Austro-Start-ups: Potenzial für mindestens 50 weitere Einhörner
Felix Ohswald, Mit-Gründer der inzwischen 1,3 Mrd. Euro teuren Wiener Lernplattform GoStudent, hat nur ein Ziel: Das größte Bildungsunternehmen der Welt aufzubauen. Größenwahn? „Nein, genau diese Einstellung brauchen wir, um aus Österreich heraus Weltmarktführer zu formen“, ist Lisa-Marie Fassl überzeugt. Die neue Regierungsbeauftragte für Start-ups will „die heimischen Start-ups „aus ihrer Nische heraus und Österreich auf die internationale Landkarte bringen“, wie sie im KURIER -Interview erläutert.
Start-ups sind per Definition jünger als zehn Jahre, innovativ, technologieorientiert und haben ein skalierbares Geschäftsmodell, was relativ rasches Wachstum ermöglicht. In Österreich fallen jährlich 1.000 bis 1.500 von rund 38.000 Unternehmensgründungen darunter. Es ist also nur eine kleine Minderheit, die „größer denkt“, wie Fassl meint.
Wachstumsmotor
Lange Zeit als Kinder-Spielwiese der Wirtschaft belächelt, entwickelt sich die Start-up-Szene zum wichtigen Wachstumsmotor nach der Krise – und wird verstärkt international wahrgenommen. Mit dem Krypto-Broker Bitpanda und dem Online-Nachhilfeportal GoStudent gibt es inzwischen zwei sogenannte „Einhörner“, also Start-ups, die mehr als eine Milliarde Euro wert sind. Sie sind global tätig und beschäftigen bereits mehrere Hundert Mitarbeiter.
Erst der Auftakt, ist Fassl überzeugt. Sie spricht von „mindestens 50 weiteren Unternehmen“, die ob ihrer Entwicklung das Potenzial zum Einhorn hätten und verweist auf die jüngsten Finanzierungsrunden. Allein in dieser Woche sammelten Refurbed, der Wiener Internet-Marktplatz für generalüberholte Smartphones und Laptops, und die Grazer Sicherheitsfirma Nuki Home Solutions 45 bzw. 20 Mio. Euro bei in- und ausländischen Investoren ein. Auch das Start-up Storebox wurde mit einer kräftigen Finanzspritze von 52 Mio. Euro versorgt.
Rekordfinanzierung
Trotz Corona floss im ersten Halbjahr insgesamt die Rekordsumme von 518 Millionen Euro an Austro-Start-ups, das war doppelt so viel wie im ganzen Jahr 2020 (s .Grafik).
Fassl sieht dennoch große Finanzierungshürden in Österreich und pocht auf die versprochenen Erleichterungen bei der Firmengründung (neue Rechtsform), Mitarbeiterbeteiligung oder Investitionsfreibetrag. Kapitalgeber würden ihr Geld eben dort investieren, wo die Steuerlast am geringsten ist.
Strategie gefragt
Es brauche aber auch eine „zentrale Start-up-Strategie und mehr Mut, sich auf bestimmte Themen zu konzentrieren, wo Österreich Weltklasse werden könnte“, so die Gründerin von Female Founders. Als Beispiele nennt sie die Bereiche LifeSciene, GreenTech, Quantencomputing sowie Luft- und Raumfahrttechnologie. Hier gebe es im Land eine gute universitäre Grundlagenforschung. „Wir können nicht bei allen Themen mitmischen, aber wirklich exzellent in einigen Nischen sein.“ Schon jetzt zeichne sich Österreich durch viele Hidden Champions (siehe Artikel links) aus, die nicht unbedingt am Hochglanz-Cover von Magazinen seien, aber sehr wichtig für den Wirtschaftsstandort.
Von der Politik fordert Fassl Weitblick: „Wir müssen uns überlegen, wie Österreich in zehn bis 20 Jahren aussieht, wo die Wertschöpfung passiert und wo die Arbeitsplätze der Zukunft sind.“
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