Helmut Kern, ÖVP-naher Aufsichtsratschef der ÖBAG, überraschte dieser Tage Geschäftspartner und Freunde. Er teilte per Mail mit, dass er mit Ende Juni nach fünf Jahren seinen Job als Gesamtleiter des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder zurücklege.
Den Fokus seiner beruflichen Aktivitäten werde er künftig auf seine diversen Funktionen legen, an erster Stelle nannte Kern den Aufsichtsratsvorsitz der ÖBAG.
Die Staatsholding steht seit Längerem im Fokus heftiger Kritik der Opposition. Kern hat jetzt mehr Zeit, wird er sich künftig also stärker um die ÖBAG und deren Alleinvorstand Thomas Schmid (ÖVP) kümmern?
„Glaube nicht, ich habe mich bisher schon sehr intensiv um die ÖBAG gekümmert“, sagte Kern gegenüber dem KURIER. Die ÖBAG sei so aufgestellt, dass der Aufsichtsrat und dessen Vorsitzender eine aktive Rolle spielen sollten. Das Entgelt für den Vorsitz beträgt im Jahr 25.000 Euro.
Dass Kern nochmals in eine operative Managementfunktion gehen wird, ist eher unwahrscheinlich. Der 55-jährige ehemalige Consulter (Deloitte, PwC) hat 25 Jahre Erfahrung als Aufsichtsrat und dürfte eher an internationalen Verwaltungsratsmandaten interessiert sein. In Österreich gäbe es bei Aufsichtsratsmandaten wahrscheinlich ohnehin zu viele Unvereinbarkeiten mit der ÖBAG, der größten Industrieholding des Landes.
Verbund-Anzengruber (ÖVP) als Kandidat für OMV-Spitze
Die ÖBAG hält 31,5 Prozent am heimischen Öl- und Gaskonzern OMV. Dort neigt sich die Funktionsperiode von Aufsichtsratschef Wolfgang Berndt langsam dem Ende zu. Bei der von Mai auf Ende September verschobenen Hauptversammlung wird Berndt voraussichtlich nochmals verlängert, allerdings nur bis Mai 2021. Der 77-Jährige sitzt seit 2010 im Aufsichtsrat, der Umgang mit OMV-Chef Rainer Seele ist freundschaftlich.
Dass Berndt allerdings im Mai über die Nachrichtenagentur Reuters die Prüfung der Reiseausgaben und Sponsoring-Aktivitäten von Seele öffentlichkeitswirksam ankündigte, sorgte im Unternehmen und in Eigentümerkreisen für viel Kritik.
Als Nachfolger wird bereits jetzt Noch-Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber ins Spiel gebracht. Der 64-jährige Oberösterreicher geht mit Ende 2020 als CEO des mehrheitlich staatlichen Verbundkonzerns ab. Der ÖVP-nahe Top-Manager gilt im staatsnahen Bereich als Personalreserve für Aufsichtsratsjobs.
Anzengruber ist ebenfalls gut Freund mit Seele. Der Stromkonzern und die OMV kooperieren schon länger. Um den Riesendeal mit Borealis zu finanzieren, verkauft die OMV derzeit ihre 51 Prozent am österreichischen Gasnetz GCA an den Verbund. Außerdem wird bei innovativen Projekten im Energiebereich zusammen gearbeitet.
Tumpel-Gugerell (SPÖ) wird verlängert
Im Gegensatz zu Berndt wird das Aufsichtsratsmandat der ehemaligen Bankerin Gertrude Tumpel-Gugerell wahrscheinlich um zwei Jahre verlängert. Ihr wird als Leiterin des Prüfungsausschusses gute Arbeit attestiert. Die SPÖ-nahe Managerin ist noch im Aufsichtsrat des Versicherungskonzerns VIG und der deutschen Commerzbank. Die Spitzenbankerin war Direktorin der Europäischen Zentralbank und Vize-Gouverneurin der Oesterreichischen Nationalbank.
Kommentare