Chorherr-Prozess: "Es wird so lange verhandelt, bis alle verurteilt sind"

Chorherr-Prozess: "Es wird so lange verhandelt, bis alle verurteilt sind"
Beisitzendem Richter wird von Verteidigern Befangenheit vorgeworfen, das Gericht hat aber den Befangenheitsantrag abgeschmettert.

Der Korruptionsprozess gegen den früheren Wiener Grünen-Politiker Christoph Chorherr und neun mitangeklagte Unternehmer steht unter keinem guten Stern. Einerseits scheint es, dass sich die beiden Oberstaatsanwälte der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft auf dünnem Eis bewegen, weil sie bisher keine handfesten Beweise für mutmaßlich durch karitative Spenden „geschmierte“ Bauwidmungen vorweisen konnten.

Anderseits kam es gestern, Freitag, im großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts zu einem Eklat. Richter Michael Tolstiuk präsentierte dem Auditorium ein Schreiben eines Ersatzschöffen, mit dem dieser von seiner Funktion zurücktreten wollte. Der Laienrichter gab an, dass ein beisitzender Berufsrichter am ersten Prozesstag (8. November) auf die Frage, wie lange der Prozess dauere, gesagt haben soll: „Es wird so lange verhandelt, bis alle verurteilt sind.“ Vier Schöffen haben die Aussage vor Gericht bestätigt.

Anschein genügt

In der Folge hagelte es Befangenheitsanträge gegen den beisitzenden Richter seitens der hochkarätigen Verteidigerriege um Richard Soyer, Michael Rami, Norbert Wess, Johann Pauer und Otto Dietrich. Laut Strafprozessordnung reicht schon „der Anschein einer Befangenheit“ aus, dass ein Richter seinen Platz räumen muss. In diesem Fall hätte die zweite beisitzende Richterin die Rolle nahtlos übernehmen können. Das wäre die „elegante“ Lösung gewesen. Das Gericht (zwei Richter, zwei Schöffen) zog sich zur Beratung zurück und lehnte den Befangenheitsantrag ab.

Es kam zum Schluss, dass keine Befangenheit vorliege, Worte möglicherweise etwas unglücklich gesagt wurden und eine Missinterpretation vorliege.

Dass das spätere Urteil in diesem Verfahren per Nichtigkeitsbeschwerde beim OGH angefochten wird, steht damit jetzt schon fest.

Nach dieser Verzögerung wurde der dritte Prozesstag mit der Befragung von Christoph Chorherr fortgesetzt. Ihm wird Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit vorgeworfen, den anderen Beschuldigten Bestechung.

Wohlwollen sichern?

Sie sollen Gelder an einen gemeinnützigen Verein Chorherrs, der in Südafrika Schulen und Kindergärten errichtete, gespendet haben und sich im Gegenzug dessen Wohlwollen bei Flächenwidmungen erwartet haben.

Das wird aber von allen zehn Angeklagten bestritten. Chorherr wurde vor allem zu seinem Verhältnis zum mitangeklagten Investor Michael Tojner befragt, dessen umstrittenes Hochhaus-Projekt am Wiener Heumarkt die Wiener Grünen gespalten hat. Vor allem deswegen, weil Tojner dort Luxuswohnungen plante. Chorherr regte an, dass Tojner für eine andere Nutzung Substanzielles vorlege.

35.000 Euro gespendet

Planungsstadträtin Vassilakou hatte sich für das Projekt entschieden. „Da war der Teufel los“, sagt Chorherr. „Ich habe mich ihr verpflichtet gefühlt und habe dafür gestimmt.“ Das war im Sommer 2017. Tojner spendete Chorherrs Südafrika-Verein im Mai 2018 35.000 Euro.

Die Spende sei erfolgt, weil durch eine „unsachlichen medialen Kampagne und Diffamierung Chorherrs“ das Schulprojekt in Südafrika gefährdet gewesen sei, sagte Tojner, der sich „nicht schuldig“ bekannte.

Kein Vorteil

Tojner sagte auch aus, dass er mit sämtlichen politischen Parteien über sein Heumarkt-Projekt gesprochen habe, auch mit Chorherr. Chorherr habe aber nicht zu den Top-5-Personen gezählt, die für ihn relevant gewesen seien. Indes wollte Tojner in einer eMail an Chorherr sinngemäß auf die Hälfte der Luxuswohnungen am Heumarkt verzichten, wenn man ihm bei der Höhe des Turms entgegenkomme.

„Das Projekt wurde abgewickelt, ohne dass irgendjemand einen Vorteil erhalten hat“, sagte Tojner. „Meine Fördertätigkeit für die Schule in Südafrika steht in keinem Zusammenhang damit.“

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