Glühwürmchen umkreisen die Weltkugel
ORFeins hat seine Abendzone zwischen 19.45 und 21.15 Uhr neu aufgestellt. Der Grund: Nach dem Ende von "Two And A Half Men" - das im ORF immer noch den selten dämlichen Titel "Mein cooler Onkel Charlie" trägt - verlassen viele Zuschauer, vor allem junge, fluchtartig den Sender, wodurch der Hauptabend auf ORFeins auf niedrigem Quotenniveau starten muss.
Diese Abwanderungsbewegung soll jetzt mit einer neuen Infoleiste gestoppt werden. Diese beginnt mit dem "ZIB Magazin". Erster Eindruck bei der Premiere am Montag: Die Idee, einen Satiriker des Wortes (den Kabarettisten Thomas Maurer) und einen des Bildes (den KURIER-Karikaturisten Michael Pammesberger) die Wahlergebnisse kommentieren zu lassen, ist gut. Der Beitrag aber wirkt gehetzt und unruhig - eine Minute mehr wäre besser gewesen. Satire braucht Gelassenheit, und Gelassenheit braucht Ruhe.
Zweiter Beitrag: Reaktionen der Wähler, schön dynamisch geschnitten, die wackelig eingeblendeten, ironischen Textgrafiken erinnern wie viele andere ORF-Produktionen an "Die Sendung ohne Namen". Der Beitrag über die Olympia-Träume mancher Wiener Politiker zeigt sehr schön die real existierende Sport-Tristesse in der Bundeshauptstadt. Und der über den Bauern, der seinen Hof bei Fukushima nicht verlassen will, wirkt anlasslos und unbegründet.
"Weiß-blaue G'schichten"
Danach kündigt die sympathische Moderatorin Christiane Wassertheurer "unseren kernigen Wettermann, den Südtiroler Sigi Fink" an. Dessen Kernigkeit erschöpft sich in einer blauen Lederjacke, zum Glück, möchte man sagen. Die Wettergrafiken allerdings sind eine Beleidigung - sie wurden offenbar direkt in einem Kindergarten entwendet. Sehr, sehr mühsam ist auch die im Wetter-TV leider üblich gewordene Zwangsoriginalität: Weißer Schnee und blauer Himmel - das ergibt hier das Insert "Weiß-blaue G'schichten".
Die ZIB20 hat ein falsches Insert und eine falsche Ansage - kann passieren. Die Beiträge sind gut, die Idee, das Jahresgehalt des OMV-Chefs auf das Lebensgehalt eines Lehrers umzurechnen, ist nicht neu, aber trotzdem gut. Und Hanno Settele bleibt ein guter, weil sehr scharfer Kommentator.
Die neue Studiografik zeigt eine stilisierte, schimmernde Weltkugel aus Weltraum-Perspektive, angelehnt an das optische Design moderner James-Bond-Filme. Warum um diese Weltkugel jedoch Glühwürmchen kreisen, bleibt unklar - eine Metapher für den Informationsfluss?
Resümee: Ein anständiger Premierenabend. Die neue Sendeleiste hat Potenzial - vor allem dann, wenn sie billige Infotainment-Gags vermeidet und konkreten Info-Nutzen bietet.
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