Atomic-CEO: "Wir sind die Premiummarke in China“
KURIER: Marcel Hirscher, Atomic-Testimonial, hat vor gut einem Jahr seinen Rücktritt aus dem Skizirkus bekannt gegeben, wenige Monate später kam Corona. Wird es unter diesen Vorzeichen ein Jahr in den schwarzen Zahlen für Atomic?
Wolfgang Mayrhofer: Ja. Wir werden bei minus 15 bis 20 Prozent beim Umsatz zu liegen kommen. 2019 haben wir deutlich über 200 Millionen Euro gemacht. Das Ergebnis wird ok, wir werden definitiv schwarze Zahlen schreiben.
Womit rechnen Sie denn für den kommenden Winter? Werden ohne Après-Ski viele aufs Skifahren und den Skiurlaub verzichten?
Im Sommer war Outdoor total angesagt. Im Winter ist Outdoor Skifahren und Skitouren gehen. Natürlich wird es Restriktionen geben. Aber ich habe nicht die Angst, dass die Leute sich nicht mehr Ski fahren trauen. Touristiker rechnen mit im schlimmsten Fall 20 Prozent minus bei den Gästen. Vielleicht wird von den Leuten nicht mehr so viel in Après-Ski investiert, aber dafür wird der Sport wieder interessanter.
Die Corona-Krise hat den Ausbau am Standort Altenmarkt verzögert. Sind die Arbeiten abgeschlossen?
Das Distributionszentrum werden wir in Kürze fertigstellen. Es wird uns leistungsfähiger machen. Es ist der letzte Schritt in einem mehrstufigen Prozess, in dem es um die Reduktion des Carbon Footprints ging. Wir produzieren künftig noch ressourcenschonender und effizienter.
Die Produktion in Altenmarkt selbst ist ja auch für vier Wochen stillgestanden. Haben Sie die Produktionsrückstände aufgeholt?
Wir hatten einen Spielraum, weil wir um 15 bis 20 Prozent weniger Ski verkaufen werden. Den Rest haben wir aufgeholt. Was wir im März in der Produktion versäumt haben, ist weniger das Problem, sondern die allgemeine Verunsicherung. Erst jetzt kommen wieder Signale, dass große Skigebiete, etwa die Vail Resorts in den USA, aufsperren werden.
Müssen Sie Mitarbeiter abbauen?
Nein. Wir haben Kurzarbeit in Anspruch genommen, seit 1. Juli sind aber wieder alle Schichten belegt.
Was bedeutet Corona für die Zukunft der Skibranche, welche Veränderungen wird die Krise mit sich bringen?
Diese brutale Partymeile wie beim Après-Ski wird es die kommenden zwei, drei Jahre nicht geben. Der Noise Level am Berg wird geringer werden. Und die Leute lieben ja den Wintersport, die Landschaft, den Schnee. Das hören wir auch von unserem chinesischen Eigentümer: Wenn die Leute von Peking aus ins Skigebiet fahren, dann ist das so exotisch und cool für die Menschen dort, selbst wenn es nur Kunstschnee ist.
Stichwort neuer Eigentümer: Den hat Atomic ja seit Anfang des Vorjahres. Wie läuft die Zusammenarbeit?
Die läuft gut. Wir waren ja davor börsennotiert und waren einiges gewohnt in Richtung Berichtswesen und Finanzkennzahlen. Wir haben vermutet, dass dieser Aufwand jetzt geringer wird. Aber die Chinesen sind da sehr genau. Wir haben jedes Monat einen Call und zwei strategische Meetings im Jahr.
Wie sieht denn der chinesische Markt unter dem Zeichen von Corona aus? Denkt jetzt gerade dort überhaupt jemand an das Skifahren?
Ich glaube, dass die Chinesen bereits weiter vorne sind. Die Indizes sind positiv. Skifahren ist dort cool, außerdem kommen die Olympischen Winterspiele 2022. Die Spiele nehmen die Chinesen sehr ernst. Wir müssen schauen, dass dieser Fokus auf den Skisport dort nachhaltig ist.
Wie ist der Wettbewerb in China für Atomic?
Wir sind die Premiummarke in China. Wir haben einen guten Stellenwert und sind die Nummer eins bei Skiern.
Sie betonen seit einigen Jahren, dass das Segment Helme und Brillen ein großer Zukunftsmarkt für Atomic ist. Geht die Strategie auf?
Ja. Dieser Bereich hat sich in den letzten vier Jahren verfünffacht. Wir haben auch eine eigene Entwicklungsabteilung hier in Altenmarkt dafür.
Im Jahr 2016 haben Sie beim Thema Recycling von Alpinski noch gesagt, das sei Zukunftsmusik. Hat sich da etwas getan?
Wir sind permanent dabei, Produktion und Produkte nachhaltiger zu gestalten. Der Plan ist, dass wir bis 2025 -neutral sind. Die Langlaufskier werden ja schon gehäckselt, geschreddert und dann von einer deutschen Firma verarbeitet, die das Material zum Isolieren verwendet. Hier haben wir schon sehr viel investiert.
Gibt es abgesehen von China eigentlich noch einen Hoffnungsmarkt für Atomic?
China ist wirklich am wichtigsten. Wenn in China weiter in dieser Geschwindigkeit Skigebiete gebaut werden, dann kann sich der Markt dort schnell verdoppeln und kann schon 2025 die Größe des deutschen Marktes haben. Dann wird’s spannend für uns.
Atomic-Chef
Wolfgang Mayrhofer ist seit 1986 mit dem Unternehmen verbunden
214 Millionen Euro
betrug der Umsatz von Atomic im Vorjahr. Das Unternehmen mit Hauptstandort im Salzburger Altenmarkt im Pongau beschäftigt 900 Mitarbeiter
Anfang 2019
hat der chinesische Sportartikelriese Anta Sports den finnischen Konzern Amer Sports übernommen, zu dem auch Atomic gehört
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