Kampf um die Kreditkarten
Andrea Hodoschek
01.08.24, 06:00Wenn sich die Aufsichtsräte von Card Complete morgen, Freitag, treffen, wird die Stimmung nicht allzu freundlich sein. Vielmehr ist zu erwarten, dass sich die Eigentümervertreter wieder heftige Diskussionen liefern werden. Es geht um die Zukunft von Österreichs größtem Kreditkartenunternehmen, die Standpunkte sind weit auseinander.
Natürliche Interessenskonflikte sind bei der Aktionärsstruktur der Card Complete-Gruppe aufgelegt. Mehrheitseigentümer mit 50,1 Prozent ist UniCredit Bank Austria, 25 Prozent hält die Raiffeisen Bank International (RBI) und 24,9 Prozent die AVZ-Stiftung der Stadt Wien, ein Relikt der ehemaligen Zentralsparkasse. Die zwei Banken dürften durchaus andere Geschäftsinteressen haben als die Stiftung.
Unter Druck
Das Geschäftsmodell von Card Complete, formal eine Bank, ist schon seit gut zehn Jahren unter Druck. Seit damals wurde nicht mehr größer investiert. Was zu einem Investitionsstau führte, vor allem im IT-Bereich. Allerdings soll, hört man, keiner der Eigentümer bereit sein, eine höhere Summe in das Unternehmen zu stecken. Im Gegenteil.
Die Welt des Zahlungsverkehrs hat sich rasant weiter entwickelt. Card Complete betreibt als Komplettanbieter zwei Geschäftsfelder. Das Aquiring ist die Infrastruktur aus Terminals und der Abwicklung der Zahlungsströme. Händler und Dienstleister werden an das Kartennetzwerk angebunden.
Das Issuing ist die Ausgabe von Karten an die Kunden. Die meisten Konsumenten beantragen und erhalten eine Kreditkarte von ihrer Hausbank, der Emittent ist aber oft eine Kreditkarten-Bank wie Card Complete. Jeweils ein Drittel der rund eine Million Kartenkunden kommt von UniCredit Bank Austria und Raiffeisen.
Für die Infrastruktur gibt es längst internationale, spezialisierte Groß-Anbieter, die Karten-Ausgabe machen die meisten Banken inzwischen selbst.
Dazu kommt, dass die Kartenkunden seit Corona weniger außerhalb der EU verreisen, weshalb die lukrativen Wechselkurs-Erträge wegbrechen. Und während die Banken von den steigenden Zinsen profitieren, muss sich Card Complete die Vorausfinanzierung der Kunden teuer über die Banken refinanzieren. Für 2023 wies die Card Complete Service Bank AG einen Bilanzverlust von 14,4 Millionen Euro aus.
Seit fünf Jahren wurden etliche potenzielle Käufer sondiert. Es klappte nie, zuletzt auch nicht mit dem italienischen IT-Konzern SIA. Der Unternehmenswert wurde nur noch mit 250 bis 300 Millionen Euro taxiert.
Die wahrscheinlichste Variante ist jetzt die Filetierung. Bank Austria und RBI wollen die Kartenkunden herauskaufen, wird kolportiert. Der Rest, also die Terminals samt Infrastruktur, soll verkauft werden. Dieser Teil bringt höhere Erträge als die Emission der Kreditkarten.
Bis dato ist allerdings nur ein einziger ernst zu nehmender Kaufinteressent aufgetreten. Die britische DNA Payments Group, eine auf Zahlungsverkehr spezialisierte Fintech-Gruppe in London.
Hintermänner
Interessant sind deren Hintermänner. Gründer und Eigentümer sind der kasachische Geschäftsmann und Banker Arif Babayev und sein Partner Nurlan Zhagiparov.
Das Angebot dürfte allerdings bescheiden sein, kolportiert werden lediglich 70 bis 80 Millionen Euro.
Der Erwerb einer Bank unterliegt in der EU dem Eigentümerkontrollverfahren. Die Finanzmarktaufsicht stellt den Antrag, die Letztentscheidung trifft die Europäische Zentralbank.
Babayev dürfte eine Doppel-Staatsbürgerschaft haben, er tritt offiziell als Brite auf. Bankerfahrung sammelte er bei ABN Amro, der Royal Bank of Scotland und als Manager einer der größten Banken von Kasachstan, die zuvor in russischem Eigentum stand. Dort jobbte auch sein Partner Zhagiparov.
2017 übernahm Babayev die Sky Bank in Kiew, die inzwischen auf Eis gelegt ist.
Der AVZ wäre gemäß ihrem Stiftungsauftrag der Erhalt des Unternehmens am liebsten. Die beiden Miteigentümer hoffen jedoch, dass die AVZ ihrem Modell zustimmt. Die Banken müssten für das Karten-Geschäft eine Abgeltung an Card Complete bezahlen, deren Höhe noch offen ist. Sie haben den Vorteil, dass sie selbst ausreichend Liquidität für die Vorausfinanzierung der Kartenumsätze haben. Bank Austria und RBI wollen das Thema derzeit nicht kommentieren. Der Deal soll im Herbst durchgezogen werden.
andrea.hodoschek@kurier.at
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