AUA-Chef: "Mit leeren Flugzeugen fliegen, das kann jeder“
Was geht im AUA-Chef vor, wenn er an die orange Ampel denkt?
Alexis Hoensbroech: Wir müssen uns darauf einstellen, dass der Herbst und Winter für unsere Branche eine sehr, sehr schwierige Zeit werden wird. Gerade angesichts der vielen zweiten Wellen und neuen Reiserestriktionen wird es herausfordernd. Aber die Hoffnung, dass wir im nächsten Sommer eine andere, normalisierte Situation haben, ist durch die Möglichkeit von Impfungen und Medikamenten jedenfalls gegeben.
Lässt sich die „schwierige Zeit“ in Zahlen bemessen. Mit wie viel Passagierrückgang rechnen Sie im Vergleich zum Vorjahr oder den vergangenen Monaten?
Aktuell fliegen wir rund 30 Prozent von dem, was wir normalerweise fliegen. Vielleicht wird es noch etwas nach oben gehen, aber sehr viel mehr wird es leider heuer nicht werden können. Es ist auch weniger als wir ursprünglich geplant hatten. Wir wussten aber immer, dass die Situation so lange unvorhersehbar sein wird, solange wir das Virus nicht im Griff haben. Insbesondere deshalb halten wir es für wichtig, dass die europäischen Staaten sich darauf verständigen, eine gemeinsame Corona-Politik zu betreiben. Im Augenblick sehen wir aber einen unglaublichen Nationalismus.
Woran machen Sie den Nationalismus fest?
Jedes Land überbietet sich mit kurzfristigeren und noch radikaleren Einschränkungen. Wir glauben, dass das der falsche Weg ist. Reisefreiheit und Gesundheitsschutz sind vereinbar. Dafür gilt es, neue Testprogramme aufzuziehen. Quarantäne oder Reisebeschränkungen sind der falsche Weg.
Gibt es bereits schnellere Testmöglichkeiten?
Aktuell ist der PCR-Test das Mittel der Wahl. Wir wissen aber, dass viele neue Testverfahren nicht nur in der Entwicklungs-, sondern bereits in der Genehmigungsphase sind. Die Hoffnung ist groß, dass sehr bald schnellere und kostengünstigere Testverfahren auf den Markt kommen, die eine Testung wirklich zeitnah und unmittelbar vor dem Flug ermöglichen.
Stichwort: Kostengünstiger. Eine Vielzahl an Low-Cost-Anbietern, die auch am Flughafen Wien sind, sind deutlich günstiger als die AUA. Wizz-Chef Jozsef Varadi sagte im KURIER-Gespräch, dass Ticketpreise um 10 bis 20 Prozent sinken werden müssen, um im Wettbewerb zu bestehen. Was kontern Sie Varadi angesichts des von der Regierung angedachten 40 Euro-Mindestpreise bei Tickets?
Der Wizz-Chef hat gestern sehr selbstbewusst erzählt, dass er Marktanteile in Wien gewonnen hat, weil er expandiert hat.
Hat er denn nicht? Der Marktanteil der AUA sank von Jänner bis August von 40 auf 34 Prozent, Wizz steigerte sich im Vergleichszeitraum von 8 auf 15 Prozent.
Ich kann nur sagen: Mit leeren Flugzeugen fliegen, das kann jeder. Wir fliegen mit Augenmaß und achten darauf, dass die wenigen Flieger, die wir in der Luft haben, gut ausgelastet und damit wirtschaftlich sind. In diesen Zeiten von Marktanteil zu sprechen, das ist nichts anderes als ein Strohfeuer. Das kostet viel Geld, um das Leuchten zu erhellen. Das Feuer ist aber auch schnell wieder erloschen.
Kann sich die AUA je revitalisieren?
Bei aller Sorge um die nächsten Monate ist meine Zuversicht für die längerfristige Zukunft ungebrochen. Weil Menschen fliegen wollen. Die Grundtrends, die das Fliegen über die letzten Jahre zum Wachsen gebracht haben, sind intakt. Die Globalisierung wird es weiterhin geben. Die Menschen wollen, so wie sie Wohlstand haben, anfangen zu fliegen. Vier von fünf Menschen auf dem Planeten saßen noch nie in ihrem Leben in einem Flugzeug. Und viele dieser Menschen werden über kurz oder lang fliegen. Deshalb wird die Luftfahrtbranche perspektivisch nicht nur auf das alte Niveau, sondern darüber hinaus wachsen. Es wird dauern, aber heute 10-jährige Kinder werden in der Luftfahrtbranche gesuchte Mitarbeiter sein. Davon bin ich überzeugt.
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