Als Kreisky General Motors nach Wien-Aspern lockte

Als Kreisky General Motors nach Wien-Aspern lockte
Vor 41 Jahren eröffnete der US-Autobauer die Motoren- und Getriebefabrik in Wien-Aspern. Das einstige Vorzeigewerk hat die besten Jahre schon lange hinter sich und wird nun zugesperrt.

Die geplante Schließung des Opel-Werks in Wien-Aspern schlägt hohe Wellen. Mit dem Produktionsende, das in den nächsten Monaten erfolgen soll, wird ein Stück österreichischer Industriegeschichte zu Grabe getragen.

Ende der 1970er-Jahre hatte Bundeskanzler Bruno Kreisky die Vision, die langjährige Tradition des Automobilbaus in Österreich wiederzubeleben. Er hatte die Idee eines eigenen „Austro-Porsche“, die aber nie umgesetzt wurde. Indes schaffte es Kreisky mit hohen staatlichen Förderungen, dass sich der US-Konzern General Motors (GM), Mutter von Opel, in Wien ansiedelte. Am 23. August 1979 unterzeichneten Kreisky und GM Austria-Chef Helmuth Schimpf den Vertrag über die Errichtung eines Motorenwerks in Wien-Aspern. Die damalige Investition betrug 9,8 Milliarden Schilling, das sind heute umgerechnet 686 Millionen Euro.

Viel Prominenz

„Die ÖVP war dagegen, dass eine amerikanische Firma gefördert wurde. Kreisky hat sich aber nicht beirren lassen“, sagt Hermann Friedsam, von 1988 bis 2003 Direktor im General Motors-Werk in Wien. Am 15. Oktober 1982 wurde das Werk für Motoren und Getriebe dann mit viel Prominenz eröffnet.

„Kreisky sagte bei der Eröffnung, wenn es noch irgendwelche Probleme mit Behörden wegen Auflagen gibt, dann bitte er, sich direkt an ihn zu wenden“, erzählt Friedsam, der seit 1963 für General Motor arbeitete. Zu Beginn wurden in Wien an die 1.600 Jobs geschaffen. Zu Hochzeiten hatte das Werk laut Friedsam 3.524 Mitarbeiter.

„Wir waren ein Vorzeige- und Benchmark-Werk in der Automobilindustrie, weil wir eines der innovativsten Werke waren“, sagt der Ex-Manager. „Es wurden kontinuierliche Qualitätsverbesserungsprozesse unter Einbindung der Mitarbeiter eingeführt.“ Anfangs habe man sich von der japanischen Automobilindustrie Standards wie Just-in-time-Lieferungen abgeschaut.

Moderne Motorenproduktion

„Wir haben gesagt, die Japaner dürfen wir nicht kopieren, sondern wir müssen sie kapieren“, sagt der frühere Werksdirektor. Später seien die Japaner nach Wien-Aspern gepilgert und haben von GM die moderne Motorenproduktion abgekupfert.

„Wir waren sehr stolz auf unser Werk“, sagt Friedsam. Im Februar 1988 wurde dann auf dem GM-Gelände das Schwesterwerk der Rochester Products Austria eröffnet, dort wurden Einspritzdüsen für den US-Markt hergestellt.

In den 1990er-Jahren brummte das GM-Werk. 1994 begann die Produktion der spritsparenden Ecotec-Motoren, die Fabrik wurde in Opel-Werk umbenannt.

Zulieferbetrieb

Über die Jahre verging kein Produktionsrekord, der nicht mit viel Polit-Prominenz – vom Bürgermeister bis hin zum Kanzler – gefeiert wurde.

2005 fuhr zwar jedes zweite GM-Fahrzeug in Europa mit einem Motor aus Wien. Doch die besten Zeiten waren fast schon vorbei. Drei Jahre später beschäftigte das Werk nur noch 1.850 fixe Mitarbeiter. Aber der Wiener Standort überlebte sogar die General-Motors-Pleite im Jahr 2009.

Die nächsten zehn Jahre sank die Belegschaft auf 1.200 Personen. Es wurden immer weniger Motoren und Getriebe produziert. Allein 2012 betrug der Produktionsrückgang 20 Prozent. „Mit dem Verkauf von Opel im Jahr 2017 an die französische PSA-Gruppe Peugeot ging es kontinuierlich mit den Aufträgen und dem Werk bergab“, erinnert sich Friedsam. „Es wurden immer weniger Mitarbeiter beschäftigt. So wurde von einem Drei-Schicht- auf einen Zwei-Schichtbetrieb umgestellt.“

Mehrere Jahre stand die Motorenproduktion auf der Kippe. Sie wurde dann Anfang 2020 eingestellt. Damals wurden 270 der rund 800 Jobs abgebaut. Zuletzt war die Belegschaft (300 Mitarbeiter) mit der Produktion der Sechs-Gang-Getriebe angeblich nicht mehr auslastet.

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