Erdogan stellt Strafantrag gegen Böhmermann

Jan Böhmermann (35) wird zunehmend zur Staatsaffäre.
Die Affäre spitzt sich für den Satiriker unangenehm zu. Dieter Hallervorden: "Erdogan, zeig mich an!"

Für den TV-Satiriker Jan Böhmermann spitzt sich die Affäre um sein "Schmähgedicht" gegen den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan immer weiter zu: Erdogan hat am Montagabend Strafantrag wegen Beleidigung gestellt. Ein entsprechendes Schreiben sei eingegangen, teilte die Staatsanwaltschaft Mainz mit. Der Strafantrag wird in dem bereits anhängigen Verfahren geprüft. Am Sonntag war bereits bekannt geworden, dass die türkische Botschaft in einer Verbalnote an das Auswärtige Amt ein Strafverfahren gegen Böhmermann gefordert hatte. Das Gedicht sei nicht nur eine Beleidigung von Präsident Recep Tayyip Erdogan, sondern von allen 78 Millionen Türken, meinte gar Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmus am Montag im südosttürkischen Sanliurfa.

Das deutsche Strafgesetz kennt den Tatbestand der Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes. Verfolgt wird dies allerdings nur auf Wunsch des betroffenen Staates, in dem Fall also der Türkei. Bis zu drei Jahre Haft können für dieses Vergehen verhängt werden.

Bundesregierung bestätigt Antrag

Angela Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, das türkische Verlangen nach Strafverfolgung hat die Bundesregierung nun zu prüfen – gibt sie dem Ansinnen nach, wird eine Strafermächtigung erteilt und ein Verfahren gegen Böhmermann könnte tatsächlich eröffnet werden. Ein Ergebnis werde in einigen Tagen vorliegen.

Wie es aussehen wird, wollte er am Montag nicht vorwegnehmen. Seine Erklärung wies aber in eine gewisse Richtung: Er relativierte Merkels Verurteilung der Gedichts („bewusst verletzend“) dahingehend, dass Böhmermann selbst ja von einer „bewussten Überschreitung von Grenzen“ gesprochen habe – nichts anderes habe die Kanzlerin ausdrücken wollen, so Seibert. Zudem machte ermehrmals klar, dass die im Grundgesetz verankerte Meinungsfreiheit „weder nach innen oder nach außen verhandelbar“ sei – „unabhängig davon, was die Kanzlerin persönlich geschmackvoll oder -los hält.“

Springer-Boss solidarisiert sich

Der Vorgang hatte in den vergangenen beiden Wochen eine Diskussion über Satire und ihre Grenzen ausgelöst. Verteidigt wurde Böhmermann am Sonntag unter anderem von Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner, der sich der Erdogan-Beschimpfung "voll und ganz" anschloss. "Ein Kunstwerk", urteilte der einflussreiche Medienmanager.

Böhmermann selbst blieb auf Tauchstation. Eine Einladung zur ARD-Talkshow "Anne Will" am Sonntag schlug er aus. Auch seine wöchentliche Radio-Satiresendung ließ er ausfallen.

Dieter Hallervorden: "Erdogan, zeig mich an!"

In der Debatte um Satirefreiheit greift der Kabarettist und KURIER-Romy-Preisträger Dieter Hallervorden (80) den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan in einem Lied (siehe weiter unten) an. In "Erdogan, zeig' mich an", das Hallervorden am späten Sonntagabend auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte, heißt es etwa: "Ich sing' einfach, was du bist. Ein Terrorist, der auf freien Geist scheißt."

Der Schauspieler kommentierte seinen Song mit den Worten: "Jetzt erst recht". Der Beitrag ist eine Reaktion auf die Versuche Erdogans, gegen deutsche Satirebeiträge vorzugehen. Hallervorden macht in seinem kurzen Schunkelsong darauf aufmerksam, dass Erdogan die satirischen Beiträge über ihn mit seiner Reaktion erst populär gemacht habe. "Erdogan, Erdogan, mach' auch meinen Song bekannt. Erdogan, Erdogan, sei nur einfach wutentbrannt."

Kommentare