AMS-Chef Kopf: Der Tourismus zahlt zu schlecht

AMS-Chef Kopf: Der Tourismus zahlt zu schlecht
Laut Johannes Kopf könnten die Beschäftigten sich aussuchen, wo sie arbeiten - das war lange nicht so.

Wo man hinsieht, gibt es Betriebe, die händeringend Personal suchen. Dieser Arbeitskräftemangel war heute bestimmendes Thema bei Im Journal zu Gast im Ö1-Mittagsjournal. Zu Gast war AMS-Vorstand Johannes Kopf.

Was er immer antworte, wenn er gefragt werde, wo denn die Beschäftigten hin sind, dann sei seine Antwort: "Sie arbeiten." Es gebe um 128.000 Beschäftigte mehr als vor der Pandemie.

Es geht nicht nur ums Geld

Warum sich trotzdem viele Betriebe - gerade in Hotellerie und Gastronomie - schwer tun, gutes Personal zu finden? "Die Leute können es sich aussuchen", sagt Kopf. Man sehe jetzt einen Arbeitnehmermarkt. Ob der Tourismus zu schlecht zahlt? "In der aktuellen Situation: ja", bestätigte Kopf. Es gehe aber nicht nur ums Geld, sondern oft auch um ganz andere Themen wie die Beschaffenheit der Unterkunft, die Frage nach der Verpflegung, und ob es sich um eine 5- oder 6-Tage-Woche handle. Das sehe man auch in den Beratungen der Unternehmen bei der Personalsuche, so Kopf - nach den Beratungen würden die Betriebe auch rückmelden, dass sie mehr Bewerbungen erhalten.

Lange genug hätten in den vergangenen Jahren Arbeitssuchende gehört, dass sie in die engere Wahl kommen, so der AMS-Vorstand - jetzt sei es eben umgekehrt. Der Markt habe gedreht. Ein einzelner Betrieb müsse "tanzen, um jemanden zu finden".

250.000 offene Stellen

Allein beim AMS gab es per Ende Juni 141.000 gemeldete offene Stellen. Insgesamt geht er von rund 250.000 offenen Stellen aus - immerhin wird ja nicht jede offene Stelle dem AMS auch gemeldet.

Angesprochen auf die Verschiebung der Reform des Arbeitslosengeldes erklärte Kopf, dies sei "bedauerlich". Die eigentlich für Juni angekündigte Reform wurde wegen Uneinigkeiten zwischen ÖVP und Grünen verschoben. Das degressive Modell stehe nicht wirklich zur Diskussion, so Kopf, die Frage sei nur, wie man das höhere Arbeitslosengeld zu Beginn finanziere.

Das degressive Modell sieht ja vor, dass zu Beginn der Arbeitslosigkeit ein höheres Arbeitslosengeld ausbezahlt wird, das dann stufenweise sinkt. Dabei solle man aber nicht unter das aktuelle Arbeitslosengeld in Höhe von 55 Prozent vom letzten Netto-Gehalt gehen, findet der AMS-Chef.

Kopf für Wartefrist

Sehr wohl könne er sich aber eine Wartefrist zu Beginn vorstellen, die 10 bis 14 Tage umfasst. "Das spart natürlich Geld." Man sehe in der Arbeitslosigkeit ein "Problem der überschießenden Saisonarbeitslosigkeit".

Dem AMS würden am 7. Jänner 20.000 bis 25.000 Personen arbeitslos gemeldet, die zu Semesterferienbeginn wenige Wochen später Ende Jänner wieder die Arbeit aufnehmen. Warum man diese Kosten der Allgemeinheit umhängen müsse, verstehe er nicht. Mit einer Wartefrist würden die betroffenen Saisonarbeitskräfte zu den Vorgesetzten gehen und ihnen sagen, dass sie durchgehend beschäftigt sein wollen, ansonsten würden sie den Arbeitgeber wechseln, meint Kopf. "Deswegen erscheint mir die Idee interessant und durchaus diskutierenswert".

Für Gasausfall gerüstet

Im Sinne der Teuerungsbekämpfung würde es helfen, etwa eine Indizierung der Notstandshilfe umzusetzen, so Kopf, gefragt nach Maßnahmen gegen die hohe Inflation. Indizierung meint eine automatische Anpassung an die Inflation. Eine solche halte Kopf, wenn die Teuerung hoch bleibt, für "vertretbar und sinnvoll".

Im Hinblick auf die Gaskrise erklärte der AMS-Vorstand, das AMS sei auch auf das äußerste Szenario, einen Totalausfall der Gasflüsse aus Russland, gerüstet. Durch die Pandemie gebe es viel AMS-Personal, dass sich mit der Abwicklung von Kurzarbeitsanträgen auskenne. Und bei einem Totalausfall der Gaslieferungen hätte Österreich mehrere hunderttausend Leute in Kurzarbeit. Außerdem würde auch die Arbeitslosigkeit sofort ansteigen.

Kommentare