es von Kunden und Umsätzen abhängen“, so Geisler. Neben dem Verbinden beobachten Satelliten auch. Dadurch könnten Vorgänge aus der Welt beispielsweise besser verstanden werden und das soll zur Verbesserung unseres Lebensraums führen.
Ein Modell der Erde
„Das heißt, zu jedem Augenblick, jeden Ort der Welt anhand von Satellitendaten charakterisieren zu können. Zum Beispiel könnte man über den aktuellen Boden-Wassergehalt Bescheid wissen und damit ein digitales Modell der Erde abbilden. Damit könnte man Vorhersagen machen und auch beobachten, wie sich Wetter und Klima verändern und so letztlich politische Maßnahmen für den Klimaschutz treffen“, sagt Geisler.
Die Satellitenindustrie beläuft sich derzeit auf rund 237 Milliarden Euro. Das sind mehr als ein Drittel der gesamten Weltraumwirtschaft. Und das soll mehr werden. Morgan Stanley schätzt, dass die globale Weltraumindustrie im Jahr 2040 einen Umsatz von knapp 900 Milliarden Euro erwirtschaften wird. Ausgehend von mehr als 300 Milliarden Euro (2020) soll sich der Umsatz bereits bis zum Jahr 2030 auf etwa 530 Milliarden Euro verdoppeln.
In Österreich lag der erwirtschaftete Jahresumsatz zuletzt bei 125 Millionen Euro: Rund 120 österreichische Unternehmen und Forschungseinrichtungen sind für den Raumfahrtsektor in Österreich tätig. Über 1.000 Menschen beschäftigen sich unter anderem mit Raumfahrttechnik, Erdbeobachtung oder Weltraumphysik. Die Mehrzahl der Unternehmen ist dabei im Bereich der satellitengestützten Anwendungen tätig.
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