Chip-Krise: "Europa und die USA sollten sofort Fabriken bauen"
Eines vorweg: Die Halbleiter-Produktion ist global aufgestellt. Oft gehen Chips zwei bis drei Mal um die Welt, bis sie verkauft werden. Was nichts an der Dominanz von einem Produktionsland ändert – Taiwan.
Etwa zwei Drittel der global produzierten Chips kommen derzeit aus Fabriken in Taiwan, allen voran von TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Company), dem größten unabhängigen Auftragsfertiger für Halbleiter auf der Welt. Speziell wenn es um Massenproduktion, wie für Smartphones geht, läuft ohne TSMC quasi nichts mehr. Und so ein Szenario ist aus Sicht von Sam Geha, General Manager bei Infineon im Silicon Valley, realistisch. Er verweist auf die politischen Spannungen zwischen China und Taiwan.
Lose-Lose-Situation
Die Abhängigkeit ist groß. „Ich hoffe, China ist klug genug, nicht anzugreifen“, sagt Sam, geht aber davon aus, dass das nur eine Frage der Zeit sei. „Eine Lose-Lose-Situation. Europa und die USA sollten am besten sofort mit dem Bau eigener Fabriken beginnen, um die Versorgung zu sichern.“ Leichter gesagt als getan. TSMC gilt bei der Produktion von schnellen, also 5- oder gar 3-Nanometer-Chips als konkurrenzlos. „5 Nanometer werden wir so schnell in europäischen Fabriken nicht sehen, das Know-how dafür ist in Südkorea und Taiwan.“
Derzeit laufen Verhandlungen mit TSMC, die erste europäische Fabrik in Dresden hochzuziehen. Wie immer bei solchen Standortentscheidungen geht es um Förderungen und Kooperationen – im konkreten Fall wird etwa der Autozulieferer Bosch als möglicher Joint-Venture-Partner gehandelt. Details sind noch nicht bekannt, Experten verweisen im Handelsblatt darauf, dass die Betriebskosten für TSMC außerhalb Taiwans um 40 bis 50 Prozent höher sind.
„In Europa werden derzeit zehn Prozent der weltweiten Chips produziert, bis 2030 sollen es 20 Prozent sein“, sagt Florian Tursky, Staatssekretär für Digitalisierung, bei einem Besuch im Silicon Valley. Um dieses Ziel zu erreichen, muss aufgrund des immer größeren Chipbedarfs rund um die Welt die Produktionskapazität vervierfacht werden.
Kürzlich wurde dazu der European Chips Act verabschiedet, für den eine Investitionssumme von 43 Milliarden Euro aufgestellt werden soll. „Österreich ist übrigens innerhalb der EU das viertgrößte Produktionsland“, betont Tursky. Dank dem deutschen Halbleiterkonzern Infineon, der in Villach 9 Milliarden Chips im Jahr produziert – vor allem für die Autoindustrie. Chips für Handys kommen primär von den großen drei der Welt – TSMC, Samsung (Südkorea) und dem US-Hersteller Intel, der allerdings stark an Marktmacht eingebüßt hat.
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