Antibiotika: Sind Probiotika wirklich Pflicht?

Pillen, die wie Antibiotika aussehen auf einem Tisch, eine Frau hält sich im Hintergrund den Bauch
Viele Hersteller werben mit probiotischen Präparaten als Ergänzung zum Antibiotikum. Doch sind Probiotika wirklich immer Pflicht?

Bei bakteriellen Erkrankungen wie Bronchitis oder Angina verschreiben Hausärzte in der Regel ein Antibiotikum, das die Erreger im Körper wirksam abtötet. Da das Medikament nicht zwischen guten und schlechten Bakterien unterscheiden kann, werden auch andere Bereiche und Bakterienstämme im Körper in Mitleidenschaft gezogen.

Dazu zählen etwa:

  • Darmbakterien, die für die Verdauung wichtig sind, oder
  • Milchsäurebakterien, die den sauren pH-Wert in der Scheide aufrechterhalten.

➤ Mehr lesen über neuere Erkenntnisse zu Antibiotika: ab wann Probiotika sinnvoll sind

Auch die Darmschleimhaut leidet. Vor allem bei längerer Einnahme von Antibiotika klagen viele Patienten über Magen-Darm-Beschwerden, wie beispielsweise Durchfall und Blähungen sowie Scheidenpilzinfektionen.

Mehr Studien zur Wirkung von Probiotika notwendig

Sogenannte Probiotika sollen bei Durchfall Abhilfe schaffen beziehungsweise diesem vorbeugen. Gerade in der Grippezeit werben viele Hersteller daher mit ihren Produkten zur Vorbeugung und Nachbehandlung. Doch wie sinnvoll und notwendig sind diese wirklich?

Bernhard Ertl, Referent in der pharmazeutischen Abteilung der österreichischen Apothekerkammer, erklärt dazu: "Prinzipiell tut sich in diesem Bereich sehr viel und es gibt Studien, die eine gute Wirksamkeit solcher Präparate belegen", so der Experte.

Ertl verweist unter anderem auf eine wissenschaftliche Zusammenschau der unabhängigen Plattform medizin-transparent.at zum Thema Probiotika. Daraus geht hervor, dass die Einnahme einen leichten Vorteil bringt und möglicherweise Antibiotika-bedingten Durchfall verhindert. Jedoch wirken Probiotika nicht immer. Für eine gesicherte Empfehlung seien "größere, strenger nach wissenschaftlichen Kriterien durchgeführte Studien" notwendig.

Experte warnt vor Probiotika-Produkten mit stark unterschiedlicher Wirksamkeit

"Das Problem ist aber, dass es sehr viele unterschiedliche Produkte gibt", mahnt Ertl. Diese unterscheiden sich hinsichtlich:

  • der Überlebensfähigkeit der Keime
  • der Wirkung
  • der Qualität der verwendeten Stämme
  • der Anzahl der verwendeten Stämme (Dosis)

Von der Wirkung eines Produkts könne man also nicht zwingend auf die Wirkung anderer schließen. Auch dürfe man probiotische Arzneimittel nicht mit in der Drogerie erhältlichen Nahrungsergänzungsmitteln oder Lebensmitteln mit probiotischer Wirkung vergleichen.

Komplizierte Einnahmeempfehlungen bei Antibiotika und Probiotika

Auch bei den Behandlungsempfehlungen gibt es Unterschiede je nach Produkt. Im Regelfall sollte man Probiotika schon begleitend zum Antibiotikum einnehmen. Jedoch muss zwischen der Einnahme der beiden Präparate mindestens ein Zeitfenster von zwei Stunden liegen, um Wechselwirkungen auszuschließen.

➤ Mehr lesen: Antibiotika - 8 Mythen im Faktencheck

Zu bedenken gibt Ertl auch, dass im menschlichen Darm an die 100 Billionen Keime und 400 bis 500 Keimarten sitzen. In einer probiotischen Kapsel befinden sich in der Regel zwischen Millionen und Milliarden Keimen. "Eine Kapsel ist also quasi nur ein Tropfen auf dem heißen Stein."

Was bei einer angeschlagenen Darmflora nach Antibiotika hilft

Was bei einer angeschlagenen Darmflora wirklich hilft? Eine möglichst schonende Ernährung.

Auf Kaffee und scharfe, fettige, rohe oder sehr heiße Speisen gilt es zu verzichten. Auch Alkohol ist tabu. Eine vitamin- und ballaststoffreiche Ernährung ist hingegen ratsam.

Bei Durchfall können diese wichtigen Vitalstoffe häufig nicht ausreichend durch die geschädigte Darmschleimhaut aufgenommen werden, daher ist es besonders wichtig, genügend davon zu essen. Geriebene Äpfel (mit Schale), gekochte Karotten, gekochte Kartoffeln, Reis, Zwieback oder zerdrückte Bananen sind gut bekömmlich.

➤ Mehr lesen: Warum man Antibiotika nie mit Milch einnehmen sollte

Das Wichtigste bei der Ernährung bei Durchfall ist jedoch die Zufuhr von ausreichend Flüssigkeit. Dabei sind Getränke mit einem hohen Gehalt an Kalium, Salz und Zucker empfehlenswert, da der Körper nur so die aufgenommene Flüssigkeit binden und speichern kann.

Kommentare